An diesen anfangenden Abend, wirkte der Mond still. In deren Atmosphäre wehte ein kalter Schauer seine Runde. Beginnendes Gebete vernahm man in der Ferne, „81Srung si poeru ma Eywa.“
Klangvoll zelebrierte es in diesen Moment. Hoffnungsvoll lag Neytiri’s Blick auf den Menschen in ihren Armen auf den Weg zu ihrer menschlichen Erlösung. Eine Atemmaske ermöglichte es ihr, hier draußen zu überleben. Doch diese erschien bald überflüssig. Nur sehr langsam erhob sich immer wieder der Brustkorb, senkte sich erschöpft ab, um alles von vorne beginnen zu lassen.
Ihre müden Augenlieder flatterhaft geschlossen. Das Bewusstsein abermals abschweifend. Unweigerlich zog es die Augen von Mo’ats Tochter zu den Verband. Die Farbe weiß schon längst von dem tiefen rot verdrängt. In ihr tobten die Gefühle. Von helfend bis hin zu werdende Machtlosigkeit. Und dennoch hoffend. Erinnerungen durchzuckten Neytiri’s Gedanken. Versuchten die sich wiederholende Situation.
'Wie schwer es für Jake sein müsste…'
Noch jemanden zu verlieren, dem er wichtig ist.
Sofort flammte vor Neytiri’s inneren Auge eine erheiterte Aiva Nelson lächeln.
Sie, beide, beim Flechten. Erzählten gegenseitig von ihren Ausflügen auf den Ikrans.
Oder an einer tiefen Nacht. Daran konnte sie sich besonders gut erinnern. Aiva hatte gegenüber ihr gesessen. In zwischen den Bäumen der Seelen. Immer auf Wiederholung der Wörter, die sie Aiva vorgesagt hatte. Und ihre Aufgabe war es gewesen zu übersetzten.
Bei diesen Moment konnte Neytiri nicht anderes machen, als bedrückt zu schmunzeln.
„Erinnerungen werden erst geschätzt, wenn der Grund von solchen Erinnerungen für immer verschwindet.“
Und diese entrann vom Leben.
Neytiri blickte auf. Sah ihren heiligsten Ort entgegen. Leuchtend hob es sich von der einnehmenden Dunkelheit empor. Legte sich, wie eine eigene Sonne, über die Gegend.
Um ihr herum, die Omaticaya. Das Volk.
„81 Srung si poeru ma Eywa.“
Hallte es in einem Chor nieder.
Erneut besaß Aiva die Kraft ihre Augenlider zu öffnen. Ohne einen richtigen Anhaltspunkt, streiften die Pupillen umher. Schweifhaft vernahm sie das Gebet. Den Anfang des Rituals. Das einzige was ihr Leben retten kann.
Aber wie konnte Aiva sich sowas verdienen?
Sie hatte sich immer wieder gegen Jake oder Miles Quartich entschieden. Und wurde genau jetzt in diesen Moment von Neytiri getragen.
Wie?
Wie konnte man ihr nur helfen?
Den Tod hätte Aiva wahrlich verdient. Sie selbst wünschte es sich.
Doch andere schienen davon abgetan zu sein. Gaben ihr die Hilfe, die sie brauchte.
Oder mehr ihr verletzter Körper?
Aiva’s Augen fanden erneut die Kraft sich offen zu halten. Verspürte Neytiri’s Bewegungen. Den kalten Boden, als die Soldatin abgelegt wurde. Deren stahl-blaue Augen erkannten schweifhaft die tentakelartigen Blätter des Baumes. Kraftvolles Gesang, Gebete drangen in ihren Ohren. Verstummten mit der Zeit zu einem leisen Wisteln. Fühlte sich an als wäre dies mit einmal Kilometerweit entfernt. Ein Vorhang aus Dunkelheit legte sich auf ihr Augenlicht. Zwangs Aiva dazu die Augen zu verschließen. Mit den Fluss zu ziehen, der sie immer weiter tiefer führte. Bis es endlich zum Stillstand kam. Stille umwob ihr Bewusstsein. Der Schmerz verschwand so schnell, wie er gekommen war. Aiva hob ihre Augenlieder an. Ein kalter, farbloser Boden, wie im Labor.
Fragend warf sie ein Blick durch diese Gegend.
'Irgendwie Merkwürdig…'
Wie kam sie so schnell hierher?
Konnte sowas real sein? Eine Zwischenwelt?
Ihre Hände betrachtete Aiva. Makellos im schein des Laborlichtes.
Summen der Softwaren waren die einzigen Geräusche hier und das flackern der Neonleuchten.
„Wow.“, erklang eine vertraute Stimme hallend in dem Raum.
Noch immer skeptisch wie Aiva es annehmen sollte. Begann sie der bekannten Stimme der Wissenschaftlerin zu folgen.
„Diese Verbindungen.“, lachte es hallend zu Aiva herüber.
Konnte es wirklich Grace sein? Die Grace, die die Soldatin kenngelernt hatte?
„Grace?“, kam es ihr nur schwer ungläubig über die Lippen.
Sah nur in der Ferne eine kurze rote Haarpracht. Deren Körper hinter einer Stuhllehne versteckt wurde.
„Oh. Aiva.“, erklang es sonderbar erwartungsvoll.
Wie als könnte Dr. Augustine erahnen wer hier war?
„Wie…“
„Wie es möglich ist?“, lachte Grace beherzt, ein breites Lächeln schmiegte sich auf ihre schmalen Lippen, nachdem sie sich endlich mal zu der Soldatin drehte, in der ihr Gesicht viele Fragen nieder geschrieben da standen.
„Ja… Irgendwie.“, entgegnete Aiva verwirrt.
Mit einem geheimnisvollen Lächeln blickte Grace ihr entgegen. Hatte ihre Hände sorgsam auf den Schoß abgelegt.
„Ich sage es mal so…“, und erhob sich, ging sachten Schrittes auf die Frau zu, die vor Grace Augen war.
Deren stahl-blauen Augen gefährlich in ihren stachen, als es jemals die Augen des Colonels tun werden. Doch in diesen Augen umwob sich eine langsam einsickernde Erkenntnis. Eine unausgesprochene Tatsache begann sich aufzutun, wie ein der gefährlichsten Tornados, die Amerika noch nie erlebt hatten. Deren dunkelbraunen Haare immer perfekt zu einem Duett gebunden waren. Darüber ein sehr altes Cap der US Army. Ihr starker Körper unter der typischen, alltäglichen Soldatenuniform verborgen. Alles schien an ihr perfekt und makellos zu sein. Aber wenn man Sergeant Aiva Nelson genauer betrachtete, trügte der Schein. Grace konnte schlecht den Blick von ihr abwenden. Hier in Eywa hatte sie genügend Zeit, um alles nachzudenken, was ihr passiert war.
Legte die Hände auf die Schultern der Soldatin nieder.
„Ich weiß du hattest eine harte Zeit. Aber hier ist Zeit vergänglich.“, begann Grace ihr mit funkelnden Augen zu schwärmen, „Hier ist es egal, was man getan hat.“
„Ist es nicht.“
„Dann würdest du nicht hier stehen.“, lächelte Grace sie einwenig wehmütig entgegen.
Ertrug diesen Blick von Aiva, die starr in ihren Blickte. Immer noch verblieben Fragen.
„Ich habe euch des öfteren verraten. Immer wieder bewiesen, dass ich nicht vertrauensvoll bin. Und hier stehst du, mit einem Lächeln auf den Lippen und hälts mir ein Vortrag darüber, dass es Eywa egal sei, was jeder hier getan hat.“
„Da Irrst du dich. Eywa hat für jeden einen Platz. Für Leute wie wir, reine Seelen. Reine Herzen. Und du bist nun mal eine davon. Ich kenne deine Geschichte.“, sprach Grace mit brüchiger Stimme. Begann die Schultern von Aiva zu massieren.
„Dein Vater war kein toller Ehemann. Kein anständiger Mann. Nichts davon. Du wirst es bestimmt nicht glauben, aber… deine Mutter war meine Schwester. Naja Halbschwester. Dennoch Schwestern. Unsere gemeinsam geführten Gespräche hatten mich immer verfolgt. In der Nacht sowohl bei der Arbeit, die ich ausgeführt hatte. Meine Nichte. Deine ältere Schwester Heyla Nelson, wurde bereits in jungen Alter mir überschrieben. Deine Mutter wusste, was dein Vater ihr antun würde. Wenige Jahre später folgtes du dann. Während du groß geworden bist unter den schlimmsten Umständen, wurde Heyla ein Teil des AVTR-Programms. Ihr Avatar angefertigt….“, verklang mit aller male die Stimme von Dr. Augustine.
Deren braunen Augen mit einem Film aus ansammelten Tränen befand. Ihre Mimik von Trauer und schmerz gleichermaßen ergriffen.
Die Worte der Beauftragten. Nur hatten diese ihr eine kurze Zusammenfassung erzählt. Und hier vor Grace erfuhr Aiva eine gesamte Wahrheit. Heyla hatte ein besseres, glamouröses Leben geführt als sie selbst. Sie war von der Bahn total abgekommen und hatte sich immer mehr in die Scheiße reiten lassen, als diese schon längst die Grenze der Angemessenheit überschritten hatte.
„Bis sie durch einen Unfall starb und ich ihren Platz einnehmen konnte, da ich die gleiche DNA-Struktur besaß.“, beendete Aiva den Satz.
Unwillkürlich schüttelte Grace Augustin den Kopf.
„Kein Unfall.“, korrigierte sie, „Kein Unfall, Aiva.“
„Es war eine Krankheit. Krebs. Heyla konnte sich mit ihren Avatar nie verbinden. Aber du konntest es. Und Eywa hatte dich für etwas besonderes gehalten. Es tut es noch immer.“
„Noch immer?“, konnte Aiva es nicht so richtig glauben. Unteranderem eventuell nicht verstehen. Wie auch?! Sie hatte nicht den Blick, wie Dr. Grace Augustine sie jetzt gerade sah.
„An deiner Ankunft auf Hell’s Gate.“, begann Grace wieder Fassung zu gewinnen, „War ich so nervös wie noch nie. Das wirst du kaum glauben, weil ich es mir nie angemerkt habe. Und immer hin als deine Tante empfand ich wenig verständnis für deine eingegangene Beziehung mit den Colonel.“
Und ein Grinsen huschte über Aiva’s Lippen als Grace dies mit einem ironischen Unterton unterstreichte.
„Das kann ich zu gut verstehen, den Feind zu lieben den man eigentlich abgrundtief hassen sollte.“, grinste sie.
„Ja das hättest du tun sollen.“, lachte Grace fröhlicher, ihre Augen sahen nicht gläsern aus, nicht mehr so sehr, wie zu den Zeitpunkt mit Heyla.
'Ein schwere Schlag war es bestimmt für sie.'
„Man kann sich denjenigen den man lieben will nicht aussuchen.“
„So viel positives auf einmal hatte ich von dir nie aufgeschnappt gehabt!“
„Zeit ändert alles. Die Einstellung, den Blick auf verschiedenen Perspektiven. Man hat genug Zeit nachzudenken. Um vieles sich ergründen zu können.“, erwärmten diese Worte Aiva’s Herz.
Ebenfalls die gesamte Ausstrahlung der Wissenschaftlerin war überaus erwärmend. Ihre Worte. Die Wahrheit. Ein beinhaltendes Eingeständnis zum Tätschelmeschtel mit Miles Quartich. Und kaum hätte Aiva noch was sagen können, schlangen sich schon die Arme von Grace um ihren Körper. Zogen den eng an ihren. Eine fehlende Wärme machte sich in Aiva’s Inneren breit. Durchfloss jede Ader ihres Körpers. Begann jeden Muskel zu entspannen.
Durchbrach ihre jahrelange aufgetragene Maske.
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AVATAR - Aufbruch nach Pandora ( Band-1)
Science-FictionAiva Nelson. Eine Soldatin, der Klasse ausrangierten Kriegsveterenäre, wird mit weiteren auf den Mond Pandora rekutiert. Ein erholsamer Urlbausziel weitweg von der sterbenden Erde. Aber davon kann man kaum sprechen. Schon am ersten Tag ihrer Anreise...