45. das Telefonat

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Drei Wochen später stand Kira an der Reling und starte aufs Meer. Sie beugte sich leicht über die Absperrung und streckte ihre Hand aus als wolle sie den Ozean berühren und tatsächlich kam es ihr immer wenn die Wellen gegens Holz schlugen und nach oben aufbauschten so vor als streckte sich das Meer ihr entgegen ohne sie je erreichen zu können. Sie ließ sich wieder zurück aufs Schiff rutschen und ihre Füße landeten wieder auf den Dielen des Decks. "Ich glaube jetzt habe ich es verstanden Cora... Das meintest du also als du damals sagtest, dass Meer würde Piraten Kraft geben...", sprach sie ruhig vor sich hin, sodass ihre Stimme vom Rauschen der Wellen verschluckt wurde und niemandes Ohren sie je erreichen sollten. Diese Kraft von der sie sprach konnte sie gut gebrauchen, denn die Gedanken an das Telefonat dass sie mit ihrem Bruder geführt hatte Rauschen in ihren Ohren und schienen ihr keine Ruhe zu lassen.

{Flashback}
Kira saß mit den Ellenbogen auf ihrem Schreibtisch abgestürzt, verschränkten Händen und auf jenen abgelegtem Kopf in ihrem Büro und konzentrierte sich auf das kaum merkliche Schaukeln des Schiffes, dass sie sonst kaum noch bemerkte da sie immer so lange auf See war. Dieses Mal war es ja ein längerer Landgang, nun wo sie darauf warten mussten das Whitebeard wieder auf der Höhe war. Sie musste mit jemandem sprechen!, beschloss sie schließlich und griff zu einer kleinen Teleschnecke in ihrem Schreibtisch die sie sonst eigentlich nicht benutzte. Nervös wartete sie darauf dass jemand abnahm während sie mit der Schnur der Teleschnecke spielte und sich diese leicht um den Finger wickelte. Nach einiger Zeit machte es *gatscha* und das Freizeichen verschwand. "Was verschafft mir die Ehre deines Anrufs Kitty? Das hast du ja lange nicht mehr gemacht..." Kira seufzte. "Law...", sagte sie zögerlich und sofort spürte sie Anspannung auf der anderen Seite der Leitung. Anscheinend hatte er die leichte Unsicherheit die nun so gar nicht Kira-typisch war aus ihrer Stimme herausgehört. "Was gibt es? Ist etwas passiert?" Man hörte die Unruhe und sofort versuchte sie ihren Bruder zu beruhigen, denn eigentlich war ja gar nichts passiert... "Nein, es ist alles gut... Es ist... ich... ich brauche einen Rat von dir..." Nun hatte er zwar keine Angst mehr, aber richtig beruhigt war er immernoch nicht, denn immer noch war das alles absolut nicht typisch für seine kleine Schwester und auch sie musste sich eingestehen, diese ganzen gefühlsduseligen Gespräche die sie in letzter Zeit führen musste... Das war einfach nichts für sie und trotzdem musste sie sich mit jemandem besprechen. Und jemand anderes außer ihrem großen Bruder war ihr nicht eingefallen... Zumindest keiner der ihre Probleme momentan verstanden hätte. "Ich... haaaahhhh...." Sie seufzte und brach ab. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich nach dem die ganze Sache gelaufen ist mein Piratenleben aufgeben möchte...?" "Ja."  sagte er ruhig und warte darauf, dass sie weiter sprach. Er wollte ihr so viel Zeit lassen wie möglich, denn offenkundig war dieses Gespräch für sie alles andere als einfach und für seine kleine Schwester würde auch er sein sonst so ungeduldiges Gemüt beiseite legen. Kurz war es still bis sie wieder ansetzte zu sprechen. "In letzter Zeit zweifle ich oft daran ob das denn die richtige Entscheidung ist..." "Warum?", fragte er ruhig um nun doch ein paar kleine Details aus ihr herauszuquetschen ohne sie zu sehr zu bedrängen. "Das..." Wieder seufzte sie und fuhr sich mit ihrer freien Hand übers Gesicht die sie eben vom Kabel der Teleschnecke befreit hatte. Sie hatte echt kein Talent für so ein Gefühlszeug. "Hast du gerade Zeit? Ich müsste nämlich etwas weiter dafür ausholen." "Für dich immer, Kitty.", meinte er und sie konnte sein liebevolles Lächeln, dass er gerade wohl haben musste, nicht nur von der zugegeben winzigen Teleschnecke ablesen, sondern auch aus seiner Stimme heraushören, was sie beruhigte und noch einmal durchatmen ließ. "Vor einiger Zeit waren wir auf einer Winterinsel..." Fast hatte man gehört wie er den Atem angehalten hatte. Wusste er doch um ihre Panikattacken die sie im Schnee kriegen konnte. Aber er unterbrach sie nicht während sie weiter sprach. "Ein paar unglückliche Umstände hatten mich gezwungen in einen Schneesturm rauszulaufen, was zugegebenermaßen nicht meine best durchdachte Idee war, denn natürlich hatte ich total den Anfall. Und... na ja... grob gesagt, ich hatte einen Therapiegespräch und danach fand ich den Schnee plötzlich nicht mehr so schlimm... Ich bin zurück aufs Schiff gegangen und mit meiner Mannschaft weitergefahren und plötzlich... naja... Ich hatte mich nicht mehr so gezwungen gefühlt... Nicht mehr so verpflichtet... Du weißt schon... Eigentlich bin ich ja Pirat geworden, weil ich als solcher die Kraft dazu hatte meine Vergangenheit die mir so viele Probleme bereitet auszulöschen. Dass ich eine gute Anführerin war und generell für das Leben auf See geschaffen spielte mir einfach nur in die Karten, aber plötzlich war das anders... Ich fühlte mich frei, ungebunden und am allerwichtigsten, ich dachte plötzlich ich könnte Corazon in meiner Nähe spüren... Als würde er auf mich aufpassen und naja... da dachte ich das wäre nur logisch, schließlich hatte Cora einmal genau das gesagt. 'Alle Piraten waren durch das Meer verbunden genauso wie es alle Schiffe der Meere verband...' und irgendwie trifft das ja immer noch auf Cora zu, auch wenn er mittlerweile nicht mehr ist. Und ich dachte... also... es ist zwar nur ein Grund warum ich langsam daran zweifle, aber ich dachte es wäre schön dieses Gefühl für immer zu behalten..." Sie hörte auf zu sprechen und wartet auf eine Reaktion. Die Mundwinkel der Teleschnecke zogen sich leicht nach oben. "Schön dass du endlich den Reiz des Piratenleben entdeckst." "Kann es sein, dass du diese Verbindung die ganze Zeit spürst?" "Ich würde nicht sagen ich würde sie wirklich spüren. Ich glaube nicht an übernatürliches und auch nicht dass mich ein bisschen Wasser mit einem Toten verbindet. Ich würde eher sagen, aufgrund der Worte die Cora damals gesagt hat versuche ich angestrengt es mir einzubilden, aber es ist allemal besser als irgendwo auf dem Land zu hocken und seine Existenz immer weiter in Vergessenheit geraten zu lassen. Er hat etwas Besseres verdient. Aber du hast gesagt, dass wäre nur einer der Gründe, also erzähl weiter. Ich werde weiter zuhören, wie gesagt. Für dich nehme ich mir die Zeit." Das sagte er nicht einfach nur so, den während des Gespräches hatte er alle Anatomiebücher die er auf seinem Schreibtisch gestapelt hatte zurück in die Regale geräumt um sich von nichts ablenken zu lassen, aber das sah Kira natürlich nicht. Sie atmete noch einmal durch und überlegte wie sie den nächsten Punkt anfangen sollte. "Also...", begann sie langsam. "Nachdem ich... wie sage ich das... mich von meinem Fesseln der Angst vor Schnee gelöst habe schien es als wäre ein Tunnelblick den ich vorher gehabt hatte weg... Als würden die anderen mich plötzlich anders sehen... Alle meine Crewmitglieder... Und naja... Irgendwie hat sich das bestätigt als einer von ihnen auf mich zugekommen ist und gesagt hat er wüsste dass ich mich nach dem Kampf zurückziehen will. Er hat versucht mich mit allen Mitteln dazu zu überreden es mir anders zu überlegen und naja... Ich habe so darüber nachgedacht dass das wenn die anderen es wüssten wohl bei Ihnen genauso wäre... Mir ist zum ersten mal richtig klar geworden... oder besser gesagt... er hat es mir ja direkt ins Gesicht gesagt aber... mir ist das erste mal aufgefallen, dass nicht nur sie mir sondern auch ich Ihnen wichtig bin und dass es ihnen vermutlich nicht so gut in den Kram passt wenn ich einfach mein Captainshut an den Nagel hänge..." Auf der anderen Seite hörte sie ein leises Lachen, allerdings unterdrückt als hätte man eine Hand vor den Mund gehalten, allerdings hätte das Law niemals gemacht! Vermutlich hatte er sich einfach von der Teleschnecke weggedreht damit sie es nicht aufnehmen konnte, allerdings hatte er dabei offenkundig kläglich versagt. "Natürlich bist du ihnen wichtig! Wem könntest du von ihnen nicht wichtig sein! Jemand den ich als kleine Schwester akzeptiere muss schon ein wirkliches Talent dafür haben sich in die Herzen von verbohrten Seeräubern zu schleichen!" Sie grinste. "Aber das war immer noch nicht alles, oder? Komm schon! Raus mit der Sprache!" Auf die Frage ob das denn nicht alles war schüttelte sie den Kopf bis sie merkte, dass er das ja gar nicht sehen konnte und schließlich sagte sie: "Nein, du hast recht das ist nicht alles. Also..." Sie stockte. Wie sollte sie das ihrem Bruder erklären? Sie atmete einmal tief ein als wolle sie ganz groß ausholen bevor sie vorsichtig anfing zu sprechen. "Kennst du dieses Gefühl, dass du hast wenn du eine Person triffst und plötzlich versuchst alles für diese Person zu machen, egal wie dämlich es ist?" "Ja.", hörte sie ruhig von der anderen Seite und er schien abzuwarten wie es weiterging. "Naja... Ein Gefühl tief im Inneren dass dich dazu bewegt bei dieser Person zu bleiben..." "Ja.", hörte sie wieder, allerdings konnte sie nicht deuten ob das ein zustimmendes oder einfach ein verstehendes 'ja' war, aber sie ging nicht darauf ein. "Naja, irgendwie glaube ich so eine Person gefunden zu haben..." Die Teleschnecke bekam ein breites Grinsen. "Du sprichst von Feuerfaust, oder?" "Woher...?", fragte sie klappte dann jedoch wieder den Mund zu. Mist, jetzt hatte sie sich verraten. Sie war eben nicht gut in solchen Gesprächen! Einmal das Pokerface abgelegt und sie war einfach nur noch ein kleines, naives, dummes Kind! Doch auf der anderen Seite erklang wieder ein leises, gedämpftes Lachen. Diesmal eindeutig durch eine Hand verhindert. "Ach Kitty... Ich kenne dich auf der Welt besser als jeder andere und ich hatte schon so eine Vermutung... Weißt du warum?" Kurz war es still bevor wieder ein leises Glucksen aus der Teleschnecke kam. "Damals als ich bei dir auf dein Schiff kam und du den Hundeblick an mir anwenden wolltest da hat er geguckt als hätte er plötzlich in eine Zitrone gebissen. Ich wette er hat gedacht ich wäre dein Freund! Offenkundig mag er dich also auch und ich hatte so eine Vermutung dass du Vorlieben für Jungs hast die offenherzig sind. Immerhin basiert darauf quasi das ganze Konzept deiner Crew und wenn ich ganz ehrlich bin muss ich sagen... Wurde auch Zeit dass du endlich mal deine erste Liebe findest. Wenn er dich jedoch verletzen sollte weißt du wie du mich erreichen kannst… Ich bastle dann einmal komplett seinen Körper um!" Sie kicherte. Da hatte ihr Bruder doch tatsächlich ihre Laune gehoben... Etwas was eigentlich nicht typisch für ihn war, aber dieses Gespräch war generell nicht gerade der Norm entsprechend. "Ja, also... Ums kurz zu machen und um von diesem mehr als unangenehmen Thema wegzukommen... Das wären die Gründe dafür, dass ich Captain bleibe, aber dagegen spricht natürlich, dass ich glaube dass ich nach dem Kampf gegen meinen Vater kein richtiger Captain mehr sein kann... so ohne Ziel, ohne Zukunftspläne, ohne... naja... ohne irgendwas..." "Ohne irgendwas ist kompletter Blödsinn!", unterbrach ihr Bruder sie. "Du hast deine Mannschaft! Außerdem hat niemand davon gesprochen dass du Captain bleiben musst. Du musst Pirat bleiben und sie nicht einfach auf dem Schiff sitzen lassen, aber sei dir gesagt, egal wofür du dich entscheidest ich werde dich unterstützen, denn ich weiß sicher dass du dir sehr lange und gründlich Gedanken über deine Entscheidung machen wirst und dass du am Ende die richtige Wahl triffst. Ich vertraue dir..." Sie seufzte. "Wirklich? Ich nicht..." Er lachte. "Pass auf. Es ist gar nicht nötig dass du dir selbst vertraust. Du musst nur an dich glauben." Danach war es ein Moment still. "Ich glaube das waren genau die Worte die ich gebraucht habe. Danke Walter!" "Es heißt Water! Trafalgar D. WATER Law! Nur weil du es als Kind mal falsch verstanden hast musst du mich jetzt nicht immer so-" In dem Moment hatte sie schon aufgelegt und grinste. Das war das einzige womit sie ihren Bruder richtig auf die Palme bringen konnte und sie fand das bitter nötig nach diesem mehr als ernsten und unangenehmen Gespräch!
{Flashback Ende}

Und nun stand sie also wieder am Schiff und dachte über alles nach... Alles was ihr Bruder gesagt und auch irgendwie nicht gesagt hatte, sondern nur angedeutet. Aber allein darüber zu sprechen hatte ihr enorm geholfen, allerdings stellte sich ihr eine weitere Frage. Wo lag wohl der Unterschied zwischen Vertrauen und Glauben? Sie vermutete die Antwort darauf zu kennen und doch... Sie musste diese Frage auch noch jemand anderem stellen... Und für sie... in dieser Sekunde... in diesem Moment... kam dafür nur einer in Frage! Einer dem sie mit jeder Seemeile näher kam. Einer der auf Whiskey Peak auf sie warten würde. Diese Frage, und klang sie noch so trivial, die musste sie mit ihrem Vize besprechen. Mit niemandem sonst!

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2111 Wörter

Kapitän der Schatten (Ace x Oc)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt