fourty four

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Harry

„Da war Louis... und dann... es ging alles so schnell.", hallen Dawsons Worte noch immer durch meinen Kopf, als ich seinem Blick folge. Entgeistert starre ich zur Rezeption. Ein leichter Anflug von Panik kriecht mir in die Glieder. Ich kann Dawson nicht länger stützen, als meine Beine unter mir nachzugeben drohen, während es hinter meinen Augen verdächtig zu brennen beginnt. Mein Herz schlägt wild in meiner Brust, als ich begreife, worauf Dawson hindeuten will.

Gemma und Violet stehen etwas abseits und versuchen vergebens das Kind meines Freundes zu beruhigen.

Freddie strampelt, weint und schreit nach seinem Daddy.

Doch warum ist Freddie überhaupt hier?

Und wo verdammt nochmal ist Louis?

Ist es womöglich sein Blut, das an Dawsons Händen klebt?

Allein der Gedanke lässt das Blut in meinen Adern gefrieren. Wut mischt sich unter die Panik, lässt all meine Gefühle, Gedanken, Emotionen durcheinander geraden.

„Was... hast du... getan?", bringe ich zähneknirschend über die Lippen, als ich halt an einem der Pfeiler suche.

„Es tut mir leid.", schluchzt Dawson unter Tränen, während Niall ihn weiterhin stützt.

Ein zweiter Page eilt ihm zu Hilfe. Gemeinsam schleifen sie ihn aus dem Foyer, und damit aus meinem Sichtfeld, ehe ich mich doch noch zu etwas Unüberlegtem hinreißen lasse.

Mit zittrigen Knien taumele ich zur Rezeption. Lasse mich von Gemma zu einem Stuhl führen und unterziehe mich ihrem fragenden Blick, schaffe es im Moment aber nicht, ihr Rede und Antwort zu stehen. 

„Komm her, Spatz.", nehme ich Violet den Jungen ab und drücke ihn fest an meine Brust. Seine Jacke riecht nach Louis. Erneut steigen mir Tränen in die Augen, doch diesmal mache ich mir nicht die Mühe, sie zurückzuhalten. Freddie wird etwas ruhiger, sein schluchzen wird weniger.

„Alles wird wieder gut, Spatz.", verspreche ich ihm, glaube aber selbst nicht an meine Worte. Nicht, nachdem ich das ganze Blut an Dawsons Händen gesehen habe.

„Kannst du Lottie anrufen?", wende ich mich hilfesuchend an Gemma, nachdem ich mich wieder etwas gefangen habe. „Sag... sag ihr sie soll herkommen. Sie weiß am ehesten, was zu tun ist."

„Was ist denn hier los, Harry?", sieht sie verunsichert auf mich herab. „Du siehst aus, als würdest du jeden Moment umkippen und Dawson heult wie ein Baby. Ich glaube nicht, dass Lottie da eine große Hilfe ist. Wir sollten warten, bis die Polizei eintrifft, damit der Kleine zu seiner Familie kommt."

„Lottie ist seine Familie. Und im Moment die Einzige, die sich um ihn kümmern kann.", nuschle ich in Freddies Jacke, um Louis' Geruch noch einmal zu inhalieren.

„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.", lässt sich Gemma neben mir nieder, wirft Violet einen fragenden Blick zu, doch diese hebt nur abwehrend die Hände.

„Freddie ist...Louis' Sohn", erkläre ich den beiden zögernd, als ihre Unterkiefer synchron nach unten klappen. „Lottie muss sich um ihn kümmern, bis ich weiß, was mit Louis ist. Ich kann ihn nicht erreichen und..." Ich unterbreche mich selbst, möchte mir gar nicht vorstellen, was Dawson ihm alles angetan haben könnte.

Violet nimmt mir Freddie wieder ab, als zwei Polizisten das Foyer betreten. Ich führe die beiden Herren zum Personalraum, wo Dawson wie ein Häufchen Elend auf der Bank sitzt und schluchzt.

„Bitte verzeih mir, Harry.", beginnt er sofort wieder zu winseln, als er mich sieht, doch ich weiche seinem Blick aus, stelle mich stattdessen zu Niall, der mir tröstend die Schulter drückt.

Gefasster als noch vor ein paar Minuten, und in jeder Einzelheit beschreibt Dawson den Beamten wie er Louis aufgelauert hat. Wie die Beiden, wegen seiner Eifersucht, in Streit geraten sind.

„Wir gehören doch zusammen.", sieht er mich aus geschwollenen Augen an. „Er wollte einfach nicht hören, Harry. Dabei habe ich doch alles versucht." Mit jedem seiner Worte werde ich wütender. Balle meine Hände zu Fäusten nur um nicht ganz die Beherrschung zu verlieren. Er hat alles geplant, hat Louis und mir nachgestellt, nur um im richtigen Moment zuschlagen zu können.

All diese Informationen lassen mich schwindelig werden. Ich muss mich setzen, da ich meinem Körper nicht mehr traue, dabei kommt mir die Galle hoch.

„Was ist dann passiert?", fragt Niall tonlos, der sich ebenfalls setzt. Das Entsetzen steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. 

„Er wollte weggehen, mich einfach stehen lassen, da habe ich ihn geschupst. Er hat sich gewehrt, mir gesagt, dass du dich nie für mich interessiert hast... Da habe ich nur noch rotgesehen und ihn fester gestoßen, und dann... da war plötzlich dieses Auto...", Dawson bricht ab, sieht mich reumütig an. „Ich wollte das nicht, Harry. Das musst du mir glauben!", bricht er erneut in Tränen aus.

Eine unerträgliche Schwere drückt auf meinen Brustkorb, nimmt mir die Luft zum Atmen. Ich möchte hier raus, doch die Angst, was er gleich sagen könnte, lähmt jede meiner Bewegungen. Ich starre ihn an, kann nicht glauben, dass das hier wirklich passiert.

„Und dann?", meldet sich einer der Beamten zu Wort.

Dawson starrt wie paralysiert auf seine blutverschmierten Hände. Ich folge seinem Blick und bete, dass mir meine Fantasie nur einen bösen Streich spielen will. Sekunden fühlen sich an wie Minuten, bis er zu einer Antwort ansetzt.

„Überall Blut.", sagt er dumpf. „Auf der Straße, auf dem Auto, auf Louis' Gesicht... Ich... ich habe nach seinem Puls getastet, aber da... da war nichts mehr... Ich habe ihn umgebracht, dabei wollte ich ihn doch nur zur Vernunft bringen."

Nein! Nein! Nein!

...schreien meine Gedanken immer lauter. Ein eisiger Schauer kriecht mir über den Rücken. Ich presse eine Hand auf dem Mund, unterdrücke den Schmerz, der mich innerlich zerreißt.

Niall neben mir springt auf, geht wutentbrannt auf Dawson los, wird aber in letzter Sekunde von den Polizisten gestoppt. Seine zornigen Worte hallen durch den Raum, dringen jedoch nicht zu mir durch. Jedes Wort, jede Bewegung fühlt sich so falsch, so unecht an. Ich fühle mich, wie ein Zuschauer in einem miserablen Theaterstück.

Mein Kopf will nicht begreifen, was meine Ohren gerade gehört haben. 

Keine Sekunde länger halte ich es in seiner Nähe aus. Wie in Trance laufe ich aus dem Raum, laufe gedankenverloren durch die Gänge des Hotels, bis ich endlich mein Büro erreiche. Mit zittrigen Fingern verschließe ich die Tür, ehe ich kraftlos zu Boden sinke. Hier bin ich ungestört und kann meiner Trauer freien Lauf lassen. Laut schluchzend rolle ich mich zusammen, meine Beine fest an mich gezogen. Heiße Tränen rennen ungehemmt meine Wangen hinab. Vom Schmerz gelähmt ringe ich um jeden Atemzug. Ich schließe meine Augen und all die Bilder der letzten Wochen ziehen an meinem geistigen Auge vorbei. Ich versuche mir einzuprägen, wie er schmeckt, wie er riecht, wie seine Stimme klingt, wenn er lacht... gelacht hat, während mein Herz bricht. Mit jedem Gedanken an Louis bricht es weiter, bis nur noch einzelne Splitter am Boden meiner Seele übrigbleiben.

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