Ich fahre herum. Als ich sehe, wer in der geöffneten Tür steht, traue ich meinen Augen kaum. Das gibt's doch nicht!
Mir fallen fast die Augen auf den Kopf, doch ich versuche, mich schnellstmöglich wieder zu fangen. Auf keinen Fall will ich die beiden zu auffällig anstarren.
Schnell drehe ich mich wieder um und fixiere mit meinem Blick einen Punkt hinter dem Tresen.
Cool bleiben, Maddie. Das hier ist die Kölschbar, natürlich kommen ab und zu auch bekannte Gesichter hierher. Aber verdammt, nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass ich Felix hier wiedersehen würde!
Wiedersehen. Mach dich nicht lächerlich.
Höchstwahrscheinlich erinnert er sich gar nicht mehr an mich. Die Show ist jetzt vier Wochen her und er sieht jeden Tag so viele Gesichter, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, dass er noch weiß, wer ich bin.
Und selbst wenn, worüber willst du denn mit ihm reden, Maddie?! Er ist praktisch ein Fremder!Die Stimmen der beiden werden immer lauter, als sie näherkommen und plötzlich hinter mir vorbeilaufen. Als ich Felix' Stimme auf einmal klar und deutlich an meinem Ohr höre, bekomme ich eine Gänsehaut. Scheinbar hat Tommi ihn doch dazu überreden können, hier zu bleiben. Zu meinem Glück.
Ich gebe mir größte Mühe, mich nicht nach den beiden umzudrehen und überlege fieberhaft, was ich jetzt machen soll.
Einfach ignorieren? Nein, ausgeschlossen. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich die beiden nicht mindestens nach einem Foto frage. Also einfach hingehen und ansprechen? Auf gar keinen Fall. Sie sind privat hier, da muss es doch super nervig sein, wenn auf einmal ein Fan wie ich ankommt und ein Foto machen will.
Ich seufze. Die einzige Möglichkeit, die mir bleibt, ist, abzuwarten.Als ich mein zweites Kölsch zur Hälfte ausgetrunken habe, komme ich mir auf einmal furchtbar albern und schäbig vor. Jetzt sitze ich hier an einem Freitagabend ganz alleine in der Kneipe wie die größte Loserin des Landes. Was mach ich hier eigentlich?! Ich fühle mich wie eine verdammte Alkoholikerin, obwohl der Alkohol noch nicht einmal der Grund dafür war, dass ich hierher gekommen bin.
Am besten sollte ich wieder nach Hause gehen...
Auf einmal höre ich, wie die Stimmen von Tommi und Felix sich mir wieder nähern.
Da ich noch immer mit dem Rücken zum Inneren der Bar sitze, kann ich nicht sehen, wo sie hingehen, aber durch das Stimmengewirr und die Fernsehgeräusche hindurch bilde ich mir ein, zu hören, wie sich die Tür der Bar langsam öffnet und wieder schließt.
Entschlossen stelle ich mein halbleeres Kölsch-Glas auf dem Tresen ab. Jetzt oder nie.Ich warte genau drei Minuten, bis ich aufstehe und die Bar verlasse. Auf keinen Fall möchte ich den Eindruck erwecken, dass ich jetzt extra wegen ihnen gehe - auch, wenn es streng genommen so ist.
Vielleicht sind sie auch schon weitergezogen, aber selbst wenn, können sie noch nicht weit sein und ich hätte eine reale Chance darauf, sie noch einzuholen. Klingt gar nicht creepy, Maddie. Reiß dich zusammen!Doch meine Sorgen scheinen unbegründet zu sein. Als ich aus der Kneipe komme, steht Felix vor der Tür und raucht. Tommi ist weit und breit nicht zu sehen.
Ich räuspere mich kurz und mache einen Schritt auf ihn zu. „Äh... hi."
Felix, der in der anderen Hand sein Smartphone hält, schaut mit der Zigarette im Mund zu mir auf. Seine Augenbraue hebt sich und er nickt mir kurz zu. „Hi."
Mir entfährt ein leicht nervöses Lachen. „Sorry, dass ich dich hier draußen störe, aber... können wir vielleicht ein Foto machen?" Nochmal räuspere ich mich. „Ich bin ein großer Fan von... dir."
Mann, Maddie, geht's vielleicht noch peinlicher?! Am liebsten würde ich mir mit der flachen Hand vors Gesicht schlagen. Jetzt fühle ich mich nicht nur wie eine Alkoholikerin, sondern auch wie eine kranke Stalkerin. Oder zumindest wie ein supernerviges Fangirl.
Auf einmal verlässt mich der Mut genauso schnell, wie er gekommen ist. Ich schlucke kurz und winke ab. „Sorry, war blöd von mir. Vergiss es. Hab noch einen schönen Abend."Gerade will ich mich umdrehen und gehen, da sehe ich im Augenwinkel, wie Felix sein Smartphone in die Hosentasche steckt und seine Zigarette auf dem Aschenbecherturm neben ihm ausdrückt.
„Nee, können wir gerne machen." Seine Lippen verziehen sich zum Hauch eines Lächelns. „War eh grad fertig."
Irritiert hebe ich eine Augenbraue. „Sicher?" Er nickt und lächelt nochmal. „Gib mir dein Handy."
Schnell hole ich mein Smartphone hervor und öffne die Kamera-App. Dann stelle ich mich neben ihn und lächele freundlich in den Bildschirm.
Er will gerade auf den Auslöser drücken, da sage ich: „Stop!"
Schnell löse ich die Haarklammer, mit der ich die Seitenpartie weggesteckt hatte und wuschele mir mit der rechten Hand kurz durch die Haare. Dann lege ich sie mit einer gekonnten Bewegung über meine Schulter und werfe ihm kurz ein entschuldigendes Lächeln zu.
„Kann losgehen." Felix lacht kurz auf und schüttelt ein wenig belustigt den Kopf, dann drückt er auf den Auslöser. Mehrmals.
„Danke", sage ich und lächele ihn nochmal freundlich an, während er mir mein Handy zurückgibt.
„Gerne." Ich swipe kurz durch die Fotos, dann stecke ich mein Handy wieder zurück in meine Handtasche. Gerade will ich zu einer Verabschiedung ansetzen, als Felix mir zuvorkommt.
„Sag mal, kennen wir uns irgendwoher?" Ich starre ihn an. Mir stockt der Atem.
Oh nein. Nein, das ist jetzt nicht wahr, oder? Scheiße, Maddie, sag irgendwas!
Ich nicke langsam. „Ja, also ich... war vor ein paar Wochen bei 99 Problems." Ein verlegenes Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus und tatsächlich scheint bei Felix der Groschen zu fallen.
„Ah, ja, genau. Maggie, oder?" Ich muss lachen und schüttele den Kopf. „Maddie. Kurz für Madeleine."
Felix lacht ebenfalls und schnalzt mit der Zunge. „Maddie, genau! Die mit dem außerordentlich langen Namen." Er zwinkert mir zu und mir entfährt ein Glucksen. „Genau die."
„Krass." Er grinst. „Wie war's beim Keramik bemalen?"
Überrascht ziehe ich die Luft ein und schaue ihn mit weit geöffneten Augen an. „Das hast du dir gemerkt?"
Er nickt. „Bin nicht so gut mit Namen, aber sowas spezielles bleibt dann doch hängen." Er grinst nochmal. „Warst du erfolgreich?"
Die Erinnerung an meine gescheiterten Versuche lässt mich seufzen. „Wie man's nimmt. Ich war sogar viermal da, zweimal davon waren Ladies Nights. Beim ersten Mal hab ich eine nette Bekanntschaft gemacht, aber die hat sich danach nicht mehr bei mir gemeldet." Ich seufze. „Dafür hab ich jetzt vier neue Tassen. Und ich war beim Yoga. Dreimal."
Felix pfeift anerkennend durch die Zähne. „Hast aber kein Bild geschickt, oder?"
Ich muss lachen. „Vom Yoga nicht, aber von der ersten Tasse schon."
Felix zieht die Augenbrauen hoch. „Hab ich wahrscheinlich übersehen", murmelt er, während er sein Handy hervorholt. „Warte mal. Wie heißt du bei Instagram?"
Ich nenne ihm meinen Benutzernamen und er wischt kurz auf seinem Bildschirm herum. Schließlich hält er mir sein Handy vor die Nase. „Bist das du?"
Ich nicke. „Ja, das bin ich." Als mein Blick auf die Nachrichten über dem Foto mit der Tasse fällt, verziehe ich das Gesicht. „Lies besser nicht meine ganzen alten Nachrichten. Könnte peinlich werden für mich."
Felix lacht und scrollt in unserem - oder besser gesagt, meinem - Chat ein wenig nach oben. „Sieht doch ganz anständig aus soweit. Wenn du wüsstest, was sich sonst noch so in meinen DMs rumtreibt. Die Abgründe des Menschen sind unergründlich."
Er verdreht die Augen und ich muss lachen. „Ich glaube, der Spruch ging ein bisschen anders."
Schelmisch zwinkere ich ihm zu und er grinst.
Dann entfährt mir ein Seufzen. „Also, um auf deine Frage zurückzukommen: nein, ich war ganz und gar nicht erfolgreich. Nicht bei den vier Keramik-Kursen und nicht bei drei Yoga-Sessions. Scheint so, als wäre ich gänzlich untalentiert darin, neue Leute kennenzulernen." Ich mache eine Pause. „Also, vielen Dank für deine Tipps und so, aber ich schätze, das wird nichts mehr mit mir und meiner neuen Friends-Clique."
Felix lacht leise auf. „Das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen." Ein wenig fragend schaut er mich an. „In welche Richtung musst du?"
Irritiert runzele ich die Stirn, dann drehe ich mich langsam um und deute mit der Hand die Straße runter. „Da lang, wieso?"
Er nickt, dann lächelt er mich an.
„Ich komm mit. Dann musst du nicht zu so später Stunde alleine hier draußen rumlaufen und ich kann mir selbst ein Bild davon machen, ob du wirklich so eine harte Nuss bist."
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Heavenly (Felix Lobrecht)
Hayran KurguMadeleine hat ein Problem. Als Felix Lobrecht die nächste Ausgabe von seiner Radioshow „99 Problems" veranstaltet, wittert sie ihre Chance und bewirbt sich. Doch sie ahnt nicht, wie nah sie ihrem Lieblingscomedian dadurch wirklich kommen wird... For...