Kapitel 23 - Versprechungen

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Stunden wurden zu Tagen, Tage wurden zu Wochen und Wochen wurden zu Monaten.

Seit William und ich in das Zimmer in Malfoy Manor gesperrt wurden war mehr als ein halbes Jahr vergangen. Die Tür ging nur auf um uns Essen und Getränke zu bringen. Sonst sahen wir kaum jemanden.

Mittlerweile war jede aufgesetzte Freundlichkeit aus diesem Zimmer gewichen. Es fühlte sich nur mehr wie ein möblierter Kerker an. Nur Williams Zeichnungen, die die Wände tapezierten, waren ein kleiner Trost.

Die ganze Zeit hatte mein Gehirn unermüdlich gearbeitet und versucht eine Verbindung zu Gilderoy herzustellen. Aber auch jetzt wollte es einfach nicht geschehen. Es war als wären wir abgeschnitten worden.

Was gäbe ich für das Glas mit unserem Seelenfaden. Die Angst, er könnte vollkommen zerstört sein, fraß mich innerlich auf. Die Tatsache, dass unser Gedankenraum verschlossen blieb, bestärkte mich in meiner düsteren Ahnung.

Ich wusste nicht was ich tun sollte, wenn Gilderoys und meine Seelenverbindung zerstört sein sollte. Auch die Ungewissheit, was Voldemort von mir verlangen würde trieb mich in den Wahnsinn.

William wurde ebenfalls immer unruhiger und ich konnte ihn verstehen. Er wollte hinaus, er brauchte Abwechslung. Für ihn war es noch viel schlimmer hier eingesperrt zu sein, als für mich.

Wenigstens blieb er von Alpträumen verschont, denn es gab auch keinen Severus den ich um einen Trank hätte bitten können. Diese Hoffnung hatte sich ebenfalls im Nichts aufgelöst.

Er würde nicht kommen. Dabei war er der einzige, der uns helfen könnte. Aber er tat es nicht.

Jeden Tag, wenn Narcissa unsere Mahlzeiten brachte, fragte ich sie ob wir nicht hinaus könnten und jeden Tag war ihre Antwort gleich.

„Noch nicht."

Irgendwann antwortete sie bereits, bevor ich fragen konnte und ihr Blick wurde zunehmend mitleidiger. Im November hörte ich schließlich gänzlich auf zu fragen und Narcissa hörte auf mir zu antworten.

Als der Februar sich dem Ende zuneigte, hatte ich jede Hoffnung aufgegeben. Auch William hatte aufgehört auf die Tür zu zeigen und mich flehend anzusehen.

Es war als spürte er ebenfalls, dass es keinen Ausweg für uns gab. Wir würden in diesem Zimmer vermutlich sterben. Aber diesen Gedanken versuchte ich, selbst in meinen dunkelsten Momenten, zu verdrängen.

Ich saß, wie fast jeden Tag, auf der Fensterbank und starrte müde in das grau des Himmels. William spielte mit seinen Stofftieren, als die Tür zum Zimmer aufging.

„Stell es einfach irgendwo hin." ich drehte mich nicht um, sondern lehnte meinen Kopf an die kühle Fensterscheibe. Ich hatte heute keine Lust auf Narcissa.

„Ich fürchte ich muss dich enttäuschen, ich bringe kein Essen."

Bei dem Klang dieser Stimme schossen mir unweigerlich Tränen in die Augen und ich sprang auf.

„Severus." flüsterte ich gebrochen und sah in sein blasses Gesicht.

Er sah noch viel eingefallener aus, als er es sonst tat und sein Mund war nur ein schmaler Strich. Mit großen Schritten war er bei mir und zum ersten Mal, in all den Jahren unserer Freundschaft, zog er mich in seine Arme und hielt mich fest.

„Es tut mir leid." flüsterte er kaum hörbar in mein Ohr und ich nickte nur.

Dann ließ er mich los und räusperte sich.

„Der Dunkle Lord verlangt nach dir. Ich bringe dich zu ihm." Severus' Stimme war kalt und die letzten zwei Minuten schienen nie existiert zu haben.

„Okay." meine Stimme war kratzig und ich wischte mir rasch über das Gesicht.

True Colors - SeelengebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt