Mindestlohn und Dreistigkeit

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15.02.2024

So richtig hab ich das ja gar nicht geplant, was das hier soll. Aber es gewinnt eine Art Tagebuch-Charakter, wenn ich immer oben den Tag dazu schreibe. Ist eigentlich auch nützlich, wenn ich später mal zurück schaue. Lässt sich besser zurück verfolgen und so. Wie dem auch sei, nun habe ich ein paar Tage übersprungen und das passt nun so gar nicht zu einem Tagebuch. Ganz uneigentlich schreibe ich eh nur für mich, um meine Gedanken zu sortieren.

Was will ich heute sortieren? Ich habe eine Zusage für ein Vorstellungsgespräch bekommen. Das wird ende Februar sein. Das ist die einzige Stelle, auf die ich mich bewerben wollte. So funktioniert die Arbeitswelt nicht, hat man mir gesagt. Du musst hunderte von Bewerbungen schreiben, bevor du eine Zusage bekommst. Deshalb hab ich ja noch fünf weitere geschrieben. (was auch schon deutlich weniger ist als 100). Was sagen wir nun? Ich hab ein Bewerbungsgespräch bekommen. Wie das wird und ob ich danach genommen werde, das ist wieder eine andere Sache.

Gestern habe ich dann auch ein Jobangebot bekommen von meinem jetzigen Chef, bei dem ich einen Job als studentische Aushilfe habe. Wirklich bleiben will ich da nicht. Warum? Weil ich der einizige Angestellte bin. Wenn etwas mal nicht funktioniert, dann wird das irgendwie meine Schuld sein. Da ich seit einem halben Jahr weiß, dass spätestens ab April einiges schief gehen wird (und mir nach wiederholten Anmerkungen nicht geglaubt wurde), will ich vor April da weg sein. Das Problem für meinen Chef: wenn ich gehe, geht auch sehr viel Wissen. Wie gesagt, ich arbeite dort im Moment alleine. Natürlich würde vorher eine Übergabe stattfinden (wenn sich jemand anderes findet, der meinen Job übernimmt), sodass mein Wissen nicht vollkommen verloren geht, aber dennoch ist das nicht besonders einfach. Ich habe es eventuell auch etwas drauf angelegt und möglichst wenig von dem, was ich bei der Arbeit mache, an meinen Chef weiter geleitet. Damit gerade diese Situation entsteht, dass er mich nach Auslauf meines Vertrags und Beendigung meines Studiums behalten muss. Dabei hat auch gut geholfen, dass er zwei Monate lang krank/im Krankenhaus/auf Reha war. Dadurch habe ich viele seiner Aufgaben übernommen und mache die auch bis heute noch.

Nachdem alle "Erwachsenen" in meinem Umfeld der Meinung waren, dass es unglaublich schwierig werden würde, einen Job nach dem Studium zu bekommen, und ich ihnen das geglaubt habe (wenn etwas oft genug wiederholt wird, glaubt man es eben irgendwann), wollte ich zumindest die Sicherheit haben, dass ich diese Arbeitsstelle behalten werde. Hat geklappt, ich hab das Jobangebot. Aber: Es ist wirklich schlecht. Schlecht schlecht. Eigentlich schon unter der Menschenwürde schlecht. Mir wurde ein monatlicher Lohn von 1.300€ angeboten (Was heutzutage bei den gestiegenen Lebenshaltungskosten ja schon sehr wenig ist.). Dazu kommt aber noch, dass ich keine feste Stundenzahl habe. Nein, die 1.300€ bekomme ich unabhängig von der Stundenzahl, denn mein Chef benötigt mich beispielsweise im Winter nicht so sehr wie im Frühjahr. Das heißt, im Winter würde ich ggf. nur 20 Stunden in der Woche arbeiten, dafür im Frühjahr 40. Und bitte überlegt mal, was 1.300€ gerechnet auf 40 Stunden pro Woche für ein Stundenlohn ist. Weniger als 8€. Das ist (deutlich) unter dem Mindestlohn???????

Ungeachtet dem Mindestlohn,  1.300€ ist einfach zu wenig. Da gehen Steuern ab. Miete, Nebenkosten. Laufende Kosten wie Wlan, Handyvertrag, Krankenkassen, Versicherungen, GEZ, alles sowas. Dann zieht man noch Kosten für Lebensmittel ab. Was bleibt mir? 100-150€. Auch nur, weil ich einer 25qm Wohnung wohne, sonst würde ja gar nichts mehr bleiben. Jetzt stellt euch mal vor, meine Waschmaschine geht kaputt. Das ist natürlich eine Sache, die nicht täglich passiert, aber es kann immer mal zu größeren Anschaffungen kommen. Wovon soll ich die zahlen? Ich möchte mir von meinem Gehalt leisten können, in meinem Urlaub auch in den Urlaub fliegen zu können. Das geht doch alles gar nicht. Ohne ein Berufsfeld beleidigen zu wollen, aber ich könnte ja sogar irgendwo an der Kasse arbeiten und würde dort mehr verdienen. Ich könnte fast überall arbeiten und mehr verdienen. Wenn ich irgendwo 40 Stunden in der Woche Müll sammeln gehe, bekomme ich mit dem Mindestlohn immer noch fast 2.200€ im Monat. Kann mir mal einer sagen, was ich dann für 1.300€ dort im Büro sitzen und weiterhin die Arbeit für drei Personen machen soll, nur weil mein Chef keine weitere Person einstellt?

Als ich dann erwähnt habe, dass ich auf das Angebot jetzt noch nicht antworten kann, war mein Chef total irritiert. Er hat wohl nicht gedacht (genauso wenig wie alle anderen "Erwachsenen" in meinem Leben), dass ich tatsächlich irgendwo anders in Frage kommen könnte. Dass ich mich auf Jobs bewerbe, habe ich ihm zuvor schon gesagt. Er will meine Antwort auf sein Angebot schon morgen, hat er gesagt. Ich werde nicht antworten.  Er weiß, ich habe das Vorstellungsgespräch. Ich habe ihm gesagt, da gehe ich hin. Ich kann frühstens danach eine Antwort geben, habe ich ihm gesagt. Wenn sein Angebot danach nicht mehr gültig ist, hat er halt Pech? Es gibt genug offene Stellen und ich bin dazu bereit, jede Stelle zu nehmen (solange sie sich an Arbeitnehmerrechte hält). 

Wie auch immer, ich konzentriere mich jetzt auf das Vorstellungsgespräch Ende Februar. Ich manifestiere, dass die mich annehmen. Dann muss ich zwar umziehen und das kostet alles viel Energie. Aber dass ich dort in dem Unternehmen arbeiten werde, das manifestiere ich seit 2017, also (slay).

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