Die See

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Der Sonnenuntergang auf dem Meer war atemberaubend schön. Das Wasser glitzerte in allen Farben und spiegelte die die Grenze zwischen dem Himmel und der Oberfläche verschwand. Wie ein wunderschönes Bild verfloss alles miteinander und tauchte alles in warme Farben. Er stand als einziger an der Reling und beobachtete das Geschehen, keinen anderen schien es zu interessieren. Seine Wachen waren wieder gelandet und befanden sich nun in ihren Kabinen. Zwei von ihnen hatten sich direkt nach der Landung übergeben und waren von ein paar Seeschlangen eskortiert worden.

Abends war der Wind kälter und härter. Nymeris hatte seine Haare zusammengebunden um zu vermeiden, dass der Wind sie ständig in sein Gesicht blies. Er langweilte sich schrecklich. Niemand war hier, um ihm Gesellschaft zu leisten. Selbst Ash war beschäftigt. Sein Verlobter.

Dieser Gedanke entlockte ihm ein trockenes Lachen. Sechs Monate, mehr nicht. Er wagte es einen verstohlenen Blick zum Steuerdeck zu werfen, wo der Seeschlangenkönig am Steuerrad stand. Er hatte sich mittlerweile auch eine Jacke übergezogen und seine dunklen Strähnen bewegten sich wie Schlangen im Wind. Selbst von hier konnte Nys das orange Leuchten in seinen Augen erkennen. Dieselbe Farbe, die der Himmel nun hatte.

,,Hey Geflügelter! Der Kapitän will dass du zu ihm kommst.", Rens laute Stimme ließ ihn aufsehen. Sie stand etwas entfernt von ihm, als würde sie sich nicht trauen näher zu kommen.

Nymeris runzelte die Stirn. An diesen Titel musste er sich erst noch gewöhnen. Oder?

,,Nymeris.", sagte er schlicht und verschränkte die Arme vor der Brust.

,,Was?", sie kam einen Schritt näher, als hätte sie ihn nicht verstanden.

,,Das ist der Name, mit dem ich angesprochen werden möchte, Schlange.", dabei betonte er das letzte Wort ganz besonders. Er war nicht irgendein Geflügelter. Er hatte einen Namen.

Sie schnaubte und ihr Mundwinkel zuckte.

,,Du bist hier nichts, als ein Geflügelter, Kleiner. Es interessiert niemanden, dass du der Verlobte unseres Königs bist, solange du dich dem nicht als würdig erweist. Also, Nymeris, tu dir den Gefallen und mach was man dir sagt.", sie drehte sich um und trat davon. Man hatte wirklich keinen Respekt vor ihm. Warum denn auch?

Wie die Frau schon sagte, er war der Feind. Ein Außenseiter, der nun versuchte sich einzuschleusen. Als die Seeschlangen in der Hauptstadt angekommen waren, hatte man sie warm empfangen, mit einem Abendessen und vor allem mit Respekt und Freundlichkeit. Es war nicht zu viel verlangt, nun auch dasselbe zu erwarten.

Er schluckte die aufsteigende Wut hinunter und atmete tief durch.

Die Treppen zum Steuerdeck knarrten unter seinen Füßen, was Ashs Aufmerksamkeit auf ihn lenkte.

,,Was willst du?", sein Tonfall war harscher, als beabsichtigt.

,,Stimmt etwas nicht?"

,,Ich erwarte keine Freundlichkeit oder etwas ähnliches. Aber ich hätte erwartet, dass Seeschlangen zumindest wissen, was Respekt ist."

,,Das tun wir auch. Die meisten von uns zumindest. Ich habe dir doch schon gesagt, dass Ren eine Ausnahme ist.", Ash wusste anscheinend sofort, wovon er sprach. Die Ruhe und Gelassenheit der Seeschlange regte eine unangebrachte Wut in ihm an. Nys hatte keinen Grund dazu, sich zu beschweren oder zu jammern. Natürlich behandelte man ihn nicht wie einen Freund!

Warum ging das nicht in seinen Kopf hinein?!

,,Warum hast du mir her gebeten?", Nymeris bemühte sich, sich zu beruhigen.

,,Schon mal ein Schiff gesteuert?"

Nys schüttelte den Kopf und ahnte bereits, worauf das hinaus lief. Das größte Gefährt, das er hatte führen dürfen, war eine Kutsche gewesen.

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