Kapitel 17

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Der darauffolgende Sonntag fühlt sich an, als würde ich träumen. Ich kann einfach nicht glauben, dass der gestrige Abend wirklich passiert ist. Felix und ich haben uns unterhalten, als ob er kein Comedian und ich kein jahrelanger Fan von ihm wäre. Er hat mir Fragen über mein Leben gestellt und mir gesagt, dass er mich sympathisch findet. Und wir haben uns verabredet. Nochmal.

Ich kann einfach nicht aufhören, vor mich hin zu lächeln. Es freut mich so sehr, dass wir uns so gut verstanden haben und gleichzeitig hat es auch etwas sehr ironisches, dass ich zu „99 Problems" gegangen bin, um Tipps zu bekommen, wie man neue Freunde findet und mich jetzt auf dem besten Weg befinde, mich mit Felix persönlich anzufreunden.
Je mehr ich über den gestrigen Abend und unser Gespräch nachdenke, umso mehr rückt die zynische Stimme, die mir einreden will, dass ich mir keine falschen Hoffnungen machen soll, in den Hintergrund. Aber Hoffnungen worauf eigentlich?
Ich seufze. Fürs erste würde es mir schon reichen, in Felix einen neuen, guten Freund zu haben. Selbst das wäre schon mehr, als ich mir je hätte erträumen können. Ob und was sich daraus eventuell noch entwickeln könnte, daran will ich gar nicht erst denken. Wie ich schon zu Kim gesagt habe: das Kapitel Dating ist für mich abgeschlossen.

Ich verbringe den Tag damit, unsere Wohnung aufzuräumen und staubzusaugen. Schließlich bin ich hier die unordentliche Mitbewohnerin, die überall ihre Sachen herumliegen lässt und nachdem Kim mich das ganze Wochenende lang alleine gelassen hat, sieht die Wohnung auch entsprechend aus.
Als ich mir gegen Mittag eine wohlverdiente Pause auf der Couch gönne, höre ich, wie von außen der Schlüssel im Schloss herumgedreht wird. Mit einem Lächeln im Gesicht springe ich auf und laufe in den Flur, wo Kim gerade die Tür hinter sich abschließt. Als sie mich sieht, fängt sie an zu strahlen, lässt ihre Tasche auf den Boden fallen und breitet die Arme aus. „Komm an meine Brust!"
Lachend laufe ich auf sie zu und falle ihr um den Hals. Wir umarmen uns, als ob wir uns jahrelang nicht gesehen hätten. „Gott, ich hab dich so vermisst!", rufe ich theatralisch aus und presse sie noch fester an mich. Kim kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.
„Ich dich auch, aber ich bekomm keine Luft!", japst sie. Wir lösen uns voneinander und grinsen uns an. „Komm erstmal rein. Ich hab die ganze Wohnung aufgeräumt", verkünde ich stolz. „Und ich hab noch Reste von meinen Lasagne-Versuch im Kühlschrank!"
Kim lacht hell auf. „Kann's kaum abwarten, sie zu probieren!"

Nachdem sie ausgepackt und sich etwas gemütliches angezogen hat, lassen wir uns nebeneinander auf der Couch nieder. Kim schaut mich erwartungsvoll an. „Und, wie war dein Wochenende?"
Schlagartig merke ich, wie mir Hitze in die Wangen schießt. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Naja... tagsüber nicht besonders spannend", murmele ich. „Hab größtenteils hier rumgehangen, aufgeräumt, sauber gemacht, Podcasts gehört und Serien geschaut. Wie immer eigentlich."
„Und abends?" Kim zieht eine Augenbraue hoch und schaut mich fragend an. Mist. Dieses Detail in meiner Erzählung scheint ihr nicht entgangen zu sein.
Ich weiche ihrem Blick aus und überlege fieberhaft, wie ich das, was ich an den letzten beiden Abenden erlebt habe, am besten verpacken soll. Dann entscheide ich mich für die Geradeaus-Variante.
„Am Freitag war ich alleine unterwegs, was trinken, und hab zufällig Felix getroffen. Er hat mich nachhause begleitet und gestern Abend hat er mich dann gefragt, ob ich mich mit ihm zum quatschen treffen will."
Ich hebe den Kopf und schaue meiner Mitbewohnerin in die Augen. In ihrem Blick liegt nur Verwirrung. „Welcher Felix?"
Ich seufze. „Lobrecht", murmele ich. „Er war am Freitagabend mit Tommi in der Kölschbar und ich hab ihn einfach angesprochen, während er draußen eine geraucht hat, und wir..."
„Felix Lobrecht???", unterbricht sie mich und reißt erstaunt die Augen auf. „Der Felix Lobrecht, bei dem wir in der Show waren? Der Felix Lobrecht, der dir Tipps gegeben hat, wie man am besten neue Leute kennenlernt? DER FELIX LOBRECHT?!"
Kurz erwidere ich ihren ungläubigen Blick, dann bricht ein Lachen aus mir heraus. „Ja, Kim, der Felix Lobrecht", antworte ich grinsend.
„Ich weiß doch auch nicht, wie das passiert ist! Wie gesagt, er war auch in der Bar, ich hab ihn angesprochen, wir haben ein Foto gemacht, dann hat er mich irgendwie wiedererkannt und wir sind ins Gespräch gekommen. Und gestern haben wir dann kurz bei Instagram hin und her geschrieben und er hat mich eingeladen..."
„Auf sein Hotelzimmer?" Sie grinst breit und ich stoße ihr einen Ellbogen in die Rippen.
„Nein", antworte ich lachend und verdrehe die Augen. „Ans Kennedy-Ufer. Da haben wir was getrunken und geredet. Und irgendwie haben wir uns wirklich gut verstanden."
„Wow." Kim hebt anerkennend die Augenbrauen und nickt. „So viel Glück muss man erstmal haben!" Sie grinst und ich merke wieder, wie mir Hitze in die Wangen steigt. Hastig winke ich ab. „Ich glaube, das war einfach nur Zufall."
„Klar. Wer kennt's nicht, dass man auf einmal einfach so mit Felix Lobrecht abhängt. Hupsi, so ein Zufall!" Wir müssen beide lachen.
„Krass. Und jetzt?"
„Wie, und jetzt?"
„Na, wie geht es jetzt weiter mit euch? Hat er dich nicht gefragt, ob du mit in sein Hotelzimmer kommen willst?"
Ich muss lachen. „Nein, Kim. Unser Gespräch ist auch gar nicht in so eine Richtung gegangen. Wir haben uns einfach gut unterhalten, das war's. Ach, und ich hab ihm von meinem geplatzten Kaffee-Date mit dieser Lara vom Keramik-Kurs erzählt." Ich hole Luft.
„Und dann hat er vorgeschlagen, dass wir beide einfach einen Kaffee trinken gehen."
„Bitte was?" Sie runzelt die Stirn. „Wie oft ist der denn in Köln?"
Ich muss grinsen. „Wahrscheinlich öfter, als wir denken, aber tatsächlich treffen wir uns das nächste Mal in Berlin. Ich muss doch zu diesem Seminar, das ich eigentlich absagen wollte, aber jetzt fahre ich da wohl doch hin."
„Oh mein Gott!" Sie lacht hell auf und schüttelt ungläubig den Kopf. „Da lässt man dich für ein Wochenende alleine und du machst direkt sowas! Wie soll das denn werden, wenn ich erst ausgezogen bin?"
Mir entfährt ein belustigtes Prusten. „Na, wie schon? Kim, ich geh einen Kaffee mit dem trinken und das war's. Danach sehen wir uns wahrscheinlich nie wieder. Wie soll das denn sonst laufen? Er wohnt in Berlin, ich in Köln. Wir können wohl schlecht ständig hin und her pendeln, nur, weil wir uns ganz nett unterhalten haben. Da kann nicht mehr draus werden, glaub mir. Dafür ist er zu berühmt und zu weit von mir entfernt."
Kim sieht so aus, als ob sie mir kein Wort glaubt. Argwöhnisch hebt sie eine Augenbraue und schmunzelt. „Mhm, klar, und morgen schneit es schwarzen Schnee." Sie gibt mir einen spielerischen Klaps auf den Oberschenkel.
„Aber gut, ich will dir deine Illusionen nicht nehmen."
Sie grinst und steht auf. „Falls du ihn früher wiedersehen willst, kannst du ihn ja mal fragen, ob er nächste Woche vorbeikommt und mir beim Umzug hilft."
Ich lache und stöhne laut auf. „Erinner mich bloß nicht daran!"

Heavenly (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt