twenty eight

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Louis

Wir lagen noch lange auf meinem Bett, haben uns das Tape angehört und geredet. Hauptsächlich hat Harry geredet, wenn er nicht gerade meine Lippen in Beschlag genommen hat. Es ist für mich immer noch ungewohnt und befremdlich, zumal Harry nun mal ein Mann ist und ich es mir bis vor ein paar Tagen nicht in meinen kühnsten Träumen vorstellen konnte etwas mit dem gleichen Geschlecht anzufangen, aber gegen meine Gefühle bin ich machtlos.

Irgendwann, mitten in der Nacht, hat Harry sich schließlich verabschiedet.

Auch wenn ich es anfangs nicht wahrhaben wollte und mich dagegen gewehrt habe, so muss ich mir eingestehen, dass ich seine Nähe, seine Küsse und seinen Geschmack auf meiner Zunge irgendwie mag. Harry gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit, an das ich mich glatt gewöhnen könnte. Kaum zu glauben, dass in Mister Großkotz so ein einfühlsamer, gefühlvoller Mann steckt, der mit nur einer einzigen Berührung meine Gefühle ins Chaos stürzen kann. Doch obwohl ich mich gerade auf einem emotionalen Hoch befinde, warnt mich die innere Stimme der Vernunft zur Vorsicht. Es geht hier nicht nur um Harry und mich. Ich habe Verantwortung für meinen Sohn und sollte Freddies Glück stets über mein eigenes stellen. Solange ich nicht weiß, ob ich Harry wirklich vertrauen kann, sollten wir es langsam angehen. Obwohl ich mich weigere zu glauben, dass Harry wirklich dieses egoistische Arschloch ist, dass er in den ersten Tagen vorgegeben hat zu sein.

Bevor ich mich weiter mit dem Gedanken quäle, welche Version von Harry Styles die echte ist, schwinge ich mich aus dem Bett und springe kurz unter die Dusche. In einer Stunde werde ich Harry wiedersehen und allein der Gedanke an ihn löst ein vorfreudiges Kribbeln in meiner Magengegend aus.

Es ist noch stockduster, als ich das Haus verlasse. Die kalte Herbstluft schlägt mir entgegen, sodass ich mir die Mütze tiefer ins Gesicht ziehen muss und den Schal noch etwas fester binde. Ein feiner Nieselregen wird von kräftigen Windböen getrieben und augenblicklich sehne ich mich nach meinem warmen Bett zurück. Doch es hilft nichts, die Arbeit ruft und die Bahn wartet auch nicht auf mich. Mit schnellen Schritten laufe ich die paar Stufen hinunter und habe ein kurzes Déjà-vu. Harry steht grinsend auf den Gehweg und hält mir einen Thermobecher entgegen. „Guten Morgen Sweetheart. Ich habe da so eine Morgenroutine entwickelt, die beinhaltet dich abzuholen und dir den besten Kaffee der Stadt mitzubringen." Schmunzelnd schüttele ich mit dem Kopf. „Du solltest diese Routine gleich wieder ablegen, sonst gewöhne ich mich noch daran."

„Wäre das so schlimm?"

„Für mich nicht.", grinse ich und nehme ihm den Becher ab, um mir einen Koffeinkick zu gönnen. Ich kann mir ein genüssliches Seufzen nicht verkneifen. Harry hat nicht zu viel versprochen. Der Kaffee ist köstlich, kein Vergleich zum Filterkaffee aus Liams alter Kaffeemaschine.

Wir fahren heute wieder mit dem Maserati und wie ich feststellen muss, hat auch dieser Wagen eine verdammte Sitzheizung und Rückenmassage. Aus dem Radio drängen sich vertraute Töne an mein Ohr und schmunzelnd beobachte ich, wie Harry leise zu seinen eigenen Songs mitsingt. Er wirkt so glücklich und gelöst, als würde die Musik all seine Sorgen in Luft auflösen. Ein Anblick, der mich mit Wärme erfüllt.

„Ich hoffe du behältst deine Morgenroutine bei, wenn ihr groß rauskommt. Der Kaffee macht süchtig und ich glaube nicht, dass ich darauf je wieder verzichten kann."

„Wenn du mir dafür immer so ein bezauberndes Lächeln schenkst, sollte sich das einrichten lassen." Ein warmes Lächeln bildet sich auf Harrys Lippen, ehe er den Wagen durch den dichten Berufsverkehr lenkt.

Im Golden Crown angekommen, will ich gerade aussteigen, als Harry mich zurückhält. Er sieht mich nicht direkt an, die Unsicherheit ist ihm deutlich anzumerken. „Louis... ich ähm... Danke. Danke, dass du mir gestern zugehört hast." Perplex sehe ich ihn an, da ich mir nicht ganz sicher bin, wovon er redet. Er hat mir gestern so viele Dinge über sich verraten. Hat mir von seinen Träumen und Ängsten erzählt, während ich ihm nur sporadisch Informationen über mich gegeben habe.

„Heute wird unsere letzte Schicht zusammen sein.", gesteht er schließlich und ich kann den Schock darüber nicht wirklich gut verbergen. „Ich wollte schon immer nur Musik machen. Das ist das, was mich glücklich macht. Unser Gespräch hat mir die Augen geöffnet und ich denke, es ist an der Zeit sich meinen Vater entgegenzusetzen."

Mir schießen tausend Gedanken durch den Kopf, doch ich kann nicht einen davon in Worte fassen. Das war's jetzt? Er verschwindet genauso schnell, wie er gekommen ist.

„Jetzt guck nicht so erschrocken.", ergreift Harry erneut das Wort und legt seine Hand sanft an meine Wange. Ich lehne mich dieser Berührung entgegen und schließe einen kurzen Moment die Augen.

„Nur weil ich aus dem Hotel verschwinde, muss ich nicht auch aus deinem Leben verschwinden. Ich würde dich gern weiter treffen, das heißt..., wenn du das auch möchtest." Sofort nicke ich, darüber muss ich nicht groß nachdenken, doch Worte bringt mein Kopf weiterhin nicht zustande.

„Gut" lächelt Harry mich liebevoll an und haucht mir einen sanften Kuss auf die Wange. „Eine andere Antwort hätte ich auch nicht zugelassen."

Gemeinsam verlassen wir den Wagen und steigen in den Fahrstuhl. Auf dem Weg nach oben erzählt er mir von seinem Telefonat mit Niall. Er muss wohl eine Rundmail an alle Kollegen geschickt haben in der er sich für seine unüberlegten Äußerungen entschuldigt hat. Er hat zugegeben, dass es seinerseits nur Vermutungen waren, an denen nichts dran sei.

„Armer Niall. Das muss ihn ganz schön Überwindung gekostet haben."

„Vermutlich, aber ich finde, eine kleine Abreibung hat er trotzdem verdient."

„Was hast du jetzt schon wieder vor?", möchte ich von Harry wissen, der, so wie er guckt, bereits einen Plan hat.

„Ich würde ihm gern zeigen, dass seine Vermutungen doch nicht so abwegig waren."

„Ich weiß nicht.", zögere ich. Ich habe mir selbst gerade erst eingestanden, dass ich mehr für Harry empfinde, als normal und wahrscheinlich gut für mich ist, und dann soll ich es gleich öffentlich machen.

„Du musst nicht, wenn du nicht willst.", rudert Harry sofort zurück, als er mein Hadern bemerkt. Und nein, ich möchte tatsächlich nicht. Nicht einmal Liam, als mein bester Freund weiß Bescheid. Ich habe keine Lust Gesprächsthema Nummer eins unter den Kollegen zu sein.

„Ganz ehrlich?", sehe ich ihm in seine wunderschönen smaragdgrünen Augen. „Ich möchte es nicht an die große Glocke hängen. Das geht mir alles zu schnell. Ich bin mir ja selbst nicht sicher, was das zwischen uns überhaupt ist. Vor ein paar Tagen noch hätte ich dich am liebsten auf den Mond geschossen und jetzt... jetzt läuft mein Herz Marathon, sobald ich dich sehe. Ich glaube, ich brauche noch ein bisschen Zeit, um das alles zu begreifen."

Ein süffisantes Grinsen umspielt Harrys Lippen. „Also bin ich jetzt dein kleines dreckiges Geheimnis?"

„Halt die Klappe, Styles.", packe ich ihn am Kragen seiner Jacke und ziehe ihn an mich, um mir endlich einen langersehnten Kuss zu stehlen, ehe sich die Fahrstuhltüren öffnen.

Sobald wir den Fahrstuhl verlassen haben, gehen wir auf Abstand. Harry muss an seinem Verhalten nicht viel ändern, schließlich hat er nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er auf mich steht, doch ich versuche eine gewisse Distanz zwischen uns zu wahren. Ich zeige ihm die kalte Schulter, auch wenn es mir zunehmend schwerer fällt. Jeder Blick von ihm, jede noch so kleine, zufällige Berührung setzt mich unter Strom. Ich kann kaum den Feierabend erwarten, wenn sich unsere Lippen endlich wieder berühren können. Doch die Zeit scheint heute still zu stehen. Es ist erst eine Stunde vergangen, seit wir unseren Dienst begonnen haben und wenn er sich weiter so lasziv über die Lippen leckt, drehe ich bald durch.

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