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Diese Gedanken ließen mich auch die nächste Woche nicht los. Die Tage, bis er endlich wieder hier war zogen sich ins unendliche, unsere ebenso endlosen Gespräche über Textmessages machten es zwar erträglicher, doch sie steigerten die Sehnsucht ihn bei mir zu haben nur noch weiter. Wir konnten seit dem Abend nicht mehr telefonieren, weil er entweder irgendwo unterwegs war oder ich mit der Arbeit beschäftigt war.
Er schrieb mir am Freitag spät nachts Bin gut gelandet und wäre ich nicht aufgrund der anstrengenden Woche so kaputt und bereits tief im Schlaf versunken gewesen hätte ich ihn vielleicht abgeholt. Mit einem Strauß Rosen. Im Anzug. Wobei das viel zu viel gewesen wäre aber selbst zu viel war nicht genug um das auszudrücken, was in mir tobte.
Ein Sturm.
Wieder einmal.
Aber diesmal hatte ich keine Angst, hineingezogen zu werden. Schließlich ist im Zentrum eines Tornados doch auch Ruhe oder?
Der Sturm wirbelte weiter mein Inneres auf, auch noch als ich am Samstag Abend auf dem Weg zu Rose und David war, die unsere Clique zum Grillen auf ihrer Dachterasse eingeladen hatten. Ich machte den italienischen Nudelsalat, den mir Diego beigebracht hatte und den ich seit ich wieder hier war regelmäßig als meinen eigenen ausgab, weil er unfassbar lecker war und da ich ein netter Mensch war hatte ich aus den restlichen Tomaten Bruschetta vorbereitet und Brot gekauft, um die Vorspeise dann vor Ort fertig zu machen.
Ich fuhr mit dem Bus bis ins Wohngebiet. Auf dem Weg dorthin hätte ich fünfmal fast den Salat fallen lassen und eine ältere Dame hatte mich böse angeschaut weil ich mich erbost hatte, in einem beinahe leeren Bus meinen Korb auf den Sitz NEBEN mir zu stellen.
Ich war ihr nicht böse. Ehrlich gesagt war sie sowieso nur ein Nebencharakter in dieser wunderbaren Geschichte, in der ich endlich nach zwei Wochen den Mann meines Herzens Wiedersehen würde. Klang widerlich kitschig, war aber einfach so. Wäre er nicht ganz tief in mein Herz gekrochen hätte ich mich heute nicht übergenau rasiert, meine Haut gepeelt und mein Lieblingsshirt angezogen. Ohne zu übertreiben konnte ich guten Gewissens behaupten, auf alles vorbereitet zu sein.
Da ich darüber hinaus auch ein Mann mit Bedürfnissen war, lag zuhause eine frische Packung Kondome und Gleitmittel bereit. Ich hatte sogar ein frisches Set Boxershorts und ein Shirt im Bad bereitgelegt, falls er mit zu mir kommen würde. Ganz zu Schweigen von der extra gekauften Zahnbürste.
Und da ich natürlich an alles gedacht hatte und auch die Möglichkeit bedacht hatte, dass wir zu ihm gehen würden oder irgendwo unterwegs stranden würden, hatte ich in meinem Rucksack natürlich auch Kondome und eine kleine Tube Gleitgel.
Böse Zungen würden jetzt behaupten, ich wäre mir meiner Sache viel zu sicher. Was, wenn er nicht mitkommen würde oder auf Abstand gehen würde? Auch das war möglich, aber der Hayden mit dem pinken Plüschmantel hatte plötzlich die Kontrolle übernommen und seitdem war ich ungewohnt positiv gestimmt.
Ich hatte diesen heißen Typen einfach viel zu sehr vermisst. Nicht nur seinen Körper, sondern Ezra und alles was dazu gehörte.
Außerdem würde ich heute nicht nur Ezra wieder sehen sondern auch dieses hinreisende Produkt aus dem Sex zwischen Rose und Dave: Die kleine Louise hatte ich nach unserem Kennenlernen im Café eine Hand voll Male gesehen und mittlerweile liebte ich sie, als wäre ich wirklich ihr Onkel.
Mein Abend startete perfekt, als Dave mit Louie auf dem Arm die Tür öffnete und die Kleine fast direkt ihre Arme ausstreckte und zu mir wollte. mein Freund nahm mir noch meine Sachen ab, ehe ich seine Tochter auf meinen Arm hob und vollkommen eingenommen war von diesem zuckersüßen Wesen.
„Na, hast du deinen Onkel Hay vermisst du kleiner Fratz?" sagte ich in der wohl peinlichsten, verstellten Stimme die man sich vorstellen konnte. Doch Louise mochte es und das war mir wichtiger als das Prusten von Dave oder das Kichern von Lilly und Rose, die im Wohnzimmer saßen. Einzig Ezra zog meine Aufmerksamkeit auf sich, als er mich durch die Balkontür hindurch angrinste, als sich unser Blick traf.
„Haaaayyyyy" sagte Louise immer und immer wieder während ich nacheinander meine Freunde begrüßte, indem ich sie alle kurz umarmte und darauf achtete, Ezra eine Extrasekunde zu genehmigen und seine Körperwärme als wir uns umarmten dafür sorgte, dass es überall kribbelte.
Meine kleine Passagierin war jedoch im Weg und wenn alles gut ging hätte ich später noch genug Zeit mit Ezra, also setzte ich mich neben Lilly auf das Sofa und hörte halbherzig der Unterhaltung der beiden Frauen zu, während ich mich Louise widmete.
„Hayden, magst du das Bruschetta fertig machen? Der Grill ist fast heiß, dann könnten wir langsam auf die Terrasse raus und anfangen" holte Dave mich mit gezückter Grillpfanne zurück aus dem Zuckerwatteland. Also übergab ich den kleinen Engel an Lilly und ging in die Küche um das Weißbrot zu schneiden und meine bereits marinierten Tomaten darauf zu verteilen.
Ich verteilte die geschnittenen Baguettescheiben auf dem Tablett, das Rosalie mir bereitgestellt hatte und gab mir größte Mühe, die Tomaten auf dem Baguette zu verteilen und nicht daneben oder auf dem Boden - was bei Bruschetta gar nicht mal so einfach war. Ich war so darauf fokussiert, dass ich zusammenzuckte, als ich einen männlichen und mir nur all zu bekannten Körper an meinem Rücken spüre und zeitgleich links und rechts von mir zwei Hände auf die Arbeitsplatte gelegt wurden.
So nah. Endlich.
Ich hielt in der Bewegung inne und lehnte mich instinktiv nach hinten in diesen starken Körper hinein und ich spürte ihn an jedem Muskel meines Rückens, an meinem hintern ... Okay Stop. Bruschetta!
„Erst ziehst du die kleine Louise mir vor und jetzt sind es ein paar Tomatenwürfel?" hörte ich dicht neben meinem Ohr, wodurch ich Gänsehaut bekam.
„Und du gehst lieber mit deinen Studenten zwei Wochen nach Italien als Zeit mit mir zu verbringen". Ich legte abermals meinen Löffel weg und legte den Kopf in den Nacken, sodass ich Ezra von unten ansehen konnte. Ich musste einfach grinsen, als wir uns so ansahen und sicherlich aussahen wie ein ganz normales Paar.
Ein Paar.
Seine Lippen auf meinem Scheitel. Himmel! Ich würde bald durchdrehen.
Seine Hände wanderten von der Arbeitsplatte und schmiegten sich um meinen Oberkörper. Sie kamen wenige Milimeter unter meinem Bauchnabel an und dort ließ er sie und tat nichts weiter, als immer wieder an dieser Stelle auf und ab zu streichen und auch das trug dazu bei, dass ich durchdrehen würde. Ganz sicher.
„Krieg ich n Kuss?" fragte ich, nachdem ich mich zu ihm umgedreht hatte, weil es nichts gab, das ich lieber wollte. Wieder seine Lippen, diesmal auf meiner Stirn.
„Nicht da" Nein. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals so intensiven Augenbontakt mit Ezra gehabt zu haben. Die Tiefe darin zog mich förmlich an und ich lehnte mich mehr gegen ihn, damit er meine Lippen besser erreichen konnte.
Nur noch ein paar Millimeter.
„Haaaaaaayyyy" mein Kopf schnellte in die Richtung, aus der das Geräusch kam und als ich Rosalie mit Louise auf dem Arm in der Küchentür stehen sah wollte ich automatisch Abstand zu dem Brünetten gewinnen, doch Ezra schien das absolut gar nicht zu stören. Rose könnte es schließlich eh schon wissen, wenn ihr Mann es ihr erzählt hätte. Er umarmte mich weiter, als wäre es das normalste der Welt. Rein objektiv betrachtet war es das auch. Für mich gab es jedoch nur weniges, das besonderer war als die Beziehung zu Ezra.
„Das kleine Monster hier wollte unbedingt zu ihrem Onkel Hay noch gute Nacht sagen, bevor ich sie ins Bett bringe. Ich wollte euch zwei ... Turteltauben nicht stören." sagte sie und es war offensichtlich, dass sie es bereits wusste. Ezra ließ jetzt doch von mir ab und ich ging rüber zu den anderen beiden, um Louise nochmal sanft über den Kopf zu streicheln und ihr süße Träume zu wünschen.
So ein süßer Fratz. Mit dem Schlafanzug, auf dem kleine Otter gezeichnet waren war sie noch süßer als eh schon.
Wieder fragte ich mich, wie aus den beiden so etwas entstehen konnte.
„Sorry Hay. Ich wusste nicht, dass ihr ... zusammen hier seid. Wir gehen gleich wieder" sagte sie leiser, sodass Ezra es nicht hören konnte.
„Alles gut, wir standen immerhin in eurer Küche und wenn Louie nunmal gute Nacht sagen will ... Wirklich, alles ok Rose." sagte ich während ich ihr meinen Hand auf die Schulter legte. Es beruhigte mich, dass ich mich nicht erklären musste. Nicht, dass ich es nicht irgendwie gekonnt hätte. So war es nur doch angenehmer.
„Nimmst du den Nudelsalat? Ich nehm das Bruschetta" sagte ich, als ich alles fertig verteilt hatte. Todesmutig wie ich war küsste ich ihn am Vorbeigehen auf die Schulter und verschwand schnell wieder im Flur um zu den anderen zu gehen. Ezra folgte mir kaum einen Meter hinter mir und Lilly beäugte mich wissend, als wir fast zeitgleich wieder im Wohnzimmer auftauchten, was ich nur mit einem dezenten Kopfschütteln abtat.
Sie shippte uns schließlich mehr als jeder andere Mensch.

After the Storm - Man x ManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt