Abendgedanken

Bereuen, Zwingen, Wissen

21.09.2024

Bereust du etwas?

Ich finde, das ist eine ganz komische Frage. Etwas zu bereuen impliziert, dass man jetzt im Nachhinein gerne anders gehandelt hätte in welcher Situation auch immer. Die Leute wollen das gerne wissen, sie fragen sowas. Zumindest wurde ich das schon ein paar mal gefragt und daraus schließe ich, dass es eine normale Frage zu sein scheint. Die Leute wollen wissen, wann ich in meinem Leben einen Fehler gemacht habe oder zumindest der Meinung bin, dass es sich tatsächlich um einen Fehler gehandelt haben könnte. Ist das nicht ein bisschen so, wie einem Unfall zu zu sehen, nur erzählt aus der Vergangenheit? Warum wollen die Leute sowas wissen?

Noch nie in meinem Leben habe ich mir gedacht: Aber jetzt möchte ich gerne wissen, wann Person xy in ihrem Leben mal so richtig verkackt hat. Vor allem weil es so subjektiv ist. Vielleicht bereue ich, dass ich den Erdbeerkuchen genommen habe, weil ich jetzt viel lieber Schokokuchen hätte. Aber insgesamt war es kein Fehler, einen Kuchen zu kaufen.

Vielleicht verstehe ich das auch einfach nicht, dieses Bereuen. Denn: was soll das eigentlich heißen? Warum sollte ich irgendwas bereuen? Natürlich bin ich jetzt, Jahre später, intelligenter und erkenne, das manche Entscheidungen gottlos dumm waren. Trotzdem heißt das nicht, dass ich meine Taten bereue. Überhaupt nichts, das ich jemals getan habe, würde ich bereuen. Warum sollte ich auch? Aber man soll ja nicht von sich auf andere schließen, vor allem dann nicht, wenn man sich in so vielen Dingen von dem unterscheidet, was die Gesellschaft als Durchschnitt ansieht.

Ich für mich persönlich kann behaupten, ich habe in jeder Situation so gehandelt, wie es mir in dem Moment meines Lebens möglich war. Ich kann doch nicht bereuen, das beste gegeben oder guten Willen gezeigt zu haben. Selbst wenn das dazu geführt hat, dass etwas weniger gutes passiert ist. "Aldrig en god afsigt kan rättfärdiga ett dåligt arbete." Gottlund (1820) hatte ja Recht, eine gute Absicht kann niemals eine schlechte Arbeit rechtertigen. Und ich benutze dieses Zitat zu oft. Aber ich persönlich kann mir selbst nicht böse sein, wenn ich weiß, dass es in der damaligen Situation nicht anders ging.

Wahrscheinlich bezieht sich das mit dem Bereuen auf Menschen, die richtig schlimme Sachen machen? Wobei "richtig schlimm" auch wieder Ansichtssache ist. Und irgendwie hängt das doch sehr mit dem Charakter eines Menschen zusammen, denn es gibt genug Schwerverbrecher, die ihre Taten nicht bereuen. Bereuen hat vielleicht etwas mit emotionaler Intelligenz zu tun, wovon ich manchmal nicht genug habe.

Eigentlich ist es wirklich wichtig, Dinge zu tun, die falsch sind. Glaube ich zumindest. Es ist wichtig, Dinge zu tun, bei denen man hinterher sagen könnte, dass man sie bereut. In einem gewissen Maße natürlich. Aus so etwas kann man am besten lernen und sich selbst verändern, denke ich. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich oft zu Dingen zwinge, auf die ich gar keine Lust habe oder mit denen ich mich unwohl fühle. Das sind dann meistens soziale Interaktionen, sowas wie eine Veranstaltung zum Beispiel.

2018 war ich auf meinem ersten Mittsommerfest. Und da wollte ich nicht hin, denn ich hasse Menschenansammlungen, laute Musik und sowas. Aber ich hab das gemacht, denn ich fand, es wäre eine wichtige Erfahrung, aus der ich lernen kann. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es eine dumme Entscheidung war, weil ich von Anfang an Recht hatte. Ich hasse Menschenansammlungen und (schlechte) laute Musik immer noch. Irgendwie war es auch mehr eine Qual, dort zu sein. Gelernt habe ich nur, dass Olivia, die ich davor schon nicht leiden konnte (aber ohne Grund), tatsächlich ein widerlicher Mensch ist. Als ich dort ankam, sagte sie zu mir (Zitat): Du siehst richtig gut aus. Nicht so wie sonst.
Danach hat sie bestimmt 15 Minuten lang versucht, mir einzureden, dass sie das ganz anders gemeint hatte, als sie es gesagt hatte. Den Rest des Abends erspare ich allen Lesern, in meinem Gehirn ist der Tag auf jeden Fall noch gut abgespeichert und damit muss das reichen.