#169 Die Rolle der Frau

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Obwohl er als Erster davongesaust war, kehrte Nathon als Letzter sauber, mit eine lockeren Hose aus dünnem Stoff bekleidet und wohlriechend wieder zu seinen Gefährten zurück.
Offensichtlich fehlte ihm die Übung welche die Anderen hatten.
Keine Augen hatte er für Issan und Leton die in silberglänzenden Hosen aus Cummis bekleidet waren, mit jeweils einem vom Schritt nach hinten in den Po durchgehenden Scindiclusun¹ und deren Schwanzpakete sich unter dieser Hülle deutlich abzeichneten.
"Und wo sind jetzt die Hunde?" wollte er wissen.
Ungläubige Blicke seitens Issan und amüsierte von Evan und Leton erntete er darauf.
"Ich sag mal Elion Bescheid, der muss die erst einmal wecken" erklärte Leton dann.
"Die schlafen jetzt?" Nathon war überrascht, was angesichts der Tatsache, dass es bereits auf den Morgen zuging, etwas überraschend war.
"Ich weiß ja nicht was du um halb Vier in der Nacht so machst" kicherte Evan da auch schon, "aber schlafen scheint mir da keine ungewöhnliche Aktivität zu sein..."
"Oh, werden die wegen mir nun geweckt?" barmte Nathon.
"Sieht so aus" antwortete Issan.
"Das will ich nicht" hub Nathon sofort an, "wir können doch auch morgen..."
"Zu spät" fiel ihm Evan ins Wort, "Leton ist schon zu Elion..."

Als Elion zehn Minuten später mit den Hunden auftauchte, machten die Vier allerdings nicht den Eindruck, als würde es sie stören nun geweckt worden zu sein.
Eifrig wuselten sie um die drei ihnen noch unbekannten jungen Männern herum. Wedelten mit ihren Stummelschwänzchen voller Begeisterung so sehr, dass ihr ganzer Po dabei wiggelte und wackelte.

"Der Hellbraune ist Keksiyksi, der Dicke ist Ahmattimainen, der Kleine heißt Sulionen und der hier Tottelevainen" stellte Leton seine Hunde vor.
"Oh die sind so niedlich" begeisterte Nathon sich und hockte sich sogleich zu Boden um sie zu streicheln.
"Ungewöhnliche Namen" merkte Issan hingegen nach.
"Die kommen aus der Sprache der Ureinwohner von Somien" erklärte Leton.
Gerade als Issan fragen wollte ob die Namen auch eine Bedeutung haben, begann Keksiyski über seinen rechten Fuß zu lecken.
Sofort ging nun auch er auf die Knie.
"Oh du bist aber ein Süßer einer..." säuselte er, während der Hund nun seine Unterarme mit seiner Zunge abschlabberte.
Das tat auch Sulionen bei Nathon.
"Das ist Beschwichtungslecken, passt auf, die wollen dann nur..." wollte Leton gerade noch warnen, da hatte Keksiyksi schon Issans Knie mit seinen Vorderpfoten umklammert und begann sehr eindeutig und schwerlich falsch zu interpretierende Bewegungen mit seinem Hinterleib zu machen.
"Also Issan halten die Wuffis schon mal nicht für einen Grexucaput²" spöttelte Evan da auch schon.
Im selben Moment umklammert Tottelevainen auch schon Nathons linken Arm und begann dasselbe zu machen wie Keksiyski.
"Nathon auch nicht..." stellte Leton fest.
Issan stand einfach auf und meinte: "Haha, sehr witzig..."
"Also ich finde es witzig" erwiderte Leton.
Issan aber bedachte ihn mit einem unzweideutigen Blick, dann wirkte er abgelenkt.
Hätten seine Gefährten genauer hingeschaut, hätten sie vielleicht bemerkt, wie Issans Augen kurz aufleuchteten.
Was sie allerdings bemerkten, war, dass alle vier Hunden plötzlich von Issan und Nathon abließen und sich förmlich auf Evan stürzten und begannen sich an dessen Beinen zu vergnügen.
Als Issan dann aber süffisant anmerkte "Na, wer ist hier jetzt Grexubassussior?"³ war Evan allerdings sofort klar, woher der plötzliche Impuls der Hunde kam.
Leton ebenfalls, wie er sofort bewies. "Issan, geht aus den Köpfen meiner Wuffel!" schimpfte er.
Elion betrachtet das ganze Spektakel mit immer größer werdenden Augen.
Und traute sich dann tatsächlich eine Frage zu stellen.
"Ihr könnt nicht nur Menschen, sondern auch Tiere steuern?" erkundigte er sich ehrfurchtsvoll.
"Und sogar Divinobles" grinste Issan, "ist aber nicht so überraschend, dass man das mit Tieren kann, wenn man es mit Menschen kann. Das konnte schon mein Mator..."
"Isador konnte das?" schien Leton überrascht.
"Sicher, haben dir deine Eltern nie was vom Schwimmen mit den Plalomas erzählt?" konterte Issan.
"Plalomas?" echote Leton verwirrt.
"Ja, als sie auf Otaheiti waren" erwiderte Issan so, als wenn damit alle Unklarheiten beseitigt wären.
Nathon, dessen Mator ja ebenso wie der von Issan ein Singer war, wusste allerdings von welchem Aufenthalt auf Otaheiti da die Rede war.
Mit leicht anzüglichem Unterton begann er zu trällern:
"O Otaheitiam noctas
Las addves l'amo ad noias
Igo videro pensam abnu'as
Ut la fabula evenirve
Dum siderions lucerves
Et las mandolas sonarves
Suo cubarv'in pace defixurves
Quelh'ad noi nox sol'ferre
Et igo esvo solo amo
Virtuosam voleram
Sentiro ad sossas manes
Qu'elab'ro noniam!
Otaheitiam noctas
Tuo Otaheiti belli
Et suo mios carionamos
Revenirfes abnuo."⁴
Das ab 'lucerves' auch noch Suloinen  fröhlich mitjaulte, setzte dem Ganzen dann förmlich die Krone auf
Nun aber wusste auch Leton von welchem Aufenthalt auf Otaheiti die Rede war.
"Die sind mit Plalomas geschwommen an dem Tag, wo sie beschlossen haben uns zeitgleich zu bekommen um uns später zusammen zu bringen?" war er verblüfft.
"Die haben das abgesprochen?" fiel da wiederum Issan aus allen Wolken, "ich dachte mein Mator hat alle dazu gebracht gemeinsam..."
"Vermutlich haben sie es erst abgesprochen und dann hat dein Mator die anderen dazu gebracht" mischte sich nun Nathon ein.
"Wie kommst du darauf?" erkundigte sich nun Evan.
"Denkst du es ist Zufall, dass soviele von uns innerhalb von weniger als zehn Monaten ins Leben kamen?" erwiderte Nathon.
"Zufall ist es ganz sicher nicht" pflichtete Issan ihm bei, "aber dass es mit manchen abgesprochen war, wusste ich auch nicht..."
Elions Gedanken aber waren in der Zeit in eine ganz andere Richtung gegangen. "Wenn das mit Hunden geht. Und mit Plalomas" fragte er weiterhin voller Respekt, "wie ist das mit anderen Tieren?"
"Was für anderen Tieren?" stellte Issan ihm eine Gegenfrage.
"Li...Lions?" lautete etwas stotternd dessen Antwort.
"Magnagatas⁵ also..." verstand Issan, "was ist mit denen?"
Elions Stimme war noch einmal mehr von Ehrfurcht gefärbt als er erklärte: "Ihr.... Ihr könntet auf einem durch die Stadt reiten..."
Der Silberhaarige schaute ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Dann aber begann er breit zu Grinsen: "Das.... das Elion ist eine echt geniale Idee!"
"Das machst du nicht wirklich..." gab sich Nathon skeptisch.
"Na und ob" lachte Issan, "die Frage ist nur, wo finde ich hier den Nächsten?"
"Hoffentlich nicht" mahnte Evan zur Vernunft, "sonst reitet du gleich auf einer Magnagata in den Kuppelsaal ein..."
"Wäre das nicht wunderbar?" jauchzte Issan.
"Ja" erwiderte Leton trocken, "wunderbar bescheuert!"
"Och menno, da hat einer mal eine gute Idee..." maulte Issan worauf Nathon kess parierte: "....aber zum Glück wenigstens kein Lion dabei!"
"Da kann Elion froh sein" merkte Evan nun ironisch an, "denn Issan hätte ihn sonst glatt zu seinem Lion-Boy gemacht..."
"I am definitely a dogs guy"⁶ erklärte Elion da immernoch sichtlich beeindruckt.
"Jo – und zu deinem Glück gibt es keine Magnocanions auf denen Issan  reiten könnte..." stellte Nathon nun ebenfalls lachend fest.

Malik Amir al Bahr wal Bilad Halim bin Hakim al Durran, der regierende Herrscher von Choresmia, fühlte sich nun allerdings auch bemüßigt etwas zu sagen.
"Frauen" begann er und sein feuriger Blick durchbohrte Taephorn förmlich während er dessen Mutter keines Blickes würdigte, "sind nützlich zu haben, denn wer will keine Söhne? So haben Wir natürlich auch ein paar davon. Daheim wo sie hingehören und nicht auf dem Thron wo sie nur Unsinn machen!
Wie schon unser großer Gelehrter Rahmin bin Alin al Dschauzi vor mehr als neunhundert Jahren sehr weise feststellte: Derjenige, der behauptet, dass er keine Begierde empfindet wenn er schöne Jungen anblickt, ist ein Lügner, und wenn wir ihm glauben könnten, wäre er ein Tier, nicht ein menschliches Wesen.
Elohim muss euch Alnubala' alsamawia wahrlich lieben, hat er euch doch nicht nur ein langes Leben beschert sondern auch die Gunst erwiesen, Söhne mit einem Gefährten eurer Wahl zu bekommen."

Elohim war der choresmische Name für Elohan, wo man die Vorstellung von dessen Dreigestalt allerdings ablehnte und ihn daher auch mit Godan gleichsetzte.
Was allerdings Alnubala' alsamawia bedeutete wusste Taephorn nicht und so raunte er zu Taeran: "Wen meint er?"
Taeran wusste es: "Alnubala' alsamawia sind 'himmlische Adelige' und damit meint er die Divinobles."

König Halim war allerdings noch nicht fertig: "Alin bin Amin bin Hazim al Beriasi, ein anderer weiser Mann aus Choresmien schrieb vor über tausend Jahren in seiner bekannten Abhandlung 'Das Halsband der Taube – Über die Liebe und die Liebenden' folgende weise Worte: 'Die Liebe wird vom Glauben weder missbilligt, noch vom Gesetz verboten, denn die Herzen sind ja in der Hand Elohims des Mächtigen und Erhabenen.'
Wie können Wir da einem Weibe erlauben, einen Mann seines berechtigten Anspruchs auf die Herrschaft zu berauben, weil sie eine Liebe mißbillig die doch von Elohim, dem Allmächtigen, gebilligt wird? Das wird in Choresmien niemals passieren!"

Nicht, dass Tommo Mei auf Unterstützung aus Choresmien gehofft hatte, aber das war noch einmal etwas ganz anderes als eine bloße Versagung der Unterstützung.

"Dann hoffen Wir mal, dass die Frauen von Choresmia auch noch gelegentlich unnütze Töchter gebähren" konterte sie mit ätzender Stimme, "nicht, dass die Söhne des Landes eines Tages keine Söhne mehr bekommen können weil es ihnen an den dafür notwendigen Frauen mangelt."

Tatsächlich erntete sie durchaus Gelächter. Denn auch wenn es keine weiblichen Divinobles (mehr) gab, waren sich auch diese durchaus bewusst darüber, dass sie ohne Frauen unweigerlich aussterben würden. Ohne die Leihmutterschaft der Priesterinnen der Maiahula würden auch die stolzesten Divinobles unweigerlich aussterben.
Insofern empfand man auch in Sore die choresmische Sicht als etwas rückständig und irgendwie auch ein wenig lächerlich.

Nichtsdestotrotz war Tommo Mei klar, dass sie sich mit einer Verweigerung der Vermählung von Taephorn als Kronprinz mit Taeran nun lächerlich gemacht hätte.
So wandte sie sich mit einem gekünstelten Lächeln an Taeran und sprach zu ihm: "Was die Götter zusammengefügt hat, dürfen die Menschen nicht trennen.
So nehmt denn hin die Hand meines Sohnes, des Prinzen Liang Tommo Taephorn, des Kronprinzen von Khamarinien im Vertrauen, dass Ihr Eure Versprechen Ihm gegenüber auch einhaltet, jetzt und solange Eure Zeit auf Bumia andauert."

Mit diesen Worten fasste sie die linke Hand des verdutzten Taephorn und legte diese im die rechte Hand des nicht minder überraschten Taeran.
Der fing sich jedoch rasch und das glückliche Strahlen seines Gesichtes, das Leuchten seiner Augen als er sich nun Taephorn zuwandte, waren so echt wie sie nur sein konnten.
"Ich schwöre Dir, du wirst es niemals bereuen dich für mich entschieden zu haben. Jetzt nicht und in tausend Jahren nicht!"

¹Scindiclusun = Reißverschluss
²Grexucaput = Alpha, Rudelführer
³Grexubassussior = Rudelniedrigster, Omega
⁴Oh otaheitische Nächte
Die uns die Liebe brachten
Noch immer sehe ich in Gedanken
Wie das Märchen geschah
Während die Sterne leuchteten
Und Mandolinen erklangen
Ihr lagt da in Frieden versunken
Den die Nacht uns nur bietet
Und ich war nur Liebe
Wundertätig berauschend (fliegend im sex. Sinne)
Verspürte ich in euren Händen
Das vergesse ich nie!
Otaheitische Nächte
Du schönes Otaheiti
Und ihr meine Geliebten
Kommt noch einmal zurück
⁵Magnagatas = Großkatzen
⁶Ich bin definitiv ein Hundetyp

Das Erbe der Götter (zensierte Variante)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt