Veilchen, Gänseblümchen und Efeu

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Der erste Raum, das Schlafzimmer, war riesig und ausgestattet mit einem wunderschönen Himmelbett mit dunklen Vorhängen. Der Boden bestand aus dunklen Fließen, durch die sich goldene Linien zogen und rund um das Bett herum lag ein flauschiger Teppich. Die Wände waren hell und die Fenster, neben denen ebenfalls Pflanzen standen, nahmen beinahe eine ganze Wand ein. An der Decke hing auch hier ein großer Kronleuchter an dem gläserne Tropfen runterhingen, sodass es aussah, als würde Regen fallen. An der Fensterwand stand eine große Couch gegenüber eines Kamins. Nymeris drehte sich um die eigene Achse um sicherzugehen, dass er auch jedes kleine Merkmal wahrnahm. 

Seine Gemächer in der Hauptstadt waren nicht weniger prunkvoll gewesen, doch auf eine ganz andere Art und Weise.

,,Die Türe links führt dich in dein Badezimmer, rechts ist ein Ankleideraum wo du auch einen Tisch mit Spiegel findest. Ein paar Zofen werden gleich zu dir kommen und ein Bad für dich vorbereiten. Deine Habseligkeiten werden dir unverzüglich gebracht. Ich hole dich dann zum Abendessen ab. Bis dahin kannst du dich ein wenig einleben."

Ehe Nys noch etwas sagen konnte, ließ Ash ihn alleine. Das Geräusch der zufallenden Türe hallte noch kurz nach. Nymeris nahm die Krone von seinem Kopf und spürte förmlich, wie eine Last von seinen Schultern fiel. Er legte sie auf den kleinen Hocker am Fußende des Bettes und trat dann vor die Fensterfront. Unter ihm erstreckte sich ein wunderschöner Garten, in dem es nur so von Pflanzen und Tieren wimmelte. Er konnte von hier aus nur die vielen Glühwürmchen erkennen, alles andere würde er sich morgen ansehen. Eines der Fenster besaß eine Türklinke und führte auf einen großen Balkon hinaus, der mit einem kleinen Tisch und zwei Stühlen ausgestattet war. 

Das Ankleidezimmer war genauso prunkvoll ausgestattet wie der Rest. Der große Schrank war natürlich noch leer. Daneben standen ein paar Ankleidepuppen und ein Raumteiler aus hellblauem Holz, begleitet von einem Drachengroßen Spiegel, der so gebogen war, dass man sich von allen Seiten ansehen konnte. Der Frisiertisch bot ausreichend Platz für zehn von seinen Schmuckschatullen und der Hocker war so weich, dass der Wyvern am liebsten gar nicht mehr aufgestanden wäre. 

Das Bad war hingegen komplett weiß. In der Mitte des Raumes, gleich gegenüber der Türe, stand eine Wanne aus weißem Stein. Links und rechts ein kleiner Schrank, auf denen je ein Stapel Handtücher und ein Körbchen mit Seifen, Duftölen, getrockneten Blüten und Badesalzen stand. Auch hier stand ein Raumteiler, diesmal aus weißem Holz. 

Zwar war die Badewanne für seinen Geschmack etwas zu klein, aber er durfte nicht vergessen, dass die Seeschlangen keinen Platz für ihre Flügel brauchten. Glücklicherweise war er ja sonst nicht grade der größte...

Gerade, als er sich auf das Bett setzen wollte, hörte er ein leises, zaghaftes Klopfen. Nymeris öffnete die Türe selbst und blickte in das Gesicht eines jungen Mädchens, drei von ihnen um genauer zu sein. 

,,D...Der König schickt uns, um Euch zu baden und umzukleiden. Dürfen wir reinkommen?", ihre Stimme war so leise, dass Nys sie beinahe nicht verstand. Keine von ihnen wagte es, ihn anzusehen, ihre Blicke langen auf dem Boden, als er zur Seite trat und sie herein winkte. Eigentlich war er kein Freund davon, sich baden und ankleiden zu lassen. Er mochte es schlicht und weg einfach nicht, von anderen gewaschen zu werden, doch vielleicht entstand so ja das erste Vertrauen, wenn er sich ihnen so ungeschützt zeigte. Man ließ sich schließlich nicht von jemandem baden, dem man nicht auf vertraute. 

..Ihr müsst das nicht tun, wenn ihr nicht wollte. Ich werde dem König sagen, dass ihr auf meinen Wunsch hin gegangen seid. Ich bitte euch einzig und allein darum, mit zu zeigen, wie ich mir selbst ein Bad einlassen kann.", der Wyvern trat an ihnen vorbei, damit beschäftigt die Schnürung des Korsetts auf seinem Rücken zu öffnen, als eine von ihnen den Blick hob. Sie schien abzuwägen, ob es nun eine gute Idee war, dieses Angebot anzunehmen, oder eben nicht. Dann drehte sie sich zu den anderen beiden um. 

,,Daisy, bereite bitte das Bad vor. Violet, geh und sorg dafür, dass man sich etwas beeilt, was die Kleidung ihrer Majestät betrifft.", die beiden Mädchen huschten eilig davon. Eine rannte in sein Badezimmer, die mit den schwarzen Haaren und die andere flitzte aus seinen Gemächern.

Anschließend wandte sie sich wieder ihm zu, er spürte ihren unsicheren Blick auf seinem Rücken, als er sich aus dem Korsett befreite und es auf das Bett warf. Seine Brust schmerzte, als Nymeris tief durchatmete. 

,,Wir drei sind ab jetzt für Euch zuständig. Solltet Ihr irgendeinen Wunsch haben, müsst Ihr es nur einer von uns mitteilen. Mein Name ist übrigens Ivy.", sie faltete ihre Hände im Schoß und straffte ihre Schultern, als müsste sie ihren gesamten Mut für die nächsten Worte aufbringen: ,,Wenn Ihr mir bitte folgen würdet..."

Sie sah ihn abwartend an, als er aus seinen Schuhen schlüpfte und mit den Zehen wackelte, nachdem diese in dem engen Leder so fest zusammengedrückt worden waren, dass der Wyvern bereits befürchtet hatte, sie wären zusammengewachsen. Aus seiner Prinzenhülle zu schlüpfen fühlte sich jedes Mal aufs Neue an, als nehme er eine Maske ab. 

Während er der jungen Frau folgte, zog er die Haarnadel aus seinen weißen Strähnen und legte sie beim Vorbeigehen auf das Badezimmerschränkchen. In der Badewanne dampfte bereits heißes Wasser vor sich hin und Daisy war damit beschäftigt verschiedene Seifen, Öle und Blüten in das Wasser zu werfen. 

Ivy warf einen Bademantel über den Raumteiler und winkte ihn dann zu sich. Nymeris versteckte sich dahinter und erschrak beinahe, als er spürte, wie zwei Hände dicht unter seinen Flügelansätzen die Schnürungen des Hemdes lösten. Ihre Finger waren so geübt darin, dass es nicht einmal zehn Sekunden brauchte, bis das Oberteil über ihrem Arm hing. Der Hose entledigte er sich selbst und warf sich anschießend ein großes Handtuch über, um nicht nackt vor den beiden Damen stehen zu müssen. Der Bademantel war leider für den Körperbau von Seeschlangen gedacht, doch darum würde Ivy sich noch kümmern, zumindest hatte sie das gesagt.

,,Das Wasser ist noch zu heiß, wir müssen ein paar Minuten warten.", Daisy trocknete ihre Hände und strich sich dann den Rock glatt.

,,Wenn Ihr erlaubt...", Ivy löste mit seiner Zustimmung vorsichtig die verflochtenen Haarsträhnen voneinander und bürstete dann behutsam sein Haar. Die ganze Zeit über fühlte Nys sich seltsam. All diese Dinge machte er normalerweise selbst, sich hier zu bedienen lassen, kam ihm falsch vor.


Keine zehn Minuten später, war das Wasser ein wenig ausgekühlt und er stieg langsam in die Badewanne. Ein Seufzen entwich ihm, als er seine Flügel in des heiße Wasser tauchte. 

Etwas, das einem kleinen Speisewagen glich, wurde neben die Wanne gestellt, darauf standen Glasflaschen, Schwämme in allen Farben und ein großer Krug. Ivy griff nach dem Krug und tauchte ihn in das Wasser, sodass er sich damit füllte. Daisy schnappte sich einen Schwamm und tauchte ihn ebenfalls unter, dann sahen sie beide abwartend zu ihn, als würden sie um Erlaubnis bitten, ihn anfassen zu dürfen. 

Nymeris nickte leicht und schloss die Augen. Wäre die Badewanne noch so eng, dann hätte er seine Flügel zumindest ausbreiten und den Kopf auf dem Steinrand ablegen können, doch so legte er ihn einfach in den Nacken und sah an die kunstvoll verzierte Decke. Ivy leerte den Krug zwei Mal über seinen Haaren und griff dann nach einer der Glasflaschen. Eine zähe Flüssigkeit, die ihn an Öl erinnerte, tropfte auf ihre Handflächen und Nys kam nicht darum herum zu fragen: ,,Was ist das?"

,,Flüssigseife für Euer Haar. Es ist schonender und duftet mehr als gewöhnliche Seife.", erklärte sie und begann damit, es in seinen Haaren zu verteilen. Sie massierte seine Kopfhaut vorsichtig und mit großer Sorgfalt. Währenddessen fuhr Daisy mit dem Schwamm über seine Arme, seinen Hals und das, was von seiner Brust nicht vom Wasser verdeckt war. Doch als sie mit dem Schwamm über seine Flügel strich, zuckte der Wyvern zusammen.

Sie wich augenblicklich zurück und murmelte eine hastige Entschuldigung.

,,Ist schon gut. Die Flügel sind nur sehr empfindlich.", sie hätte ihn auch gleich an den Eiern packen können, um genauer zu sein, doch es so auszudrücken käme ihm falsch vor.

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