06.10.2024Ich fahre wieder nach Hause, bin auch mal wieder der böse. Meine Mutter ist beleidigt, obwohl nichts passiert ist. Eigentlich ergibt das alles keinen Sinn. Ich saß und habe Musik gehört. Ein ganz neues Lied. Das habe ich vorher noch nie gehört. Meine Mutter kam dazu und redete die ganze Zeit, ob mir solche Musik gefallen würde. Das hätte sie ja nie gedacht, blablabla. Ich hab gesagt, dass ich nicht weiß, ob ich das mag und sie soll bitte leise sein, dass ich es hören kann.
Hat sie aufgehört zu reden? Nein. Aber gut. Dann kam das nächste Lied, mein Vater kam und zog die Vorhänge zu. Meine Mutter beschwerte sich, sie würde das Licht zum Lesen brauchen. Es ging eine Diskussion los. Ich hatte darum gebeten, dass man leise sein könnte, ich würde Musik hören wollen. Meine Mutter meint, sie geht in ein anderes Zimmer, zum Lesen. Mein Vater sagt, das soll sie nicht. Es geht eine weitere Diskussion los. Ich sage noch einmal deutlich, dass es mich stört, wenn alle diskutieren, während ich Musik höre. Und dann ging's los, meine Mutter weint, sie dachte, wir können uns einfach mal normal unterhalten, wir sehen uns doch so selten. Sie ging beleidigt in das Zimmer, in das sie eh wollte. Und mein Vater ist sauer auf mich, ich hätte meine Mutter traurig gemacht.
Hä?
Hääää?
Wir haben uns doch gar nicht unterhalten, wir wollten uns auch gar nicht unterhalten, meine Mutter wollte lesen und ich Musik hören. Ich habe nicht gesagt, dass man gar nicht reden darf, ich hab nur gesagt, dass ich meine Ruhe haben will und mich Diskussionen stören. Mehr war doch gar nicht. Aber ich bin jetzt der Böse. Die letzten Tage ging's nur noch darum, dass meine Mutter ja in meiner Anwesenheit nicht reden dürfte (sehr erwachsen).
Nun fahre ich zurück und ich muss sagen, ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich wirklich in der Situation falsch gehandelt habe. Nachts hab ich ewig nicht schlafen können, weil wenn alle sagen, ich hätte falsch gehandelt, ist das wohl die Wahrheit? Aber ich sehe das nicht. Egal wie ich es drehe und wende, ich sehe das nicht. Und ich bin froh, dass ich wieder nach Hause fahre. Da diskutiert keiner.
Das eigene Zuhause, was ist das eigentlich? Ich stelle mir diese Frage, seit ich ausgezogen bin. In den ersten Wochen war mein Zuhause trotzdem bei meinen Eltern, zumindest gedanklich. Obwohl ich ihm Studentenwohnheim gewohnt habe. Das hätte mein Zuhause sein sollen, aber das wollte ich nicht, dort ging es mir so schlecht. Alle zwei Wochen bin ich Freitags zu meinen Eltern und Sonntags zurück ins Wohnheim gefahren und ich Frage mich inzwischen, wie ich das geschafft habe, der Weg ist ja so weit und stressig. Aber es war weniger stressig als im Studentenwohnheim zu sein. Deshalb habe ich das gemacht.
Je älter ich werde, desto mehr passe ich nicht mehr zu meinen Eltern, weil ich durch den räumlichen Abstand verstehe, was alles falsch gelaufen ist und immer noch falsch läuft. Ich bin froh, wenn ich zurück nach Hause fahre, ich bin immer leicht irritiert, wenn ich zu ihnen fahre. Wenn das nicht meine Eltern wären, hätte ich ja schon lange keinen Kontakt mehr.
Ich würde jetzt behaupten, dass meine Wohnung mein Zuhause ist. Ich bin gerne da und weg fahren stresst mich mehr als dort zu sein. Gleichzeitig ist das Wort immer noch sehr flexibel. Als ich in Warschau oder in Prag war, hab ich das Hotel mein "Zuhause" genannt. Als ich in Finnland war, hab ich die Studentenwohnheime dort mein "Zuhause" genannt. An diesen Orten war ich nie länger als einen Monat.
Wenn mich jemand Fremdes fragt, wo ich her komme, dann nenne ich doch nicht den Ort, in dem meine Wohnung steht. In der Schule wurden wir einmal gefragt, was wir eher als Heimat bezeichnen: Europa, Deutschland, Bundesland oder Stadt/Dorf. Ich hatte die Frage nicht verstanden, ich dachte: wer identifiziert sich denn bitte zu erst als Europäer? Wer identifiziert sich zu erst als Deutscher? Aber das ist immer sehr kontextabhängig. In den USA würde ich mich vielleicht als Europäer sehen. In Europa sehe ich mich nicht als Deutscher, aber es mag Deutsche geben, die sich sehr gut mit dem Land identifizieren können. Ich identifiziere mich auch nicht über ein Bundesland. Auch nicht über eine Stadt. Wobei manche, deren Heimatstadt gewisse charakterliche Merkmale hat, sich wohl gut mit ihrer Stadt identifizieren könnten. Berlin, München, Hamburg, man verbindet ja was damit.
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Abendgedanken
RandomManchmal ist mein Kopf voll von irgendwas und ich weiß aber gar nicht, was dieses irgendwas ist. Ich weiß nur, dass es irgendwie raus muss. Begleite mich dabei, wie ich versuche, dieses irgendwas los zu werden.