thirty two

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Louis

„Warte!", unterbreche ich Harry abrupt, der immer intensiver auf Tuchfühlung gehen will. Viel zu schnell klettere ich von ihm runter und bringe wieder etwas Abstand zwischen uns. Ich möchte gar nicht wissen, was er gerade von mir denkt. Erst mache ich ihn an und dann ziehe ich den Schwanz ein. Doch ich kann einfach nicht aus meiner Haut, und Dawsons Worte laufen in Dauerschleife in meinem Kopf. Ich möchte seinen Worten keinen Glauben schenken, aber wer sagt mir, dass Harry nicht doch nur Spielchen spielt. Je länger ich darüber nachdenke, umso wirrer werden meine Gedanken. Mein Gefühl sagt mir zwar „Vertraue ihm", doch mein Kopf warnt mich zur Vorsicht.

„Ich muss mal kurz nach den Jungs sehen.", flüchte ich schon fast aus dem Wohnzimmer.

Wie zu erwarten, schlafen die beiden friedlich in ihren Bettchen.

Leider.

„Könnt ihr nicht ganz kurz wach werden? Bitte... nur für ein paar Minuten, um den Abend nicht ganz im Desaster enden zu lassen?", flüstere ich den Beiden zu, ohne sie wirklich aufwecken zu wollen. „Ich könnte einen Rat gerade echt gut gebrauchen. Denkt ihr, ich habe überreagiert? Schließlich ist ja noch gar nichts passiert und ich laufe davon, wie ein feiger Teenager beim ersten Date. Ich könnte mich selbst ohrfeigen. Aber die Angst verletzt zu werden lässt mich einfach nicht los. Ich habe so oft miterlebt, wie Mom von den Männern verarscht wurde und sich tagelang nicht um uns kümmern konnte, oder Liam, wenn er sich mal wieder von Cheryl getrennt hat und wochenlang kaum ansprechbar ist. Ich muss mich um euch kümmern und habe keine Zeit tagelang ins Kissen zu heulen, nur weil Dawson Recht haben könnte." Frustriert raufe ich mir die Haare. „Arrggh, ich habe keine Ahnung, was ich machen soll, aber danke fürs zuhören, Jungs. Schlaft gut. Hab euch lieb."

Ich decke beide noch einmal richtig zu, ehe ich zurück ins Wohnzimmer gehe.

Erleichtert stelle ich fest, dass Harry noch nicht die Flucht ergriffen hat. Er sitzt lässig auf der Couch, ein Bein über das andere geschlagen, doch sein Gesichtsausdruck ist anders als ich erwartet hätte. Er schmunzelt und sieht kein bisschen angepisst aus. „Was ist?", frage ich, ratlos wie ich jetzt mit ihm umgehen soll. „Du bist süß, wenn du so unsicher bist.", zieht mich dieser freche Kerl auf. „Ich bin nicht unsicher!", protestiere ich sofort, doch Harrys Lächeln wird nur noch breiter. „Wie du meinst, Boss. Aber was auch immer Dawson zu dir gesagt haben mag, ich habe nicht vor dich zu verletzen. Ich bin für klare Verhältnisse und wenn ich mit jemandem nur ins Bett will, stelle ich das von Anfang an klar." Perplex starre ich ihn an. „Woher...?" Doch als sein Finger auf das Babyfon zeigt, möchte ich vor Scham im Boden versinken. Hitze steigt mir ins Gesicht. Meine Wangen glühen und sind wahrscheinlich röter als es eine Tomate je sein könnte.

Er hat jedes einzelne Wort gehört, trifft es mich wie ein Schlag.

Ich verberge mein Gesicht hinter meinen Handflächen, doch Harry zieht diese sanft zurück und haucht mir einen zärtlichen Kuss auf den Handrücken.

„Noch hast du die Chance zu gehen.", schlage ich, noch immer peinlich berührt, vor. „Ich bin nicht wie all die anderen, mit denen du sonst..."

„Ich möchte gar nicht, dass du wie all die anderen bist.", fällt er mir ins Wort und verflechtet unsere Finger miteinander. „Wenn ich jemanden zum Ficken suche, gehe ich auf eine unserer Partys. Aber ich suche keinen fürs Bett. Ich möchte Zeit mit dir verbringen, weil ich mich bei dir wohl fühle. So wohl, wie bei keiner zweiten Person. Allein dein Lächeln lässt mein Herz höherschlagen." Harry hält einen Moment inne, schüttelt lächelnd den Kopf. „Gott, das klingt sowas von kitschig. Doch ich meine es ernst. Ich kenne solche Gefühle nicht, und sie machen mir auch Angst. Doch es ist eine Angst, der ich mich stellen möchte, weil ich denke, dass es mich glücklich machen könnte. Erst seit ich dich kenne, verstehe ich überhaupt, wovon unsere Songs handeln. Ich kann endlich spüren, worüber ich singe. Ich war noch nie verliebt, doch bei dir werde ich zum ersten Mal richtig nervös."

„Ich mache dich nervös?", hake ich ungläubig nach, dabei ist er es doch, der bei mir alles durcheinanderbringt. Der mich kaum einen klaren Gedanken fassen lässt und meine Welt auf den Kopf stellt.

„Du machst mich nicht nur nervös", raunt er sinnlich. „du betäubst meine Gedanken, verursachst Herzrasen und erweckst tausende von Schmetterlingen in meinem Bauch zum Leben. Für deine Lippen brauchst du einen Waffenschein und deinen Arsch erwähnen wir besser gar nicht erst. Der hat mich so oft von der Arbeit abgehalten, dass du mich zwangsläufig für unfähig halten musstest."

Scherzhaft schlage ich Harry gegen den Arm.

„Hättest du das mit der Arbeit nicht erwähnt, wäre ich fast drauf reingefallen." Wir sehen uns an und beginnen zu lachen. Mit jeder Minute werde ich gelöster. Die Anspannung fällt von mir ab, als sich ein wohlig warmes Gefühl in meiner Brust breit macht.

Wir machen es uns auf der Couch gemütlich, ich ziehe die Kuscheldecke über uns und schmiege mich an Harrys Seite. Mein Arm liegt auf seinem Bauch, seiner um meine Schulter, während seine Finger sanft über meine Haut streicheln. Ich könnte mich in diesem Moment verlieren, doch Harry, so gar keinen Sinn für Romantik, lässt die Blase, in der ich mich so geborgen fühle, mit einem Satz zerplatzen.

„Was hat dir Dawson eigentlich noch so über mich erzählt?"

„Warum fragst du? Hast du Angst er könnte kleine dreckige Geheimnisse von dir ausgeplaudert haben?", necke ich ihn mit wackelnder Augenbraue.

„Das nicht. Ich würde dir jedes Geheimnis von mir erzählen, aber bei Dawson habe ich ein komisches Gefühl."

„Als du mit ihm in der Kiste warst, hattest du das offensichtlich noch nicht." NEIN, NEIN, NEIN. FUCK! Das wollte ich nicht sagen.

Harry richtet sich auf und beobachtet mich mit hochgezogener Augenbraue. Verlegen räuspere ich mich. „Entschuldige", werde ich kleinlaut. „Es steht mir nicht zu, über deine Bettgeschichten zu urteilen. Wir sind nur Freunde und du kannst ins Bett steig..." Bevor ich den Satz zu Ende sprechen kann, spüre ich Harrys Lippen auf meinen. Verlangend dringt seine Zunge in meinen Mund, umspielt meine Zunge, während er sanft mein Gesicht in seinen Händen hält. Ein leises Seufzen dringt aus seiner Kehle, doch kaum das ich mich auf den Kuss einlassen kann, beendet er ihn wieder. Sein Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt, sagt er mit rauer Stimme: „Hast du mir vorhin nicht zugehört? Ich möchte mit dir nicht nur befreundet sein. Ein Freund bringt das Herz des anderen nicht zum Durchdrehen. Ein Freund geistert nicht Tag und Nacht in den Gedanken des Anderen herum. Ein Freund löst nicht die Gefühle aus, die du in mir auslöst. Lou, du bist viel mehr als nur ein Freund. Seit wir uns kennen, hatte ich keine, wie du es nennst, Bettgeschichten mehr, einfach, weil du mir nicht aus dem Kopf gehen willst. Und das mit Dawson war ein Fehler. Ich war betrunken und musste Frust abbauen."

„Magere Ausrede.", antworte ich tonlos, überfordert mit all den Gefühlen, die sich um uns drehen.

„Ich weiß. Es soll auch keine Entschuldigung sein. Versprich mir bitte, dass du bei ihm vorsichtig bist."

Erst nachdem ich zustimmend genickt habe, spricht Harry weiter: „Ich habe mich über die Jahre zu einem selbstgerechten Arschloch entwickelt. Du hast das früh erkannt, doch ich brauchte ein bisschen länger dafür."

„Offensichtlich."

„Streu ruhig weiter Salz in die Wunde.", witzelt Harry lächelnd. „Aber ich sage es noch einmal. Ich möchte so nicht weiter machen, und ich möchte mit dir nicht nur befreundet sein. Wir könnten es langsam angehen. Du gibst das Tempo vor und ich beweise dir, dass in mir mehr steckt als ein beschissener Fuckboy. Was sagst du dazu?"

Das Gedankenkarussell in meinem Kopf überschlägt sich förmlich. Es dreht sich so schnell, dass ich kaum einen Gedanken zu fassen bekomme. Harry ist heute Abend zu mir gekommen, um von seinem Gespräch mit seinem Vater zu erzählen. Wie sind wir bitte bei „willst du mit mir gehen? Ja, nein, vielleicht" gelandet?

„Lou?", sieht er mich unsicher an. „Was sagst du dazu?"

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