Als wir beide jeweils vor einem großen Teller Rührei sitzen, merke ich, wie die Zweifel, die sich vorhin kurz bemerkbar gemacht haben, immer mehr in den Hintergrund rücken. Ohne, dass ich es verhindern kann, entfährt mir ein leises Seufzen.
Felix sieht von seinem Teller auf. „Was ist los?"
Ich zucke zusammen. Mir war gar nicht klar, dass ein Seufzen direkt seine Aufmerksamkeit erregen würde. „Nichts." Ich gebe mir Mühe, ein Lächeln auf mein Gesicht zu kleistern.
„Hab nur keine Lust, später zurück nach Köln zu fahren." Das ist nur halb gelogen. Tatsächlich wäre ich gerade überall lieber als alleine in meiner leeren Wohnung.
Felix verzieht die Lippen zu einem schmalen Lächeln und nickt. „Versteh ich sehr gut. Wenn's nach mir ginge, würdest du einfach die ganze Woche noch hierbleiben." Er grinst mich an und ich muss lachen.
„Das wird wahrscheinlich schwierig, aber darf ich... heute noch hier bleiben? Bis heute Abend?"
Ich sehe ihn fragend an und er nickt sofort. „Klar. Von mir aus auch bis morgen Abend."
Ich lächele ihn erleichtert an und überlege. „Versteh mich nicht falsch, ich würde am liebsten so lange bei dir bleiben wie es geht, aber ich hab Kim ein Mittagessen versprochen. Wenn ich das heute schon nicht einhalten kann, dann wenigstens morgen. Deswegen würde ich heute Abend fahren, damit ich morgen auch fit bin. Wäre das okay?"
Felix sieht nicht wirklich begeistert aus, aber dennoch zeichnet sich ein verständnisvoller Ausdruck auf seinem Gesicht ab. Er nickt langsam.
„Wenn's unbedingt sein muss."
Ich muss lachen und schiebe den Teller von mir weg. Am liebsten würde ich ihn fragen, wann er das nächste mal nach Köln kommt, damit wir uns schnellstmöglich wiedersehen können, aber das würde bedeuten, dass ich jetzt schon an unseren Abschied denke. Und das will ich nicht.
Felix wirft einen Blick auf meinen halbvollen Teller. „Willst du nicht mehr?"
Ich schüttele den Kopf. „Bin satt. Aber war sehr lecker."
Felix grinst und stellt meinen Teller auf seinen, dann steht er auf und stellt beides in die Spülmaschine. „Hab doch gesagt, ich kann perfekt Rührei machen."
Ich runzele die Stirn. „Wann hast du das gesagt?"
„Na, im Podcast."
Seine Worte treffen einen Nerv. Mit einem Mal kommt die zynische Stimme wieder zurück.Ja genau, Madeleine. Vergiss nicht dass er Podcaster ist. Und Comedian. Du bist ein Fan. Den er jetzt flachgelegt hat. Du hast ihm genau das gegeben, was er wollte.
Ich presse die Lippen zusammen und nicke nur. Schnell wende ich mein Gesicht von ihm ab, damit er nicht merkt, wie ich gegen meine eigenen Gefühle ankämpfen muss. Plötzlich höre ich seine Stimme nur noch durch ein Rauschen. Er sagt irgendwas, macht wahrscheinlich einen Witz, scherzt, doch seine Worte kommen nicht bei mir an. Ich höre, wie eine hohle Stimme ihm antwortet, immer wieder „ja", „mhm" und „genau", sagt. Sie klingt wie meine, aber sie ist es nicht. Meine Stimme befindet sich in meinem Kopf und sagt mir, dass ich mir bloß nicht einreden soll, dass ich sowas wie seine Freundin werden könnte.
Denn natürlich nimmt er Frauen zum Bumsen mit nach Hause. Ich bin keine Ausnahme davon. Dass wir darüber hinaus wie zwei Teenager rumgeknutscht haben und er mich bei sich übernachten lassen hat, heißt noch gar nichts.„Maddie?" Ich tauche auf. Das Rauschen und die Stimme in meinem Hinterkopf sind auf einen Schlag genauso schnell weg, wie sie gekommen sind. Ich hebe die Augenbrauen und sehe ihn an. Zum ersten Mal, seit das Wort „Podcast" gefallen ist, nehme ich ihn wieder richtig wahr.
Als unsere Blicke sich treffen, merkt er sofort, dass etwas nicht stimmt. Ein besorgter Ausdruck macht sich auf seinem Gesicht breit und er kommt auf mich zu. „Hey, was ist denn los?"
Er legt eine Hand an mein Kinn und streichelt mir mit der anderen über die Wange. „Warum guckst du so? Hab ich irgendwas falsches gesagt?"
Weil ich noch immer gegen die Tränen ankämpfe, ziehe ich die Nase hoch und lächele ihn schwach an.
„Eigentlich nicht", murmele ich und will meinen Blick von ihm abwenden, doch Felix lässt nicht locker.
„Schau mich an."
Er dreht mein Gesicht wieder zu ihm und sieht mich eindringlich an. „Irgendwas ist doch."
Ich seufze tief auf und wische mir hastig über die Augen. „Es..." Ich gebe ein helles, ironisches Auflachen von mir. „Es ist albern."
„Madeleine, du sagst mir jetzt sofort, was los ist."Überrascht sehe ich auf. Es ist das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit, dass er meinen vollen Namen ausspricht. Ich nehme einen tiefen Atemzug, bevor ich antworte.
„Du... hast vom Podcast geredet. Und da ist mir auf einmal wieder bewusst geworden, in was für einem Verhältnis wir beide zueinander stehen."
Felix zieht scharf die Luft ein und ich sehe ihm an, dass er etwas sagen will, doch ich komme ihm zuvor.
„Ich weiß, dass du das nicht hören willst, aber ich kann das nicht abstellen."
Ich seufze. „Ich hab manchmal so... Gedanken.
Wie eine Stimme, die mir permanent sagt, dass ich mir keine... Hoffnungen machen soll."
Felix hebt erstaunt die Augenbrauen. „Wie bitte?"
Ich nicke. „Also, nicht so... Schizophrenie-mäßig", stelle ich klar. „Aber trotzdem arbeitet sie irgendwie gegen mich." Ich seufze. „Vielleicht ist das ein Schutzmechanismus oder so."Felix, dessen Blick noch immer an meinem hängt, nickt langsam. „Verstehe." Er zögert.
„Wobei, nein, eigentlich versteh ich's nicht. Ich hab dir doch keinen Anlass gegeben, zu glauben, dass ich dich nicht mag, oder?"
Ich schüttele den Kopf. „Nein."
Er nickt zufrieden. „Na also. Dann möchte ich auch nicht, dass du sowas denkst."
Mir entfährt ein Auflachen und ich trete näher an ihn heran. „Glaub mir, das wäre mir auch lieber", murmele ich, während Felix seine Arme um mich legt. Ich lege meinen Kopf auf seiner Schulter ab und spüre, wie seine Hand langsam durch meine Haare fährt und meinen Hinterkopf krault.
Ein paar Sekunden stehen wir nur so da, und mit einem Mal kann ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie laufen mir leise und warm über die Wangen. Ich weiß nicht, ob es der Druck ist, der sich jetzt abbaut, oder die Erleichterung.
Felix löst sich von mir und sieht mich an. Als er sieht, dass ich weine, stößt er hörbar Luft aus und schüttelt matt lächelnd den Kopf. Er seufzt, doch es hat nichts genervtes. Eher im Gegenteil.
Er hebt seine Arme und streicht mir mit beiden Händen über die nassen Wangen. Seine Daumen versuchen, die Tränen zu beseitigen.
„Aufhören, okay?"
Ich nicke und schnappe nach Luft, um die Tränen zu stoppen. Es dauert eine Ewigkeit, bis es mir endlich gelingt. Als Felix schließlich beide Hände an meine Taille legt und anfängt, mich zu kitzeln, entfährt mir ein Quietschen und ich muss laut lachen. Felix grinst zufrieden und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Na also, geht doch."
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Heavenly (Felix Lobrecht)
Fiksi PenggemarMadeleine hat ein Problem. Als Felix Lobrecht die nächste Ausgabe von seiner Radioshow „99 Problems" veranstaltet, wittert sie ihre Chance und bewirbt sich. Doch sie ahnt nicht, wie nah sie ihrem Lieblingscomedian dadurch wirklich kommen wird... For...