Das Erbe der Götter (zensierte Variante)

#45 Der richtige Auftritt

Auf einer richtigen Bühne zu stehen mit realen Zuschauern vor der Nase war dann doch noch einmal etwas ganz anderes als in einem Studio eine Aufnahme zu machen.
Eleonor hatte sowas von Lampenfieber doch als im altehrwürdigen Warner Playhouse in 1299 Runswoodland Alley in Angeviniana sich der Bühnenvorhang öffnete und das Licht in dem schweren, altehrwürdigen Kristallleuchter über dem Zuschauersaal langsam verglomm, da war dieses wie weggeblasen.
"That's Eleon!" rief eine weibliche Stimme, Eleonor war für Angevinier wohl etwas schwer auszusprechen und dann jubelten tatsächlich eine ganze Menge der Zuschauer ihm zu.
Fest umfasste Eleonor sein Mikrofon und mutig geworden rief er: "Good evening Angeviniana!"
"Hello Eleon!" rief der Saal zurück.

Dann setze die Band welche man ihm organisiert hatte mit der sanften, getragenen Melodie seine ersten Songs an.
Noch einmal holte Eleonor tief Luft und dann ließ er seine Stimme erklingen:
"I've gotta take a little time
A little time to think things over
I better read between the lines
In case I need it when I'm older..."¹
Alle seine Ängste, dass er die Töne nicht treffen würde, seine Stimme versagen oder er den Text vergessen würde waren wie weggeblasen.
Offensichtlich zog er das Publikum in seinen Bann.
Dann kam er zum Refrain des ersten Songs.
Als sich seine Stimme nun zum ersten Mal mit
"I wanna know what love is
I want thou to show me
I wanna feel what love is
I know thou canst show me"² emporschwang, begannen viele der Zuschauer ihre leuchtenden Callidcoms über ihren Köpfen zu schwenken.
Und da wusste Eleonor, dass er es geschafft hatte.
Er konnte vor einem Publikum aus Fleisch und Blut überzeugen, er konnte es mitreißen.

Als er mit seinem Programm durch war und hinter der Bühne verschwand um selbige Gaston zu überlassen war er voller Euphorie, gefüllt mit Glücksgefühlen und ein bisschen überdreht, fast hätte man meinen können er vibriere wie ein Transformator unter hoher Belastung.

"Junge, du hast es echt drauf" meinte Levon anerkennend, "wenn du den Vibe beibehälst muss mein Bruder aufpassen, dass er nicht dein Nachprogramm wird..."

Doch es sollte noch härter kommen.
Als Gaston zwei Stunden später nun seinerseits ans Ende seiner Darbietungen gekommen war formierte sich unten im Zuschauerraum ein immer lauter anschwellender Sprechchor.
"We want Eleon! An addition from Eleon!"³ skandierte die Menge.
Schließlich wusste das Team von Gaston sich keinen anderen Rat als Eleonor erneut in sein Outfit zu stecken und auf die Bühne zu schicken.
Dort wurde sein Erscheinen mit frenetischen Begeisterungsstürmen gefeiert, dann forderte die Menge: "Sing for us one more time Eleon!"⁴

Bis Gaston tatsächlich zu ihm trat und meinte: "Hast du noch was?"
Eleonor hatte nicht wirklich noch was.
Doch die Begeisterung des Publikums ließ ihn jedes Risiko vergessen.
"Kann deine Band den Song 'Simon' von Isadon of the Towers?" fragte er.
"Na hör' mal, da geht's um meinen Dad" erwiderte Gaston, "natürlich kann die den!"
"Nun dann..." lächelte Eleonor, nahm sich von Gaston das Mikrofon und staunte still wie es augenblicklich still wurde im Warners Playhouse.

Gaston rief seiner Band etwas zu und dann erklangen auch schon die ersten Akkorde.
Und wie einst die Stimme von Isador am Abend der Einführung des Farbfernsehens in Angevinien schien nun auch die Stimme Eleonors wie über den Dingen zu schweben als er nun sang:
"Was a beautiful boy in the old days
And Simon they say was his name
Lived far from the gates of Sore
In a hut made of clay and of straw
It was springtime
On a Sunday
The divar came in a golden chariot
And he saw him, saw Simon the Handsome
Yes, his heart was on fire so hot.
'Thou comst with me now
And I will give thou
Gold and gems
And thou wilt be mine'
'Cannot go with you,' so said Simon
'You cannot force my love
Better a life as free as a bird
Than in a golden cage to be
Better a life as free as a bird
Than in a golden cage to be'..."

Wie schon ein Vierteljahrhundert zuvor zeigte das Werk von Stellariur und Isador Wirkung.
Anders aber als ein Vierteljahrhundert zuvor, ertönte nun kein hysterisches Geschrei von Fans, nein, es herrschte eine ergriffene Stille.
Dann wurde geklatscht und danach erst brach sich die Begeisterung wieder Bahn.