Kapitel 5

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Sie stürmte aus meinem Zimmer

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Sie stürmte aus meinem Zimmer. Und ich meinte wortwörtlich stürmen, wie ein kleiner Wirbelwind. Nachdem sie die Tür geöffnet hatte und Licht in mein Zimmer drang, war sie an ihrer Cousine vorbei den Flur hinunter gerannt. Ich selbst ließ mich auf mein Bett fallen und atmete tief ein. Meine Güte! Es war noch nie eine Frau so aus meinem Zimmer gerannt und ich sah auch eigentlich keinen Grund dafür. Der Kuss war der Hammer gewesen. Möglich, dass die Dunkelheit und die Tatsache, dass sie eine Fremde war dem ganzen noch einen extra Kick gegeben hat. Dennoch: Der Kuss war fraglos der beste, den ich in letzter Zeit gehabt hatte. Das musste sie doch auch gemerkt haben. 

Ich stellte fest, dass es ein wenig an meinem Ego kratzte, dass sie fort gerannt war. Besonders weil ich es so genossen hatte. Und weil sie so unheimlich attraktiv gewesen war! Gut. Daran ändern konnte ich nun nichts mehr. Aber einfach so hinunter gehen? Mich Lisas Launen zu stellen oder mir von meinen Freunden was anzuhören, das brauchte ich jetzt nicht. Also stand ich auf, schloss meine Zimmertür und ließ die lichtundurchlässige Rollos hoch, sodass wieder Licht in mein Zimmer fiel. 

Ich hatte sie angebracht, direkt nachdem wir in das Haus unseres Onkels gezogen waren. Ich hatte einen viel zu leichten Schlaf, was in einer WG mit vier anderen Männern schon ein riesiges Manko war. Die Geräuschkulisse allerdings konnte man super mit Ohropax beheben. Was man weniger leicht beheben konnte, war das Licht, das vom Mond in mein Zimmer schien. Aber die guten Rollos hielten alles an Licht raus und so konnte ich, wie eine Königin mit Ohropax und in absoluter Dunkelheit schlafen. Dass die anderen darüber spotteten, sollte mir gleich sein. Ich brauchte guten Schlaf. Sonst konnte man mich zu nichts gebrauchen. 

Sicherheitshalber ging ich noch einmal zu der Tür zurück und schloss ab. Nicht, dass noch irgendwer seinen Weg hier hoch fand. Dann ließ ich mich auf mein Bett fallen und schaltet den Fernseher an. Ich hatte ohnehin keine Lust auf diese Party gehabt und schon gar nicht auf Lisa. Sie war heiß und hatte einen tollen Körper. Aber entgegen mancher Annahmen hatte ich tatsächlich Ansprüche, die darüber hinaus gingen. Ich schätzte Frauen, die zumindest in der Lage waren fünf gerade Sätze am Stück zu sagen. Aber noch mehr schätzt ich Frauen, die wirklich etwas zu sagen hatten und die mir die Stirn boten, wenn ich wieder arschig zu ihnen wurde. Das taten die wenigsten. Vermutlich, weil ich für sie nichts war als ein Statussymbol, das sie ins Bett bekommen wollten und sich am nächsten Tage damit brüsten konnten. Ich hatte schon viel zu oft Frauen in der Uni hinter vorgehaltener Hand darüber tuscheln hören, dass sie mit mir im Bett gewesen waren. Meistens stimmte das. Andere erfanden es einfach nur! Das war mir in den meisten Fällen gleich! Sollten sie sich mit mir brüsten, sollten sie stolz ihren Freundinnen davon erzählen, wenn ich dafür eine gute Nacht hatte. Quid pro quo! 

Was mich nervte war, wenn Mädchen meinten, dass aus einer Nacht mehr werden sollte. Ich sagte von Anfang an klar, dass ich kein Mann für eine Beziehung sondern einer für eine Nacht war. Keine Frau kam in mein Bett ohne, dass ich ihnen das klipp und klar gesagt hatte und dass sie mir bestätigt hatten, dass sie das auch so wollten. Leider dachten viele, dass ich es nicht ernst meinte und versuchten danach dann doch ihr Glück meine Freundin zu werden. Aber dafür fehlte mir bei ihnen das gewisse Etwas. Noch wusste ich nicht, was dieses gewisse Etwas sein sollte. Ich hatte einfach noch nicht die Frau gefunden, die zu mir passte. 

Und Lisa war das definitiv nicht. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass ich noch nicht mal mit ihr im Bett gewesen war (wie gesagt, ich hatte Ansprüche)! Wenn man nun aber Lisa fragte, dann war das alleine der Beweis dafür, dass ich sie eigentlich mochte. Das hatte Liam mir erzählt, der mal was mit ihrer besten Freundin Kate gehabt hatte. Ich glaube, er hatte sogar gesagt, dass das beweisen würde, dass ich in Lisa verliebt sei. Und deshalb hatte sie wohl auch diesen gottverdamten Kuss haben wollen. Ich hatte in dem Moment, in dem sie mich ansprachen gewusst, was sie sagen würden. Aber ich hatte schon zu oft gesagt, dass Wahrheit nur was für Schisser war. Wahrheit war also keine Option. 

Und außerdem hatte Matti mich schon kurz davor auf die Neue aufgemacht. Er hatte knapp erzählt, dass er sie mit Serena draußen vor dem Haus getroffen hatte und dass sie verdammt heiß sei. Und ich stellte sogar über den Raum hin weg fest, dass Matti untertrieben hatten. Diese Frau war einfach nur wunderschön. Ihr feines Gesicht, das ich nur im Profil sah, mit der kleinen Stupsnase und den großen Augen war auf Alex gerichtet. Dabei fielen ihr die langen, blonden Haare weich über die Schultern. Feien Schultern, auf denen nur dünne schwarze Spagettiträger lagen, die in ein glitzerndes schwarzes Kleid übergangen war, das ungefähr auf der Mitte ihrer Oberschenken endete. Als Kate mir die Aufgebe gestellt hatte, hatte sie ihr Gesicht mir zugewandt und hatte mich aufmerksam angesehen. Dabei hatte sie ihre vollen, roten Lippen leicht geöffnet, vielleicht flüsterte sie auch Serena etwas zu, das konnte ich nicht genau erkennen. Der Entschluss sie zu küssen war nicht freiwillig. Ich hatte sie küssen müssen! 

Und dann hatte sie tatsächlich angefangen, mit mir zu diskutieren und alleine das brauchte mich um den Verstand. Ich kannte Männer, die devote Frauen bevorzugten, die gerne die Kontrolle und Dominanz hatte. Das konnte ich von mir nicht sagen: Ich mochte das Spiel, in dem man sich immer wieder provozierten. In dem man diskutierte. In dem man kämpfte und Kräfte miss. Und die Fremde war für dieses Spiel die perfekte Partnerin und sorgte nur durch ihre Anwesenheit in meinen Gedanken dafür, dass mir ein Pochen in die Hose zog. Ich wäre so viel weiter gegangen. Ich hätte gerne die ganze Nacht mit dieser Fremden in meinem Bett verbracht in einer Mischung aus Sex und Diskussionen und ich war mir sicher, dass es eine der besten Nächte geworden wäre. 

Das sah die blonde Fremde allerdings völlig anders: Sie wollte nur weg! Fuck! 

Erst als es unten leiser wurde, beschloss ich, mein Zimmer zu verlassen. Die meisten würden wohl um drei Uhr nach Hause gegangen sein, sodass ich unten hauptsächlich meine Mitbewohner treffen würde. Und vielleicht noch etwas trinken könnte.
Unten steuerte ich direkt auf die Küche zu. Ich sah im Vorbeigehen, dass Matti mit einer rothaarigen auf dem Schoß auf dem Sofa saß und sie beinahe verschlang. Diskret. Aber dazu neigte mein Mitbewohner! 

Rouven bemerkte mich, bevor ich das Glas mit Whiskey gefüllt hatte.
„Linus!", rief er und erhob die Hand. Er nuschelte und das hörte ich, obwohl er nichts außer meinem Namen sagte. Und damit kamen auch mein Bruder und Julian in die Küche. Liam war heute Abend nicht da gewesen, er hatte sich mit einem unserer Schulfreunde getroffen, um was trinken zu gehen. Das war schon so lange geplant gewesen, dass er es nicht für eine der häufigen Partys hier zuhause hatte absagen wollen. 

„Ich habe gehört, du hast jemand neuen kennengelernt und deine Freundin sauer gemacht?", höhnte mein Bruder. Es war ein Segen und ein Fluch zu gleich. Ich liebte diesen Mann. Es war auch schwer ihn nicht zu mögen, schließlich war er mein ganzes Leben lang da gewesen. Es hatte uns immer nur zu zweit gegeben. Wir waren nie Liam oder Linus. Wir waren immer Liam und Linus. Im Kindergarten, in der Grundschule, auf dem Weg zum Abi und auch jetzt noch in dieser WG. Ich konnte mir nicht vorstellen, ohne ihn zu sein, denn er war ein Teil von mir. Und so oft, wie man mich schon Liam genannt hatte, hatte ich manchmal das Gefühl, er zu sein. Es gab so etwas, wie eine Verbindung, die nur Zwillinge hatte. Ich spürte ihn. Ich wusste, wenn er Zuhause war und ich wusste, wenn er es nicht war. Ich wusste, wenn es ihm schlecht ging. Und gleichzeitig und trotzdem hasste ich diesen Mann manchmal bis auf den Tod. Das hatte viele verschiedene Gründe: Von der banalen Tatsache, dass er nerven konnte, bis hin dazu, wie er ab und an mit den Frauen umging, die er traf oder wenn er mich mit etwas aufzog, das mir nahe ging. Aber ersteres war sein Ding und da würde ich mich nie einmischen - ich war ja selbst kein Heiliger - und zweiteres war auch nichts, was man nicht übersehen könnte, wenn es hart auf hart käme. „Da war ich einmal nicht bei einer Party und verpasse so etwas! Mein Bruderherz stiftet Chaos!", fügte Liam kopfschüttelnd hinzu.

„Lisa ist nicht meine Freundin!", knurrte ich. Das hatte ich gefühlt schon tausend mal gesagt. Die Neue, die ich heute mit hoch auf mein Zimmer genommen hatte, war nicht die Erste, die mich nach Lisa gefragt hatte. Mein Bruder tat das mit einem riesigen Spaß und einer noch größeren Ausdauer sehr regelmäßig. Was bedeutete, dass ich es eigentlich ignorieren sollte. Aber nicht konnte, was ein Teil dieser Ich-hasse-und-ich-liebe-ihn-Sache war.

Double Trouble in LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt