Oikawas Sicht:
Der Wind strich über meine Haare, als ich an der kleinen Bushaltestelle Platz nahm. Dabei fegte er viele braune Blätter über die Straße, welche von Weitem so aussahen, als würden sie mit ihm tanzen.
Endlich war es kühler geworden, endlich spürte man den Herbst, immerhin war es schon fast Ende Oktober. Durch den sehr heißen Sommer, waren die warmen Temperaturen bis jetzt fast jeden Tag zu spüren gewesen. Doch die heutige Kühle ließen meine Hoffnungen auf die herbstliche Stimmung zumindest etwas steigen.
Mein Blick fiel auf einen großen Laubbaum, der gegenüber von mir auf der anderen Straßenseite stand. Sanft hebten und senkten sich seine Äste und bei stärkeren Windstößen wurden einige Blätter aus ihnen herraus gerissen, welche dann für ein paar Sekunden durch die Luft getragen wurden, ehe sie am Boden zum Stillstand kamen. Einige Zeit blieben sie liegen, bis der Wind sie wieder in die Höhe steigen ließ.
Lächelnd betrachtete ich die ganze Szene, völlig vergessend, dass ich nicht alleine auf der Bushaltestelle war. Meine Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem schönen Schauspiel vor mir.
Ein braunes Blatt erschien in meinem Blickfeld. Sanft tänzelte es durch die Luft, senkte sich mal mehr mal weniger, drehte sich um sich selbst, ehe es sich langsam am Boden absetzte. Von einem leichten Luftstoß wurde es über die Straße nach rechts getragen, bis ich es schließlich nicht mehr sehen konnte.
Ich liebte es so kleine Details in meinem Umfeld zu finden. Für andere mag es unbedeutend sein, doch für mich war es das Gegenteil davon.
Deine Liebe für solche Kleinigkeiten ist sicher auch noch nicht verschwunden, oder?
Ich wünschte du wärst hier.Mit einem Mal wurde mein erfreutes Lächeln zu einem traurigen. Es war inzwischen fast zwei Jahre her, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten und trotzdem kreisten meine Gedanken fast pausenlos um ihn.
Er hatte mich hier zurückgelassen. War gegangen, obwohl er mir alles bedeutete. Den Grund für sein Verschwinden wusste ich bis heute nicht. Er hatte nur zu mir gesagt, dass er weg musste. Dass er gehen musste. Diese Worte hatte er gemurmelt, bevor er sich umgedreht und gegangen war. Seitdem haben wir weder geschrieben geschweige denn geredet.
Naja fast. Vor zwei Wochen kam ein Brief von ihm bei mir an. Gelesen habe ich ihn nicht. Er lag gut verstaut in der Schublade meines Nachttisches. Ich habe mich nicht getraut ihn zu öffnen. Zu groß war die Angst vor dem, was darin stand.
Lag vielleicht daran, dass ich ihm kurz bevor er gegangen war meine Gefühle für ihn gestanden habe. Dass ich für ihn mehr fühlte als Freundschaft. An diesen Gefühlen hatte sich bis heute nichts geändert. Deswegen wollte ich den Brief nicht anrühren. Ich hatte Angst, dass ich ihn endgültig verloren hatte. Die gesamte Zeit redete ich mir ein, dass er mich nicht verletzen wollte und deshalb gegangen war. Dass er mich lieber verließ anstatt mich mit meinen unerwiderten Gefühlen in seiner Nähe unnötig leiden zu lassen. Obwohl ich ihm gerne sagen würde, dass mich sein Verlust nur mehr verletzte als meine Gefühle. Doch ich redete mir ein, dass es so kommen musste. Und es war okay für mich. Solange er auch damit leben konnte.
Diese ganze Illusion hätte durch diesen Brief zerstört werden können, weshalb ich ihn nicht öffnete.
...
Doch...
Doch im Endeffekt war es nicht der Brief, der in diesem Moment meine über zwei Jahre aufgebaute Blase aus Ausreden und Erklärungen für sein Gehen platzen ließ. Nein.
Er war es selbst.
Denn sobald ich meinen Blick von der Stelle, wo eben noch das Blatt über die Straße gefegt wurde, wieder nach vorne wandern ließ, zog etwas meine Aufmerksamkeit auf sich. Eine Person.
Nicht irgendeine.
Iwaizumi.
...
Er sah mindestens genauso geschockt aus wie ich. Mit aufgerissenen Augen starrten wir uns an. Das Atmen hatte ich in dieser Zeit vergessen.
Mein Blick wanderte an ihm rauf und runter. Verändert hatte er sich in dieser gesamten Zeit nicht. Seine olivgrünen Augen strahlten genauso wie früher und auch seine immer leicht aggressive Aura konnte ich bis hierher spüren. Jedoch fiel mir auf, dass er dunkle Ringe unter seinen Augen hatte, wie früher als er nach einer Niederlage nicht gut schlafen konnte. Dies war immer ein Zeichen, dass ihn etwas beschäftigte.
Iwa war der erste, der sich wieder bewegen konnte. Mit schnellen Schritten, nicht wirklich auf die Straße achtend, lief er auf mich zu. Ehe ich mich versah hatte er mich auf die Beine gezogen und fest in seine Arme geschlossen. Ich war immer noch so geschockt, dass ich gar nicht wirklich mitbekam, dass er sich von mir löste, nur um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen.
Einige Zeit lang sahen wir uns nur in die Augen, bis ich schließlich aus meiner Starre kam und meine Arme um ihn legte, meinen Kopf seitlich auf seine Brust und hemmungslos zu weinen begann.
Der ältere strich mir beruhigend über den Rücken. "Wollen wir ein Stück gehen? Du hast sicher Fragen", flüsterte er mir schließlich zu. Da ich immer noch schluchzen musste, nickte ich einfach nur. Ich hatte inzwischen auch bemerkt, dass wir von allen anwesenden Personen angestarrt wurden, was mir ein wenig unangenehm war.
Langsam löste sich der Braunhaarige von mir, um meine Hand in seine zu nehmen und mich sanft mit sich nach rechts zu ziehen, wo ein kleiner Park war.
Mehrere Minuten blieben wir still, in denen ich versuchte mich zu beruhigen. Schließlich wagte ich mit brüchiger und zittriger Stimme diese Stille zu brechen. "Was machst du hier?"
Anstatt direkt zu antworten, seufzte er. "Du hast meinen Brief also wirklich nicht gelesen." Fragend blickte ich ihn an, was ihn zum Weiterreden brachte. "Da habe ich alles erklärt. Ich bin wieder hergezogen. Seit gestern bin ich zurück." Nun verstand ich. Ehe ich etwas sagen konnte, fuhr er fort.
"Natürlich hätte ich dich anrufen können. Aber wir haben fast zwei Jahre keinen Kontakt gehabt, ich hatte Angst, dass du mich hassen würdest. Wofür ich natürlich Verständnis hätte, weil ich echt ein Arsch war. Jedenfalls ich hatte Angst deine Stimme zu hören, Angst davor, dass du mir sagst, dass du mich nie wieder sehen willst. Und weil mir eine Nachricht übers Handy zu unpersönlich war, habe ich den Brief geschrieben. Und als du mir nicht geantwortet hast, dachte ich, das wars. Jetzt will er endgültig nichts mehr von mir hören. Deswegen hab ich dir auch gestern nicht Bescheid gesagt. Ich wollte dich eigentlich in Ruhe lassen, aber als ich dich vorhin gesehen habe...da konnte ich mich nicht zurückhalten. Und als du plötzlich angefangen hast zu weinen, dachte ich mir irgendwie schon, dass du den Brief nicht gelesen hast. Es tut mir leid, Oikawa. Ich hätte nicht einfach gehen sollen. Das war falsch und absolut arschig von mir. Aber ich war so verwirrt. Mir gings zu der Zeit mental nicht gut, und als du mir dann noch deine Gefühle gestanden hast...es wurde mir einfach zu viel. Ich musste einfach weg. Obwohl ich dasselbe für dich fühlte-"
Geschockt blieb ich stehen. Hatte ich mich verhört? Ich musste mich doch verhört haben. "W-Was?" Iwaizumi drehte sich zu mir. "Ich habe mich in dich verliebt, Tooru. Aber ich hatte Angst vor dem was sich ändert. Angst, dass ich nicht gut genug für dich bin. Angst, vor den Blicken, den Verurteilungen und einfach allem! Verdammt, ich wusste, wie das bei deinem Outing war...ich wollte dir nicht noch mehr Schmerz antun, indem ich mit dir zusammenkomme. Ich war zu dem Zeitpunkt selbst noch nicht geoutet, nicht mal vor meinen Eltern. Ich hatte einfach Angst, Tooru. Und es tut mir so leid, dass ich nicht einfach mit dir darüber geredet habe. Es tut mir leid, dass ich so ein Feigling war und weggelaufen bin. Es tut mir so-"
Er hätte wahrscheinlich bis morgen weitergesprochen, wenn ich ihn nicht unterbrochen hätte.
Hajime war so geschockt, dass er den Kuss nicht erwiderte. Ich löste mich und sah ihn an. "Tut mir leid, aber anders hättest nicht aufgehört zu reden."
Doch bevor ich noch irgendetwas hätte sagen können, griff der Braunhaarige meinen Kragen und zog mich in einen weiteren Kuss. Glücklich legte ich meine Arme um seinen Hals und drückte ihn so näher an mich, während er seine Hände an meiner Hüfte platzierte.
Als wir uns lösten sahen wir uns lächelnd in die Augen, ehe wir wieder unsere Lippen auf die des jeweils anderen legten.
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Anime Oneshots [german]
Fanfic[requests open] Heyho! Ich hab mich entschieden, meine Oneshots zu veröffentlichen. Hier werden ausschließlich x Reader Oneshots kommen, aber ich werde auch hin und wieder versuchen, Shippings einzubauen. !Spoilerwarnung! Es können Spoiler vorkom...