Ich rief an, bestellte die Salat und meine Mutter fuhr direkt los, da man mir sagte, dass das Essen in zehn Minuten fertig sei. Ich nutzte die Zeit, um auf sämtlichen Streaming Anbietern nach Pretty Little Lairs zu suchen, um meine Mutter gleich davon zu überzeugen, dass wir zusammen die Serien anfangen würde. Als sie mit einer Tüte in der Hand zurück kam, stimmte sie dem Vorschlag zu und so aßen wir gemeinsam auf dem Sofa vor dem Fernseher und sahen uns die Serie um die tote Alison an. Ablenkung würde uns beiden gut tun!
„Hey, mein Engel. Du musst hoch ins Bett. Ich kann dich nicht mehr tragen!", ich spürte, wie mir sanft die Haare aus dem Gesichte gestrichen wurden. Ich blinzelte. Dann hörte ich das nervige Ticken und registrierte umgehend: Ich war also noch im Wohnzimmer und vermutlich auf dem Sofa eingeschlafen.
„Ich vermisse das!", nuschelte ich und streckte meine Arme. Der linke schien eingeschlafen zu sein und kribbelte unangenehm.
„Dass ich dich ins Bett trage?", fragte meine Mutter. Ich hörte das leise Lachen in ihrer Stimme.
„Hmh.", gab ich noch immer schlaftrunken von mir, „Wie spät ist es?", fragte ich sie, während ich mich mühevoll aufrichtete.
„Kurz vor eins!", gab sie ein wenig kleinlaut zu.
„Mum!", jetzt fuhr ich hoch und war ziemlich wach. Ich hatte eine Folge während des Essens des Salates mit ihr geschaut. Wo war die Zeit hin? „Hast du ohne mich weiter geschaut?"
Meine Mum nickte, dabei wippten ihre dunklen Locken, die ihr edles Gesicht umrahmten.„Bis jetzt?", ich war entsetzt und irgendwie belustigt.
„Ja."
„Okay, Mum. Wenn man zusammen eine Serie anfängt, ist es wirklich uncool, dass man sie dann alleine weiter schaut," tadelte ich sie und ließ den Nacken kreisen. Gott, es konnte doch nicht sein, dass ich von ein paar Stunden Schlaf auf einem Sofa Nackenschmerzen bekam. So alt war ich nun wirklich noch nicht!
„Es ist aber auch wirklich uncool, wenn man jemandem eine Serie schmackhaft macht, und dann keine halbe Stunde später einschläft!", erwiderte sie und betonte dabei die Worte wirklich uncool genauso wie ich es getan hatte. Ich schüttelte mit dem kopf und konnte nicht verhindern, dass ich los prustete. Meine Mutter stieg ins Lachen ein und da war es wieder: Ihr ehrliches, lebensfrohes und liebenswertes Lachen, von dem alle immer gesagt hatten, dass es so ansteckend war!
„Geh ins Bett. Ich räume noch alles weg und gehe dann auch schlafen!", sagte sie mir.
Kurz überlegte ich ihr zu widersprechen. Doch meine Müdigkeit gewann.„Okay. Komm Ramses, wir gehen schlafen!", allerdings riss ich ihn mit diesen Worten eher aus dem Schlaf. Dennoch war er sofort hellwach und bereit mit mir nach oben in Gästezimmer zu gehen. „Gute Nacht!"
„Gute Nacht, mein Engel."
Als ich schon eine Hand auf das Treppengeländer gelegt hatte, rief meine Mum noch: „Danke!" Und ich wusste, was sie meinte.Am nächsten Morgen saßen vier völlig übermüdete Frauen am Frühstückstisch. Die Unterhaltung war ... nun ja, kaum existent. Serena hatte dunkle Ringe unter den Augen und, nach ihrem Appetit zu urteilen - sie aß sonst morgens nur eine Schüssel Haferflocken. Heute hatte sie zwei Brötchen mit Käse gegessen - einen Kater. So bewegte sie sich auch. Amanda hatte ihr schon eine Aspirin neben den Teller gelegt. Amanda selbst, die zwar irgendwann nach Hause gekommen sein musste, als Mum noch Pretty Little Lairs geschaut hatte und ich auf dem Sofa geschlafen hatte, war die einzige, die munter war. Aber da auch meine Mutter völlig übermüdet war, da sie es nicht gewohnt war, so lange wach zu sein und ich unter extremen Nackenschmerzen litt, hatte sie niemanden mit dem sie eine Unterhaltung führen konnte.
„Möchtest du auch eine Schmerztablette?", fragte Amanda mich und sah mich Mitleidig an.
Ich schüttelte den Kopf, was ich sofort beruhte, weil es den Schmerz in meinem Nacken verstärkte.Ich grummelte, bevor ich antwortete: „Ich versuche es erst mal mit Wärme. Wenn das nichts bringt, komme ich auf dein Angebot zurück. Danke."
Wir mussten ein wirklich trauriges Bild an diesem Morgen abgeben. Eigentlich war es immer lustig zu viert gewesen. So lustig und harmonisch, dass man die Tatsache, dass hier zwei getrennt Mütter mit ihren zwanzigjährigen Töchtern saßen, beinahe vergessen konnte. Peter, Amandas Mann, hatte die Familie vor ungefähr einem halben Jahr verlassen. Er hatte, das sagte zumindest Serena mir, von Selbstfindung gesprochen. Doch meine Cousine war sich sicher, dass auch bei ihrem Vater eine andere Frau im Spiel gewesen war.Nach dem Essen verzog ich mich in mein Zimmer, das eigentlich das Gästezimmer des Hauses war. Meine Mama schlief im Büro, weil sie darauf bestanden hatte, dass ich zumindest ein Zimmer haben sollte, wenn sie mich schon in diese Lage gebracht hatte. Dabei hatte ich nie das Gefühl, dass meine Mutter mich in irgendeine unangenehme Lage gebracht hatte. Klar, es war nicht cool, die Neue mitten im Semester zu sein. Auch meine Freunde in Köln zurück zu lassen, hatte wenig Spaß gemacht. Aber ich verstand es. Die Mieten dort waren zu hoch und Gott, eine Wohnung in der Gegen zu finden, war unmöglich! Ich hatte es selbst versucht, seit ich mit dem Studium begonnen hatte. Aber das, was ich für die Schuhkartons hätte bezahlen müssen, die zum Teil so heruntergekommen waren, dass sie eigentlich für Menschen unangebracht sein sollten, war es mir nicht wert. Ich verstand auch, dass wir schnell fortgemusst hatten und dass es für meine Mutter das beste war, in die Heimat zurückzukehren und neu zu beginnen. Es war schon alles gut so. Wenn Serena und meine Mum sich hier wohlfühlten, dann würde ich das irgendwann sicherlich auch. Und wenn mich die Trauer und das Heimweh doch überkam, dann gab ich meinem Vater die Schuld dafür!
Ich cremte meinen Nacken mit einer Wärme-Creme ein. Ich war Schwimmerin. Zwar hatte ich vor einigen Jahren mit den Wettkämpfen aufgehört, doch eine gute Salbe, die die Muskeln entspannte, hatte immer zu meinem Reportour gehört. Zu meinen aktiveren Zeiten, hätte ich nicht ohne zu leben gewusst. Heute, wenn ich nur noch ein oder zwei mal die Woche in die Schwimmhalle ging und auch nur noch zu Spaß, war sie nicht mehr so relevant in meinem Leben, doch ich würde wohl immer eine solche Creme zur Hand habe. Ich seufzte erleichtert auf, als sich die Wärme auf meiner Haut ausbreitete. Dann klopfe es und Serena schob ihre dunkel Lockenpracht hinein.
„Kann ich rein kommen?"
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Double Trouble in Love
RomanceAuf einer Party gerät Ally an den attraktiven Linus. Doch dieser benimmt sich zusehens komisch - Mal ist er der nette, charmante junge Mann und mal fährt er sie nahezu grundlos an. Dabei hatte Ally ganz andere Pläne, als sie an die neue Uni wechsel...