XXIX - Bad Ideas

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NICO DI ANGELO

Ich fluchte vor mich hin. Es war eine so dumme Idee gewesen.

Ich hatte versucht, mich aus dem sehr festen Seil an meinen Händen zu befreien. Und das, indem ich vesuchte es an dem Haken an der Wand zu zersägen. Ich wollte gar nicht erst wissen, wozu der eigentlich benutzt wurde.
Jedenfalls hatte mein Plan nicht funktioniert. Wahrscheinlich war das Seil mit einem Zauber belegt, der es unzerstörbar machte.

Das schlimmste war aber, dass das Ganze komplett nach hinten los gegangen war. Ich hatte springen müssen, um mit den Händen  den Haken berühren zu können. Jetzt ratet mal, wer nicht mehr los kam und nun in der Luft hing und sich sozusagen selbst folterte.

Genau, der Dummkopf im Kerker.

Es knarzte hinter mir.

Ich versuchte, meinen Kopf, der in die falsche Richtung zeigte, so zu drehen, dass ich wenigstens im Augenwinkel sehen konnte, wer das war.

Ein amüsiertes Lachen ertönte.

Ich lugte zur Tür hinter mir. Das blonde Arschloch meiner Träume stand dort. Natürlich nicht ohne seinen bescheuerten Helm, mit dem er überhaupt nicht mehr hübsch und göttlich wirkte.

,,Du !", rief ich. Dabei hörte sich mein Stimme ungefähr so an, wie ein Schwein, das versuchte wie ein Mensch zu sprechen. Es war ein einziges Quietschen, da ich meine Stimme seit, wie lange auch immer ich hier war, nicht mehr groß benutzt hatte, außer den leisen Flüchen.
,,Verräter ! Lügner !", schrie ich ihn an und nutzte dafür vermutlich meine letzte Kraft, die ich gut hatte gebrauchen können, um wieder Boden unter den Füßen zu haben.

Er lachte noch mehr. ,,Du musst mich ja echt gemocht haben."

Ich wünschte, ich könnte meine Enttäuschung und Traurigkeit einfach vergessen.

Stattdessen musste ich mich jedoch an die Umarmung erinnern, die er mir geschenkt hatte, als ich ihm von den ganzen Sachen erzählt hatte. So warm und geborgen hatte ich mich seitdem nicht mehr gefühlt.

,,Du Heuchler ! Verschwinde und verhöhne jemand anderen !", brüllte ich ihm wütend entgegen. 

Er grinste nur noch breiter. ,,Du bist ganz schön frech. Wie hast du es überhaupt geschafft, dich da oben aufzuhängen ?"

,,Am Liebsten würde ich dir dein unausstehlich blödes Gesicht zerkratzen, Will Solace", knurrte ich.

Als ich seinen Namen sagte, wirkte er kurz ein bisschen...anders. Seine Augen nahmen kurz einen anderen Ausdruck an, doch sofort wurde das wieder durch eine böse Maske ersetzt.
,,Leider aber hast du dich selbst aufgehängt, wie eine Fledermaus in einer Höhle."

Ich drehte mich wieder weg, damit ich ihn nicht ansehen musste, als die Tränen in meine Augen schossen.

Wie konnte ich mich nur in so einen hinterhältigen Jungen verlieben ? Warum ? Warum er ?

Mir kam eine Idee. Ich hielt mich mit dem Seil so sicher wie möglich an dem Haken fest und stützte schnell meinen Fuß an der Wand ab. Ich drückte mich hoch und Schwups war ich frei.
Das Seil hob sich über den Haken und ich hüpfte wieder auf den Boden.

Ich drehte mich um und fand mich unter seinem Blick wieder.

,,Wow, die Fledermaus hat fliegen gelernt", witzelte er.

Ich ließ mich davon nicht beirren, sondern stürzte auf ihn zu. Mit dem letzten Funke in mir, der noch nicht die Hoffnung aufgeben hatte, warf ich den verdutzten Prinzen um und stürzte nach draußen. Die Tür hatte der Idiot aufgelassen.

Ich rannte weiter, durch den endlosen Gang. Warum hörte der denn nicht mal auf ?

Die Wunde an meinen Rippen zog immer noch schmerzend und machte es schwerer, schnell zu laufen.

Schritte erklangen hinter mir und ich beschleunigte mein Tempo trotz meiner Angst, die mittlerweile besser gewordene Wunde noch mehr zu beschädigen.

Man konnte kaum etwas sehen und ständig stolperte ich und fiel beinahe hin. Nur knapp konnte ich mich auf den Beinen halten.

,,Di Angelo !", rief jemand hinter mir wütend.

Ich rannte weiter. Er düfte mich nicht wieder kriegen. Nein, ich würde mir jetzt ein Pferd schnappen und abhauen. Hauptsache weg von hier.

Ich triefte vor Schweiß und Tränen, als ich endlich an das Tageslicht gelang. Eine Treppe führte hoch an den Hof und ich rannte diese gerade hoch.

Ja, ich würde es schaffen. Kein Kerker mehr. Freiheit. Essen. Trinken. Atmen. 

Plötzlich prallte ich gegen etwas hartes. Ich blieb stehen und erkannte einen blonden Jungen.
Er trug ein weißes Hemd und eine lockere, graue Hose. Keine Rüstung.
Seine blauen Augen sahen mich schockiert an.

Ein zweiter Will ?

Nein, das konnte nicht sein. Es sei denn er besaß eine Klonmaschine.

,,Will ?", fragte ich verdutzt.

Er drehte sich ohne ein Wort um und lief mit ruhigen Schritten davon.

Ich wollte ihm hinterher, doch ich wurde zurück gezogen und umgedreht.

Will stand vor mir.

,,Wer war das ?", verlangte ich zu wissen. Meinen Fluchtversuch vergaß ich in dem Moment.

Er schnaubte. ,,Mein Bruder Michael. Wir sehen uns sehr ähnlich, ich weiß. Ignoriere ihn einfach, genauso wie ich das tue."

Er packte mich und schleifte mich wieder zurück. ,,Du entwischst nicht nochmal."

Ich blieb still. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Warum sahen sie sich so ähnlich ? War das normal unter Brüdern ? Ich hatte zwar keinen Bruder, aber ich glaubte nicht, dass Bianca mir so ähnlich sehen wurde, wäre sie ein Junge. Waren sie Zwillinge ?

Ich wurde auf den harten Betonboden geworfen.

,,Für diesen Fluchtversuch gibt es heut kein Essen mehr für dich", feixte er und schloss wieder die Tür, so dass ein lautes ,,Knall" ertönte.

Ich fluchte weiter. Es hatte mir nichts gebracht, dass ich das versucht hatte. Und noch schlimmer : Nichts ergab mehr Sinn.

Will...würde er mich wirklich so behandeln ? Hätte er so etwas getan ?

Der neue Will schon, doch war das wirklich der Will, den ich kennen gelernt hatte ? In den ich mich unwiderruflich verliebt hatte ?

Sorry für nur das kurze Kapitel in der langen Zeit.
Aber es passiert ja zumindest was.

Ist Will wirklich so böse, wie er es vorgibt ?
Wie will Nico wieder entfliehen ?

(11.08.2024.-√)

Two Lovers | SolangeloWo Geschichten leben. Entdecke jetzt