#97 Das nächste Jahr

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Erst drei Wochen nach dem Ende der Schulferien bekam Taephorns Mutter mit, dass Leton nicht mehr im King's College war. Wie alle richtig vorausgesagt hatten, war sie alles andere als amüsiert darüber.
Wie Taeran und Leton richtig vorausgesagt hatten versuchte sie Taephorn ebenfalls nach Sore auf die Schule zu schicken – und wie beide prophezeit hatten, scheiterte sie mit diesem Ansinnen.
Als sie dann versucht hatte ihren Sohn auf eine Schule in Khamarinien zu holen war sie zum ersten Mal mit Widerstand von diesem konfrontiert gewesen.
Taephorn hatte das abgelehnt und als sie insistierte ihr erklärt, dass die berühmt-berüchtigte angevinische Presse sicherlich an Details über ihre Versuche ihn mit Leton zu verkuppeln und über seine Beziehungen zum Maripgan Taeran  interessiert sei.
Tommo Mei musste einsehen, dass die Presse dieses Interesse fraglos hatte, ihr Interesse dass sie diese nicht bekäme aber noch größer sei und sie daher zähneknirschend zustimmen musste, dass Taephorn zumindest das Schuljahr in Angeviniana zu Ende bringen würde.
Dass Taephorn am 30. Onemonth¹ allerdings neunzehn und damit auch in Khamarinien volljährig wurde übersah sie dabei in ihrem Ärger völlig.

Taeran und Taephorn genossen es zumindest sehr, dass sie nun – und das fernab ihrer Eltern – zusammen sein konnten.
Letons Freunde waren anfänglich etwas irritiert über dessen plötzliches Verschwinden, doch dann war es Levon, der sich entschlossen an die Spitze des Freundeskreises am King's College setzte, sozusagen Leton vertrat, Taeran energisch in die Gruppe integrierte und dann sogar Alexa mit Margon Slater verkuppelte.

Leton fühlte sich von Anfang an als Gastsohn von An-Taetsin und Meran sehr wohl, die Tatsache, dass er sich nun jederzeit mit Evan und Issan treffen konnte und sogar mit ihnen auf dieselbe Schule ging, war seinem Gefühl des ständigen Glückes in keinster Weise abträglich.
Nur Issan hatte anfänglich echte Probleme mit dem Sitzen...

Ivan hingegen dachte noch sehr lange über die Ereignisse am Dies Natalis Liamman nach.
So intensiv, dass ein Forschungsprojekt aus seinem Nachdenken entstand, welchem er und Mercur einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer schulischen und außerschulischen Aktivitäten widmeten.
Die Frage warum selbst in einer Gesellschaft deren oberster Teil der herrschenden Klasse aus gleichgeschlechtlich liebenden Männern bestand auch nach mehr als zweieinhalb Jahrtausenden noch Vorbehalte und Ablehnung von gleichgeschlechtlich liebenden Männern so virulent war, ließ ihn nicht los.
Und er kam am Ende zu einem Ergebnis, dass nur auf den ersten Blick überraschend war.
Gerade weil es der oberste Teil der herrschenden Klasse war, war das so.
Der Anteil der ausschließlich gleichgeschlechtlich orientierten Männer war in der Gesellschaft Sores nämlich nicht wirklich höher als er das in den Gesellschaften von Angevinien, Kitaien oder Nordenland war.
Auch in Sore allerdings basierten viele der gesellschaftlichen Wertvorstellungen noch auf der Familie oder la casa² und dem Prinzip legitime Nachkommen zu haben.
Männer konnten mit Männern nun einmal überhaupt keine Nachkommen haben. Dagegen war zwar objektiv einzuwenden, dass die Divinobles das sehr wohl konnten. Aber angesichts der langen Lebensdauer der Divinobles gepaart mit deren nicht gerade übergroßen Vermehrungsfreude vergingen bei den Menschen oft Generationen, ohne dass ein Divinoble mit seinem Uxvir Nachwuchs bekam.
Anders ausgedrückt: Die Tatsache, dass die Divinobles mit einem Gefährten des gleichen Geschlechtes Nachwuchs haben konnten war in den Köpfen der Menschen nicht derart präsent, dass es etwas an deren Einstellung zu gleichgeschlechtlich liebenden Männern generell ändern konnte.
Darüberhinaus, da wo es doch präsent war, wurde es als Privileg einer Elite wahrgenommen und traf dann auf die allgemeinen Vorbehalte, welche in einer Bevölkerung den Spitzen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft mal mehr und mal weniger begründet entgegengebracht wurden.
Noch schlimmer sogar: Eine rabiat similiamorame³ Haltung wurde sogar in Teilen der sorenischen Gesellschaft als Ausdruck von anti-elitaristischer Haltung gesehen, wenn auch nicht in einem Maße wie das in Angevinien und Nordenland der Fall war.
Was sogar dazu führte, dass sie auf Menschen trafen die glühende Fans von Isador, Gaston oder Eleonor waren, trotzdem aber sich rabiat similiamoram³ äußerten.

Das Erbe der Götter (zensierte Variante)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt