Als ich am nächsten Morgen aus meinem Schlafzimmer komme und durch die Wohnung schlurfe, ist von Kim weit und breit keine Spur. Natürlich nicht. Sie hatte ja schon angekündigt, dass sie bei Jonas übernachtet, aber ein Teil meines Hirns scheint das kurzfristig verdrängt zu haben.
Mir entfährt ein lautes Gähnen und ich strecke mich, bevor ich mich gegen die Küchentheke lehne. Ich habe wirklich große Lust auf Kaffee, aber gleichzeitig habe ich auch sehr wenig Lust, mir einen zu machen. Dabei ist es gar kein großer Aufwand. Zwei, drei Handgriffe und die Sache wäre erledigt.
Ich gähne noch einmal und seufze tief durch, ehe ich von der Küchentheke abstoße und eine Tasse aus dem Schrank hole. Danach schalte ich die Kaffeemaschine ein und lasse den Kaffee durchlaufen, nicht, ohne mich währenddessen darüber zu ärgern, dass Kim nicht da ist. Sie hat das perfekte Bohnen-Wasser-Verhältnis raus, um aus einem Kaffee das Maximum an Aromen rauszuholen. Aber heute muss es auch ohne sie gehen.
Wie in Zeitlupe gieße ich einen Schluck Milch dazu und rühre um. Anschließend setze ich mich mit meiner gut gefüllten Tasse an den Esstisch.
Auf einmal fühlt mein Kopf sich an, als würde er eine Tonne wiegen. Dabei habe ich doch gestern gar nichts getrunken, oder? Bis auf anderthalb Kölsch. Aber davon bekommt man doch nicht gleich Kopfschmerzen!Seufzend nehme ich einen Schluck aus meiner Tasse. Scheint so, als wäre ich einfach nichts mehr gewohnt. Mein Blick wandert gedankenverloren durch die menschenleere Wohnung, ehe er auf die Tasse fällt. Als mir das „Gemischtes Hack"-Logo darauf ins Auge sticht, erstarre ich und plötzlich fällt mir alles wieder ein.
Oh mein Gott. Oh. Mein. Gott. Ich habe nicht wirklich gestern Abend Felix Lobrecht in der Kölschbar getroffen, oder? Und dann hat er mich auch noch nachhause begleitet? Das ist nicht passiert. Das KANN nicht passiert sein!
Ich stoße ein Quietschen aus. Je länger ich wach bin und umso mehr das Koffein die Rezeptoren in meinem Gehirn anknipst, umso klarer wird das Bild, das sich vor meinen Augen ausbreitet. Auf einen Schlag fällt mir alles wieder ein.
Wie er mich wiedererkannt hat. Wie er mich auf das Keramik anmalen und meinen Wohnort angesprochen hat. Wie wir nebeneinander her gelaufen sind, als wären wir alte Bekannte. Wie wir miteinander gescherzt haben. Und wie er mich nach meinem Instagram-Namen gefragt und mich aus seinem Anfragen-Ordner befreit hat!Ich stöhne auf. Sieht wohl so aus, als ob ich nie wieder mit anzüglichen Witzen auf seine Storys antworten kann. Nicht, dass ich das besonders oft getan hätte. Aber das ein oder andere Selfie verleitet manchmal schon dazu, ein wenig mehr zu schreiben als nur „Viel Spaß!" oder „Schönes Wochenende!"
Ich muss grinsen. Also, wenn das gerade wirklich dein größtes Problem ist, Maddie...
Ich schüttele den Kopf über mich selbst, spüle die Tasse aus und stelle sie in die Spülmaschine. Es wird höchste Zeit, dass ich das geradebiege.
Schnell hole ich mein Handy aus dem Schlafzimmer und mache es mir damit auf der Couch bequem. Ein paar Sekunden lang halte ich es nur in der Hand und starre grübelnd Löcher in die Wand, dann weiß ich, was ich schreiben will. Kurzentschlossen öffne ich die Instagram-App, gehe auf Felix' Profil und tippe auf „Nachricht".Maddie: Hi! Es war echt mega nett von dir, dass du mich gestern nachhause begleitet hast, aber jetzt fühl ich mich ein bisschen schlecht, dass ich deine Zeit dafür beansprucht hab. Das war nicht meine Absicht, also... sorry dafür.
Aber Danke nochmal, auch für das Foto. :)Nach dem Abschicken schalte ich mein Handy in den Flugmodus und mache mich daran, meine Wäsche zu waschen.
Nach zwei Stunden falle ich völlig erledigt aufs Sofa. Meistens macht Hausarbeit mir Spaß, aber ich vergesse auch jedes Mal, wie anstrengend es eigentlich ist. Nachdem ich zwei Maschinen Wäsche gewaschen und aufgehängt, mein Bett neu bezogen und das Bad inklusive Fliesen gereinigt habe, fühle ich mich, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Ich könnte dringend eine eine ausgiebige Dusche vertragen... jedoch nicht, ohne mir vorher noch 5 Minuten Pause auf dem Sofa zu gönnen.
Fast schon reflexartig greife ich nach meinem Handy, als mir wieder einfällt, dass ich es vorhin ja in den Flugmodus geschaltet habe. Schnell nehme ich den Flugmodus wieder raus und warte einen kurzen Moment, bis es sich wieder mit dem WLAN verbunden hat.
Sofort sehe ich zwei Benachrichtigungen von WhatsApp, einen verpassten Anruf... und eine Benachrichtigung von Instagram.
Mein Herz klopft automatisch schneller. Mit einem Höchstmaß an Selbstdisziplin ignoriere ich die rote 1 neben der Instagram App und öffne zuerst die beiden WhatsApp-Nachrichten. Sie sind beide von Kim, genau wie der verpasste Anruf.Kim: Hey Maddie, wollte dir nur kurz Bescheid geben, dass Jonas und ich noch frühstücken gehen. Oder besser gesagt Mittagessen. Wir haben wohl ein bisschen verschlafen. Ups! Aber heute Nachmittag bin ich wieder da!
Verpasster Sprachanruf von Kim
Kim: Alles okay bei dir? Die Nachricht geht irgendwie nicht durch. Also... Jonas ist vorhin auf die Idee gekommen, dass wir heute Abend noch ins Kino gehen, also bin ich wahrscheinlich doch erst morgen wieder zuhause. Sorry! Hoffe, du bist nicht sauer. Und meld dich bitte, sobald du das gelesen hast! 😘
Ich seufze. Natürlich bin ich nicht sauer auf sie, wie könnte ich auch? Sie schwebt gerade im siebten Himmel und freut sich einfach sehr darauf, ihren Alltag bald mit Jonas zu teilen.
Dann ist es ja besonders nett von ihr, dass sie dir jetzt schon mal einen Vorgeschmack darauf gibt, wie DEIN Alltag aussieht, sobald sie ausgezogen ist, brummt irgendeine zynische Stimme in meinem Hinterkopf.
Ich beschließe, den missgünstigen Anteil in mir zu ignorieren. Schnell formuliere ich eine Antwort an Kim und schreibe ihr, dass sie sich keine Sorgen machen muss und wünsche ihr viel Spaß im Kino, bevor ich mit zitternden Fingern endlich die Instagram-App öffne.
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Heavenly (Felix Lobrecht)
FanfictionMadeleine hat ein Problem. Als Felix Lobrecht die nächste Ausgabe von seiner Radioshow „99 Problems" veranstaltet, wittert sie ihre Chance und bewirbt sich. Doch sie ahnt nicht, wie nah sie ihrem Lieblingscomedian dadurch wirklich kommen wird... For...