Entgleist

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Ich bin eine Hexe. Aber nicht irgendeine Hexe. Ich spiele Schach mit
Dämonen und wurde von meinem Vater, ein alter Hexer zu einer
Hexe ausgebildet. Irgendwann, wenn er mal nicht mehr da sein sollte,
dann würde ich seinen Platz einnehmen. Aber zuerst musste ich erst
einmal lernen wie man Aufträge annimmt und wann man sich mit
einem Dämonen einlassen sollte und wann nicht.
Das Haus, in dem ich lebe, ist ein altes Fachwerkhaus aus dem 19.
Jahrhundert. Es strahlt einen gewissen morbiden Charme aus und
scheint die Geheimnisse vergangener Zeiten zu bewahren. Immer
wenn ich das Haus beträte, fällt als Erstes der lange, knarrende
Holzflur ins Auge, der von einem schwachen Lichtschein beleuchtet
wird. An den Wänden hängen verstaubte Teppiche, die meine
verstorbene Mutter so sehr mochte.
Rechts führt eine holzverkleidete Tür in ein kleines, aber gemütliches
Wohnzimmer. Ein alter Kamin, in dem das Feuer knistert und flackert,
spendet wohlige Wärme. Die Möbel sind rustikal und von Patina
überzogen, als würden sie Geschichten aus vergangenen Zeiten
erzählen. Eine antike Schachbrettauflage ziert den alten Holztisch in
der Mitte des Raumes, auf dem sich die Schachfiguren aus poliertem
Ebenholz und Elfenbein in perfekter Symmetrie gegenüberstehen.
Dort übt mein Vater immer mit mir "Demon Chess". Eine düstere Art
des Schachs wo es nur eine Farbe für die Figuren gibt nähmlich
Schwarz. Es ist anstrengend und man muss sich sehr konzentrieren.
Aber nun zurück zu meinem Zuhause.

Links von der Eingangshalle erstreckt sich ein weiterer Flur. Dieser
führt zu den Schlafzimmern. Dunkles Holz und schwere Vorhänge verleihen den Räumen eine gewisse Schwere und Mystik. In meinem Schlafzimmer steht ein massives Himmelbett, dessen Vorhänge aus
feinem Samt umherwehen, und an den Wänden hängen einige
Zaubertrankrezepte und magische Formeln, die meinen Vater und
mich an unsere Aufgabe erinnern. Ich züchte sogar Fliegenpilze auf
der Fensterbank um mir dort etwas schönes ansehen zu können.
In der Nähe ist unser Arbeitszimmer, in dem ich mich und mein Vater
mit den alten Hexenkünsten und Okkultismus beschäftige.
Buchregale bis zur Decke sind gefüllt mit staubigen Schriftrollen,
Zauberbüchern. Ein altes Holztischchen mit einer schimmernden
Kristallkugel in der Mitte bildet das Zentrum des Raumes. Die Wände
sind mit alten Zaubersprüchen und Symbolen beschrieben, die
schützende Energie ausstrahlen. Aber wie man die genau aufschreibt
muss mir Vater noch beibringen, aber zuerst muss ich meine
Fähigkeiten bei Demon Chess noch verbessern.

"Kannst du etwas Wasser besorgen aus dem Fluss, Tochter?", ruft
Vater aus der Küchenzeile zu mir hervor. Vermutlich möchte er eine
Suppe zur Mittagszeit machen.

"Natürlich Vater."

Mit diesen Worten mache ich mich auf den Weg um den Fluss in den
nahen Forest zu erreichen. Die schwere Holztür quietscht, als ich sie
öffne und in die Sonne entgegen schaue. Ein kühler Wind streift mein
Gesicht und lässt meine dunklen Haare wild umherfliegen. Die Äste
der alten Bäume ragen wie kalte Finger in den Himmel. Der Duft des
feuchten Bodens vermengt sich mit dem süßlichen Aroma der wilden
Blumen, die am Waldrand blühen. Einfach schön. Ich kenne diesen
Ort wie meine Westentasche, schließlich bin ich hier aufgewachsen,
umgeben von den Mysterien der Magie und der Schutz des Waldes.

Entschlossen mache ich mich auf den Weg zum Fluss. Die Sonne
steht bereits tief am Himmel und taucht die Umgebung in ein
goldenes Licht. Das Zwitschern der Vögel begleitet mich auf meinem
Weg. Es richt nach einem fröhlichen Tag als ein lautes Knacken
eines Astes, die Ruhe des Waldes stört. Stampfende Schuhe
erreichen mich und ein lauter Hilferuf erreicht meine Ohren. Ein
Mädchen in einem weißen Kleid und einem Blumenkranz auf dem
Kopf rennt panisch weg, ihr Gesicht ist genauso weiß wie ihr Kleid.
Als sie über ihre Füße fällt, landet sie auf dem Waldboden und ich
kann alles sehr genau von meiner Position aus beobachten.

"Du wirst nun mit mir kommen und ich werde ein wenig Spaß haben,
Mädchen."

Ein Dämon mit glimmenden Augen, die an die Kohle aus der Hölle
erinnern, geht auf das Mädchen zu.

"Hilfe!", ruft das Mädchen verzweifelt, aber es scheint niemand außer
mir hier zu sein.

"Lass das Mädchen in Ruhe, Dämon!", rufe ich schließlich zu dem
Ungehäuer aus der Hölle.

Dieser dreht sich um und lächelt während seine gelben Zähne
sichbar sind. 

"Sieh an! Eine Hexe. Wenn du den Mut hast, dann
kannst du ja mich angreifen."

Ich überlege kurz, aber ich bin mir sehr sicher was ich zu tun habe.
Eine Partie wie keine andere, denn auf dem schwarz-weiß karierten
Brett stehen nur schwarze Steine. Ich beherrsche die Kunst des
Dämonen Chess, jene geheime Form des Schachs, die Hexen und
Dämonen seit Jahrhunderten nutzen, um ihre Konflikte auszutragen
und so mache ich es auch dieses Mal.

"Dämon. Ich werde dich auf eine Partie Demon Chess herausfordern. Wenn ich gewinne, dann lässt du das Mädchen in Ruhe."

"Und wenn du verlierst? Du weißt, dass wir Dämonen nur hohe
Preise annehmen", fragte er in einem schmierigen Tonfall.

"Dann darfst du das Mädchen behalten und ich werde abhauen. Aber
dafür ist es noch zu früh."

"So sei es."

Ich hole das besagte Chess Demon Spiel heraus und schon geht es
los. Minuten später gewinne ich die Partie und konnte so das
Mädchen vor dem Dämon retten. Ein harter Job und ich hoffe, dass
ein Kampf mir nirgends entgleisen mag. Das Mädchen ist glücklich
und überreicht uns einen gebackenen Kuchen, wir feiern zusammen
diesen kleinen Sieg.


Die Abenteuer der SchachhexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt