Köperpflege

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Auf dem Bild ist Violet


Als Nymeris am nächsten Morgen von seltsamen Geräuschen in seinem Schlafzimmer geweckt wurde, stand die Sonne bereits so hoch am Himmel, dass ihre heißen Strahlen durch die Schlitze der Vorhänge schienen und ihn blendeten. Er hatte mit Sicherheit das Frühstück verschlafen, vielleicht auch noch das Mittagessen. 

Er hörte die Stimmen der Zofen, wie sie leiste flüsterten und durch die Räumlichkeiten huschten. Es war ein wenig enttäuschend nicht von Ash geweckt zu werden, wie es die letzten Tage der Fall gewesen war. Auch wenn dieser sich ja beriets am Vortag dafür entschuldigt hatte, dass er sehr beschäftigt sein würde die nächsten Tage, verspürte Nys eine gewisse Enttäuschung. 

Als der Wyvern sich streckte und aufrichtete, verstummten jegliche Geräusche. 

,,Verzeiht, falls wir Euch geweckt haben.", hörte er Ivy sagen, welche schließlich näher trat und die Vorhänge aufzog. 

,,Wir dachten uns, wir bereiten ein Bad vor, bevor der Schneider kommt.", sie huschte an ihm vorbei und begann damit, das Bett zu machen, als er jenes verließ und an die Fensterfront trat. Bei Tageslicht sahen die Gärten wunderschön aus. Zahlreiche Reihen an Obstbäumen standen dort, zwischen ihnen Wege aus weißen Stein, und große Wasserbecken über die Brücken führten. In den Becken erkannte er eine kleine Gruppe an kleinen Seeschlangen, mit Sicherheit Kinder, die sich im Wasser abkühlten. 

,,Der Schneider?", Nymeris drehte sich um und sah fragend zu Ivy. 

,,Ja, er braucht noch ein paar Maße. Die von Eurem Rücken, für Eure Flügel. Es wird nicht lange dauern.", erklärte sie ihm, während sie sein Kopfkissen ausschüttelte und es zurück an seinen Platz legte. 

Violet kam zu ihnen und deutete eine knappe Verbeugung an. Er kam sich ein wenig lächerlich vor dabei, wie er in Ashs Hemd bekleidet vor drei jungen Frauen stand. 

,,Das Bad ist soweit.", Violet trat zur Seite und deutete in Richtung des Badezimmers. Wenn er sich nicht irrte, glaubte er ein leichtes Schmunzeln auf ihren Lippen zu sehen. Sicherlich wusste bald die gesamte Dienerschaft, dass er in der Kleidung ihres Königs schlief. 

Nymeris nickte ihr dankbar zu und betrat das Badezimmer, wo Daisy am Beckenrand saß und eine Kanne mit weißer Flüssigkeit über der Wanne leerte. 

,,Was ist das?", er trat hinter den hölzernen Raumtrenner und begann damit das Hemd aufzuknüpfen. 

,,Milch. Das ist sehr gesund für die Haut und macht sie weicher. Eure blasse Haut wird diese Pflege sicher sehr begrüßen. Besonders, wenn Ihr öfter in der Sonne seid.", erklärte Daisy und kam zu ihm. In ihrer Hand hielt sie eine Haarbürste und eine Haarklammer. 

Nymeris nickte interessiert. In der Hauptstadt war man nie auf diese Idee gekommen. Dort warf man ein paar Öle in das Wasser, vielleicht ein wenig Seife und weiter nichts. Dass Dinge wie Milch und auch Honig den Körper pflegten war ihm zwar nicht neu, er hatte davon bereits in Büchern gelesen, aber in der Hauptstadt fehlten die Ressourcen dafür. 

Zwar war es ihm ein wenig unangenehm, dass er splitternackt vor einer jungen Frau stand, die ihm sein Haar erst bürstete und es dann hochsteckte, damit es nicht nass wurde, doch irgendwie schämte er sich nicht dafür. 

,,Ich werde Euch jetzt den Händen von Violet und Daisy übergeben und auf den Schneider warten. Wir sehen uns gleich wieder.", verkündete Ivy und verließ dann eilig das Badezimmer. Er konnte förmlich sehen, wie die beiden Frauen ausatmeten. 

Als er endlich in der Badewanne saß, kümmerte Violet sich um seine Nägel und Daisy verteilte eine köstlich duftende Creme auf seinem Gesicht. Sie hatte es eine Gesichtsmaske genannt, auch wenn ihm nicht ganz klar war, was diese Creme mit einer Maske zu tun hatte. Anscheinend spendete diese sogenannte Gesichtsmaske der Haut Feuchtigkeit und pflegte sie, wie die Milch den Rest seiner Haut pflegte. Er war ein wenig überrascht darüber, wie viel die Seeschlangen wussten und auch Gebrauch von diesem Wissen machten. Es war so anders hier als in der Hauptstadt. 

,,Dürfen wir Euch etwas fragen?", fragte Violet vorsichtig und kaum hörbar. Nymeris öffnete die Augen und nickte leicht: ,,Natürlich. Ich finde diese Stille ohnehin unangenehm."

Daisy kicherte leise, als sie der anderen Seeschlange einen kurzen Blick zuwarf. 

,,Mögt Ihr den König?", Violet ging um die Wanne herum und griff dann nach seiner anderen Hand. Er war ein wenig überrascht über diese Frage und musste schmunzeln.

,,Hat Ash euch gebeten mich das zu fragen?", sicherlich musste das der Fall sein...

,,Oh nein, der König hat damit nichts zu tun. Wir sind nur ein wenig neugierig, da der König bisher nur sehr selten Liebhaber hatte. Es ist bereits sehr lange her, dass der König jemanden hier her gebracht hat.", erklärte die dunkelhaarige Seeschlange hastig und wurde immer leiser. 

,,Vor allem nicht jemand so besonderes.", fügte Daisy leise hinzu und stellte die Schale mit der Gesichtsmaske weg. 

Besonders? Das war eines der letzten Worte die ihm einfielen, um sich selbst zu beschreiben. Es lag vielleicht daran, dass er hier tatsächlich etwas besonderes war. Besonders unerwünscht, besonders angsteinflößend, besonders fehl am Platz. Die Liste ging noch unendlich lang weiter...aber die beiden Mädchen schienen sich tatsächlich für ihn zu interessieren...

Natürlich mochte er Ash. Er hatte ihn von dem Zeitpunkt an gemocht, als er in der Kabine des Kapitäns aufgewacht war. 

,,Ich...habe ihn sehr gerne, ja. Und ihr? Seid ihr zufrieden mit eurem König, oder soll ich ihm ein paar Beschwerden überbringen?", vielleicht schadete es nicht, sich mit seinen Zofen anzufreunden. Immerhin würden sie die meiste Zeit mit ihm verbringen...

,,Er ist ein guter König. Darum respektiert auch jeder hier seine Entscheidungen und vertraut ihm. Auch wenn er zugegeben bereits ein paar sehr...riskante Entscheidungen getroffen hat.", Daisy warf einen unsicheren Blick zu der anderen Frau, als wollte sie herausfinden, ob sie zu viel gesagt hatte. Nymeris hatte bereits mitgekriegt, dass nicht jeder immer damit einverstanden war, was Ash machte. 

,,Welche denn?", seine Neugier wuchs immer mehr. Jetzt hatte er die Chance ein paar Dinge über seinen Verlobten herauszufinden, ohne diesen fragen zu müssen. 

,,Es kam öfter schon vor, dass der König für einige Monate lang nicht hier war, sondern auf einem Schiff und quer durch die Welt gesegelt ist, auf der Suche nach etwas, von dem er niemandem gesagt hat, was es genau ist. Nur Lord Cormac weiß davon, sonst keiner.", begann Violet zu erklären, als sie aufstand und einen Bademantel neben die Wanne legte. 

,,Aber jeder hat sich darauf verlassen, dass er zurückkommen wird und einen guten Grund hat zu gehen. Das Volk vertraut ihm und verlässt sich auch auf ihn. Wie gesagt, er ist sehr guter König. Viele hier verstehen nicht, weshalb er einen Geflügelten einer Seeschlange vorzieht, aber man geht davon aus, dass er eben einen guten Grund dafür hat.", fuhr sie fort, während sie eine leere Kanne in das milchige Wasser tauchte und dann hinter Daisy trat, welche nun mit einem spachtelähnlichen Ding die Gesichtsmaske von seiner Haut wischte. Vorsichtig leerte sie die Kanne auf seinen Flügeln, was ein angenehm warmes Gefühl hinterließ. 

Auch wenn der Wyvern sich sicher war, dass die Regime seiner Eltern auf sehr viel Zustimmung gestoßen war, hatte sicher keiner von ihnen diese Art von Vertrauen in die beiden gehabt. Es war seltsam ungewohnt zu hören, wie jemand, besonders Diener, so von deren König schwärmten. 

,,Ihr werdet ihn sicher sehr mögen.", meinte Violet und schenkte ihm ein leichtes Lächeln. Auch wenn sie es vermutlich bloß nett meinte, lösten ihre Worte ein seltsames Gefühl in ihm aus. Jeder hier ging davon aus, dass diese Verlobung in einer Hochzeit enden würde. Keiner von ihnen wusste von der Abmachung zwischen ihm und Ash. 

DrachenherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt