Kapitel 15

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Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr. Er will sich eindeutig mit mir treffen! Aber warum?!
Schnell springe ich aus dem Bett und tausche meine Schlabberklamotten in Rekordgeschwindigkeit gegen ein locker sitzendes T-Shirt und eine hochgeschnittene Jeans. Ich werfe einen Cardigan und meine Jacke darüber, schlüpfe in meine Nike-Sneaker und verlasse die Wohnung.
Auf dem Weg zur Bahnstation tippe ich meine Antwort an Felix.

Maddie: Irgendwie glaub ich dir nicht, dass du zufällig gerade eine Fanta dabei hast.

Felix: Kann ich am nächsten Späti besorgen.

Maddie: Ich glaub, hier nennt man das Kiosk.

Felix: Willst du vorbeikommen oder nicht?

Maddie: Bin schon unterwegs. ✌️

Felix: Cool! Bis gleich 🥳

Die ganze Bahnfahrt über kann ich nicht aufhören, vor mich hin zu lächeln.

Als ich am Kennedy-Ufer ankomme, kann ich ihn zuerst nicht finden. Hier sitzen überall Leute und von den Typen mit blonden Kurzhaarfrisuren könnte er eigentlich jeder sein... Ich lasse meinen Blick durch die Menge schweifen und laufe ein wenig hin und her, bis ich ihn schließlich doch entdecke. Er sitzt ganz alleine auf eine der Stufen und hat zwei Flaschen neben sich stehen. Langsam gehe ich auf ihn zu und tippe ihm schließlich von hinten auf die Schulter.
Felix dreht sich zu mir um. Als sein Blick meinen trifft, grinst er. „Hi!"
Er steht auf und ich erwidere seine Begrüßung mit einem Lächeln. „Auch hi."
Einen kurzen Moment lang stehen wir ein wenig unbeholfen voreinander.
Wie begrüßt man sich jetzt? Umarmen wäre wahrscheinlich zu viel, ein Handschlag zu förmlich. Wir wissen beide nicht, wohin mit unseren Händen. Felix kratzt sich am Hinterkopf und ich streiche den Stoff meiner Jacke glatt, obwohl das eigentlich gar nicht nötig wäre.
Plötzlich bricht ein helles Auflachen aus Felix heraus und er hebt die Arme. „Scheiß drauf. Hi."
Ich kann nicht anders, als ebenfalls zu lachen und tue es ihm gleich.
„Nochmal hi", murmele ich, während wir uns umarmen. Es dauert nur eine Millisekunde und irgendwie fühlt es sich angenehm und falsch zugleich an. Als Felix mir kurz über den Rücken streicht, bekomme ich eine Gänsehaut.
Schnell lösen wir uns aus der Umarmung und lassen uns nebeneinander auf einer der Stufen nieder.
Felix nimmt die Flasche Fanta, die neben ihm steht, hervor und zeigt sie mir mit einem Grinsen. „Da, wie versprochen."
Erneut muss ich lachen. „Sehr gut!"
Er gibt mir die Flasche und ich schraube sie auf. Dann greift er nach der anderen Flasche, die er neben sich stehen hat. Er nimmt sein Feuerzeug aus der Hosentasche hervor und öffnet damit sein Bier, dann lächeln wir uns an und heben beide unsere Flaschen in die Luft. „Prost!"

Kurz lassen wir unsere Flaschen aneinander klirren und nehmen jeweils einen großen Schluck.
Ich schaue vor uns auf den Rhein. Ich traue mich kaum, Felix überhaupt anzusehen. Diese ganze Situation kommt mir so surreal und falsch vor. Am liebsten würde ich ihn sofort fragen, was das Treffen hier soll, aber irgendwas hält mich davon ab. Also stelle ich die zweite Frage, die mir in diesem Moment auf der Seele brennt.
„Was machst du eigentlich ganz alleine hier? Ist Tommi wieder müde geworden?"
Ein wenig herausfordernd grinse ich ihn an. Felix lacht und schüttelt den Kopf. „Nee. Ich war mit meinem Bruder unterwegs und wir wollten eigentlich später noch einen trinken gehen, aber dann hat er auf einmal ne Nachricht von einem Mädel aus der Gegend bekommen und ist abgehauen."
Er grinst mir verschwörerisch zu und ich muss ebenfalls grinsen. „Verstehe. Und dann hast du dir gedacht, du organisierst dir lieber auch noch ein Sidechick für die Nacht, was?"
Scheiße! Offensichtlich hab ich mal wieder schneller gesprochen, als ich denken konnte. Ich schaue Felix erschrocken an, doch der lacht nur.

„Nein, ehrlich gesagt nicht", antwortet er mit einem Grinsen im Gesicht. „Und wenn, würde ich das sicher nicht hier machen, sondern diejenige besser direkt aufs Hotelzimmer holen."
Er zwinkert mir zu und ich muss ebenfalls lachen.
„Gut zu wissen." Ich grinse vor mich hin und grübele, ehe ich die brennende Frage schließlich doch stelle.
„Warum sollte ich denn dann hierher kommen?"
Zu meiner Überraschung stößt Felix ein Seufzen aus. „Ganz ehrlich? Du hast mir irgendwie leid getan."
Sein Blick wird schlagartig ernst und er schaut mich nachdenklich an.
„Schon als du in meiner Show warst, hab ich mich gefragt, wie es sein kann, dass so eine junge und sympathische Frau wie du Schwierigkeiten hat, Kontakte zu knüpfen."
Wortlos schaue ich ihn an. „Danke", murmele ich und Felix lächelt matt. „Bitte. Und als du mir gestern gesagt hast, dass du alleine in die Bar gegangen bist und dann, dass du dir heute allein zuhause ein Glas Wein reinstellst, dachte ich, ich muss dir irgendwie helfen."
Ohne, dass ich es verhindern kann, entfährt mir ein trockenes, ironisches Auflachen. „Du dachtest, du müsstest mich vor einer drohenden Alkoholsucht bewahren?"
„Naja, ganz so schlimm jetzt auch nicht." Felix grinst mich verlegen an. „Aber ich dachte mir: ey, bevor die Maddie zuhause völlig vereinsamt, frag ich sie einfach mal, ob sie spontan Bock auf ein Treffen hat. Und sieh an, du bist hier."
Langsam nicke ich und denke über seine Worte nach. „Das ist... wirklich lieb von dir", sage ich gedehnt. „Aber ich will auch nicht, dass du deinen freien Samstagabend einfach so opferst, nur, weil du Mitleid mit mir hast. So schlimm steht es dann auch wieder nicht um mich. Und außerdem ist ja auch noch Kim da."
„Na, ich denke, sie ist nicht da." Felix hebt argwöhnisch eine Augenbraue und mir entfährt ein nervöses Lachen. „Ja, jetzt gerade nicht. Aber morgen ist sie da, dann machen wir beide uns einen Fernsehabend. Wahrscheinlich einen der letzten, bevor sie auszieht."
Felix nickt langsam. Dann nimmt er wieder einen Schluck von seinem Bier und schaut aufs Wasser.

Ein paar Sekunden lang sagen wir nichts, bis er mich wieder von der Seite anschaut. „Also, um das nochmal klarzustellen: ich hab dich nicht nur gefragt, ob du herkommen willst, weil ich Mitleid mit dir hatte. Wenn ich jedem, der mir nur ein bisschen leid tut, eine Fanta ausgeben würde, könnte ich mich als neuen Hauptsponsoren von Coca-Cola eintragen lassen."
Ein schiefes Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit und mir entfährt ein Prusten.
„Okay, überzeugt. Und was ist dann der Grund?"
„Hab ich doch eben schon gesagt." Er grinst mich vielsagend an. „Du warst mir einfach sympathisch, reicht das nicht?"
Kurz denke ich nach. „Doch, schon. Aber findest du das nicht auch gerade irgendwie seltsam? Ich meine, wir kennen uns nicht. Ich bin ein Fan von dir und du weißt nichts über mich, außer, dass ich mich schwer damit tue, neue Freunde zu finden. Das ist doch... irgendwie komisch und auch ein bisschen unangenehm, oder nicht?"
Felix zuckt mit den Schultern. „Nicht unbedingt, nein." Plötzlich macht sich ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht breit.
„Im Gegenteil: du hast jetzt die einmalige Chance, mit mir zu üben." Ich schaue ihn verwirrt an, doch sein Grinsen wird noch breiter.
„Erzähl mir was über dich, Madeleine."

Heavenly (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt