Kapitel 43 - Es ist Vorbei

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„Nimm deine dreckigen Hände von ihr!"

Gilderoys Stimme donnerte förmlich durch die Luft.
Da stand er, Schnittwunden durchzogen sein Gesicht, die Unterlippe war Blut verkrustet. Offenbar hatte er bereits einiges hinter sich.

Hinter ihm erkannte ich den braunen wirren Schopf von Hippocrates Smethwyck. Auch er sah arg mitgenommen aus.

Mit der einen Hand stützte Gilderoy sich auf seine Krücke und mit der anderen hielt er seinen Zauberstab fest umklammert und richtete ihn starr auf Greyback. Seine vergissmeinnichtblauen Augen funkelten zornig in dessen Richtung.

„Sieh an, sieh an. Er lebt ja noch. Diesmal keinen Stein zur Hand?" der Werwolf kicherte dunkel und wich Gilderoys Blick nicht aus.

„Nein, dieses Mal bin ich vorbereitet." entgegnete Gilderoy und zeigte keine Spur von Angst. Greyback knurrte leise und sein Körper bebte.

Dann setzte er zum Sprung an und hechtete auf Gilderoy zu. Dieser wich gekonnt aus und feuerte gleichzeitig einen Zauber auf Greyback. Dieser traf ihn mitten ins Gesicht und er heulte erneut auf. Dann zog er ebenfalls seinen Zauberstab.

Ich beobachtete den Kampf voller Erstaunen. Gilderoy, der wie im Wahn einen Zauber nach dem anderen abfeuerte und Greyback, der Mühe hatte, die Salve an Flüchen abzublocken.

Immer wieder hörte ich ihn brüllen und unerbittlich wehrte er sich. Einer von Greybacks Zaubern traf Gilderoy an seinem gesunden Bein, er strauchelte und fiel zu Boden. Greyback lachte auf und sah zu mir.

„Tut mir leid, Püppchen." grollte er.

„Gilderoy!" ich schlug die Hände vor den Mund.

Doch Gilderoy schickte bereits den nächsten Zauber in Richtung Greyback. Der hatte sich bereits in Sicherheit gewogen und war unaufmerksam.

„EXPELLIARMUS!" schrie Gilderoy und der verdutzte Greyback wurde in die Luft geschleudert, flog einige Meter nach hinten und kopfüber über die Brüstung.

Gilderoy rappelte sich auf und wir liefen zur Steinmauer.
Fenrir Greyback hing an einer Hand an einem kleinen Vorsprung und heulte wie ein verwundetes Tier.

„Verdammt! Helft mir!" kreischte er in Panik, während seine Finger kaum noch Halt fanden.

Über die Brüstung gelehnt sahen wir uns an und ich überlegte für eine Sekunde, ob wir ihm helfen sollten. Ich sah zu Gilderoy und ich spürte, dass auch er mit dem Gedanken haderte.

Gerade als ich eine Entscheidung treffen wollte, bewegte sich das Wasser unter Greyback. Es schäumte und brodelte und aus den Tiefen des schwarzen Sees kam der Kraken.

Er schlang seine Tentakel um Greybacks Beine und mit vor Entsetzen geweiteten Augen stieß er einen markerschütternden Schrei aus, als er ohne Erbarmen in die eisige Kälte des Sees gezogen wurde.

Einzelne Luftblasen stiegen an die Wasseroberfläche und dann lag der See in gänzlicher Stille. Fenrir Greyback war tot.

Ich starrte immer noch fassungslos auf das Wasser. Dann spürte ich eine Hand auf meiner und löste meinen Blick.

Gilderoy, mein Gilderoy. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, fiel ich in seine Arme und schluchzte hemmungslos. Gilderoys Krücke fiel zu Boden und er umschlang meinen bebenden Körper.

„Es tut mir leid. Es tut mir alles so schrecklich leid." mit tränenerstickter Stimme schmiegte ich mich an seine Brust. Sein Herzschlag drang an meine Ohren, wie sehr hatte ich ihn vermisst.

„Nein, mir tut es leid." antwortete Gilderoy mit kratziger Stimme und drückte mich noch fester an sich.

Ich blickte in seine vergissmeinnichtblauen Augen in denen Tränen glitzerten. Ich strich über seine Wange, fuhr durch seine raspelkurzen Haaren.

True Colors - SeelengebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt