Über gekochte Kartoffeln

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15.03.2024

Ich habe fast das Gefühl, mich erklären zu müssen. Dafür, dass meine "Abendgedanken" nicht besonders positiv sind. Aber ich muss mich nicht erklären, ist ja mein Buch. Ich kann schreiben, was ich will. Über positive Dinge hat man meistens nicht so viel zu erzählen, wie über negative. Ich rege mich auch grundsätzlich gerne auf. Dafür ist das auch eigentlich gedacht. Wie das rüber kommt, kann mir egal sein.

Mitte März bekomme ich eine Rückmeldung, hat man mir beim Vorstellungsgespräch gesagt. Ich finde, heute ist Mitte März. Keine Rückmeldung bis jetzt. Egal, man bleibt positiv. Bestimmt Anfang der Woche. Und wenn nicht, melde ich mich eben zurück und frag mal ganz unauffällig nach.

Eine gute Nachricht habe ich auf jeden Fall: Meine Stiefel befinden sich in Reparatur und werden Donnerstag fertig sein. Man kann sie scheinbar retten und es wird nicht mal 50% des Kaufpreises kosten, sondern "nur" 1/4. Fast schon günstig.

Das wars auch schon mit den guten Nachrichten. Mein Chef hatte mich Dienstag gefragt, wann ich nächste Woche Dienst mache. Wahrscheinlich wie immer (Montag und Dienstag sind meine regulären Tage, auch wenn ich in den letzten Monaten oft jeden Tag gemacht habe), habe ich gesagt. Mehr kann und will ich nicht machen. Ob ich Mittwoch und Donnerstag machen könnte, wurde ich dann Mittwoch gefragt. Weiß ich noch nicht, kann ich erst Freitag abend sagen. Kurz darauf hieß es dann, ich soll Dienstag und Donnerstag. Ich weiß immer noch nicht, ich weiß es erst Freitag abend. Naja Freitag abend ist jetzt. Ja, ich kann Dienstag und Donnerstag. Schreibe ich in die Gruppe, die eigentlich überflüssig ist, aber die Sekretärin ist halt auch mit drin.

Kurz darauf eine private Nachricht von meinem Chef. Ich soll auf jeden Fall unbedingt Montag kommen, egal wie der Dienstplan nun aussieht. Aber wenn er will, dass ich drei Tage in der Woche komme, sag das doch direkt? Wozu dieses hin und her?

Ich habe keine Lust mehr, mein halbes Leben auf der Arbeit zu verbringen (Aufgrund des beschissenen Angebots, das ich bekommen habe). Davon abgesehen darf ich rein rechtlich gesehen diesen Monat nur noch 9 Stunden arbeiten. Es ist also gar nicht möglich, dass ich mehr als zwei Tage mache.

Meine Antwort also in den Gruppenchat: Ich komme Montag und Dienstag ODER Dienstag und Donnerstag. Keine Reaktion. Naja ist mir auch egal. Eigentlich kann er froh sein, dass ich überhaupt noch komme. Da jetzt offiziell Wochenende ist, genug über die Arbeit für heute.

Etwas irritiert bin ich, dass echt manche Leute Wattpad mit einer Dating-Seite zu verwechseln scheinen. Ich will niemanden kennen lernen, dafür bin ich doch nicht hier. Ich will hier ein paar Wörter schreiben und die Wörter von anderen Leuten lesen. Überhaupt, an welcher Stelle wirkt mein Profil oder meine Texte so, als hätte ich Interesse, völlig fremde Menschen über den privaten Chat zu daten?

Gerne tausche ich mich kurz aus. Meinetwegen auch etwas länger. Ich will aber niemanden daten. Ganz grundsätzlich nicht. Das scheinen viele Menschen nicht zu verstehen, vor allem meine Tante. Die sucht ständig nach Leuten, die mir gefallen könnten. Es interessiert scheinbar niemanden, dass ich in meinem Leben noch nie interessiert daran war, jemanden kennenzulernen. Es war noch nie so und ist auch im Moment nicht so.

Das erinnert mich daran, wie mir meine Mutter als Kind nicht glauben wollte, dass ich gekochte Kartoffeln aufgrund der Konsistenz nicht mag und nicht, weil sie mir nicht schmecken. Das hat dann damit geendet, dass meine Mutter so wütend auf mich war und so viel auf mich eingeredet hat, dass ich das komplette Essen vor Aufregung auf den Tisch gekotzt habe. 

Ich sehe Kartoffeln und ich weiß, dass sie grundsätzlich schmecken. Ändert ja nichts daran, dass ich sie nicht essen will. Ich sehe Menschen und ich weiß, dass sie grundsätzlich gut aussehen oder irgendwie symphatisch sind. Ändert nichts daran, dass ich keine romantische Beziehung will. Ich sehe einfach diesen Vorteil darin nicht, den viele andere Menschen darin zu sehen scheinen. Ich esse stattdessen gerne Pommes und bin stattdessen gerne in einer freundschaftlichen Beziehung.

Überhaupt, warum stört das andere Menschen so sehr? Es tangiert ihr Leben überhaupt nicht, wenn ich single bin oder keine gekochten Kartoffeln esse. An ihrem eigenen Leben ändert es überhaupt nichts. Mir wurde deswegen mal vorgeworfen, ich würde mich für Gott halten, denn Liebe sei ein menschliches Grundbedürfnis, das nur Gott nicht hat. Das fand ich dann schon fast lustig. Wer will, kann mich gerne als Gott bezeichnen, dagegen habe ich auch nichts.

Ich werde das Wochenende jetzt damit verbringen, auf die Post zu warten. Ich hab mir eine Switch bestellt. Ich weiß, ich bin damit viele Jahre hinter dem Trend. Ist mir aber egal. Als das Teil populär war, hatte ich nicht spontan so viel Geld, um mir eine zu kaufen. Hab ich immer noch nicht, aber ich mache jetzt seit Jahren bei Forschungsstudien mit und bekomme dafür immer ein kleines Guthaben. Über die Jahre hat sich genug angesammelt, dass ich mir jetzt die Switch bestellen konnte. Müssen die ja nicht wissen, dass es mir Spaß macht, an diesen Studien teilzunehmen. Das würde ich sogar kostenlos tun.

Dadurch fühlt es sich jetzt so an, als wäre auch die Switch kostenlos gewesen. Ich hoffe, dass sie morgen ankommt, damit ich den Sonntag damit verbringen kann, Mario Kart zu spielen. Das ist dann vielleicht das neue Hobby, das ich verzweifelt suche. Vielleicht auch nicht, wir werden es dann sehen.

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