Kapitel 7

560 14 2
                                    

Ein paar Tage später melde ich mich tatsächlich zum Keramik bemalen an. Nach ein wenig Recherche habe ich mir das „pottery art café" in Köln Mitte ausgesucht. Donnerstags gibt es sogar von 19 bis 22 Uhr eine ladies night. Wenn das mal nicht die perfekte Gelegenheit ist, um neue Freundinnen kennenzulernen!
Kurz, nachdem ich meine Reservierung abgeschickt habe, kommt mir ein etwas demotivierender Gedanke. Was, wenn alle außer mir in Begleitung dorthin gehen und ich gar keine Gelegenheit haben werde, jemanden anzusprechen?
Schnell versuche ich, den Gedanken wieder abzuschütteln. Positiv bleiben! Felix hat explizit gesagt, dass ich alleine hingehen und Leute ansprechen soll. Das wird zwar für mich eine Herausforderung, aber kein Ding der Unmöglichkeit. Dann muss ich eben mal über meinen Schatten springen. So schwer kann das eigentlich nicht sein.

Als ich am darauffolgenden Donnerstag um 23 Uhr todmüde ins Bett falle, bin ich zufriedener, als ich gedacht habe. Wie von Felix vorgeschlagen, ist meine Outfit-Wahl auf ein Bandshirt gefallen. Ich habe mir eins von Paramore ausgesucht. Ich bin zwar kein Riesen-Fan, höre die Musik zwischendurch aber sehr gerne und es hat seinen Zweck erfüllt - kaum habe ich angefangen, meine Tasse zu bemalen, hat mich auch schon eine blonde, junge Frau angesprochen.
Wir haben angefangen, zu quatschen, wobei ich erfahren habe, dass sie Lara heißt, 27 Jahre alt und gerade erst nach Köln gezogen ist. Laut ihren Erzählungen hat sie vor kurzem ihr vorheriges Studium abgebrochen und hier in Köln ein neues angefangen. Sie hat es zwar nicht gesagt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie, so wie ich, da war, um Kontakte zu knüpfen.
Am Ende der Session haben wir unsere Nummern getauscht, was ich für den ersten Schritt als Erfolg verbuchen würde. Aber die Frage, ob sie auch „Gemischtes Hack" hört, konnte ich mir gerade noch so verkneifen.

Ich scrolle durch mein Handy und öffne schließlich den Instagram-Chat mit Felix. Auf den ersten Blick sieht unser Nachrichtenverlauf wirklich erbärmlich aus, da er zu 100% aus Nachrichten von mir an ihn besteht. Hin und wieder reagiere ich auf seine Storys, schreibe Nachrichten mit - meiner Meinung nach - lustigen Beobachtungen oder schicke ihm Bezugnahmen zu Themen aus dem Podcast, aber bisher hat er mir noch nie geantwortet. Deshalb weiß ich auch nicht, warum er so selbstbewusst gesagt hat, dass ich ihm ein Beweisfoto vom Keramik-Kurs schicken soll - das mit dem Yoga war hoffentlich ein Scherz - aber egal.
Ich tue ihm den Gefallen und schicke ihm ein Foto von meiner fertigen Tasse, die ich mit ganz simplen Ornamenten nach einer Inspirationsvorlage von Pinterest bemalt habe.
Dann schreibe ich dazu eine kurze Nachricht.

Madeleine: Hi Felix! Hier ist das versprochene Beweisfoto. Ich war heute bei der „ladies night" vom pottery art café hier in Köln und bin sogar mit jemandem ins Gespräch gekommen.
Wir haben Nummern getauscht und wollen vielleicht mal einen Kaffee trinken gehen. War also ein Erfolg! Danke nochmal für den Tipp und einen schönen Abend, Maddie

Dann schalte ich mein Handy in den „nicht stören" Modus, kuschele mich in meine Decke und bin wenige Minuten später eingeschlafen.

Wie ich bereits befürchtet habe, kommt keine Antwort von Felix. Nicht an dem Abend und auch nicht in den nächsten Tagen. Wie soll er meine Nachricht auch sehen unter den tausenden, die er jeden Tag bekommt? Das ist ja fast ein Ding der Unmöglichkeit. Aber es macht mir nichts aus, schließlich habe ich eigentlich auch gar keine Antwort erwartet.
Was mir hingegen etwas ausmacht, und zwar mehr, als mir lieb ist, ist, dass Lara sich nicht meldet. Ich habe ihr ein paar Tage nach dem Kurs geschrieben, um vorsichtig abzutasten, ob unser Kaffee-Vorhaben noch steht, aber bis auf eine „Sorry, gerade hab ich echt viel zu tun, Klausurenphase. Ich melde mich, okay?" - Nachricht kam von ihr nichts zurück. Und da ich von Natur aus realistisch veranlagt bin und in solchen Fällen am liebsten vom schlimmsten ausgehe, weiß ich, dass sie sich höchstwahrscheinlich gar nicht mehr melden wird.
Obwohl es eigentlich albern ist, bin ich schon ein wenig enttäuscht. Sie war mir beim Keramik bemalen so sympathisch gewesen... Aber dann sollte es wohl nicht sein.
Nicht den Kopf in den Sand stecken, Madeleine! Vielleicht wirst du auch eines besseren belehrt und sie meldet sich doch noch. Und selbst, wenn nicht - das war gerade mal mein erster Versuch gewesen. Es gibt noch so viele andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel das mit dem Yoga. Vielleicht sollte ich mich mal schlau machen, welche Angebote es dahingehend in meiner Nähe gibt...
Aber nicht heute. Heute nehme ich mir ausgiebig Zeit für eine ganz entspannte Joggingrunde am Rhein entlang, ganz für mich alleine. Und danach gönne ich mir ein heißes Bad und eine Folge „modern family".
Oder am besten direkt drei.

Heavenly (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt