Ich weiß nicht, wie er mir das antun konnte!" Juliet weinte in ihre zierlichen Hände.
Sie hatte bereits ihren Pyjama an.
Ein Bordeauxrotes Satin-Set mit knappem
Höschen und gleichfarbigem Morgenmantel mit Spitze. Ihre Fingernägel waren in der selben Farbe lackiert und harmonierten mit ihrem Kastanienbraunem Haar. Sie war bildhübsch, wie eine Puppe.
Ihre Augen waren geschwollen und man konnte nur erahnen, welchen Schmerz sie durchlitt.Flake saß neben Juliet auf dem weißen Ledersofa, sichtlich überfordert mit der Situation tätschelte er ihr die ganze Zeit ihren blassen Oberschenkel.
„Wir hatten noch so viel vor!" sie schluchzte.
Mir war die Situation sehr unangenehm. Ich weiß einfach nicht, wie ich mit weinenden Menschen umgehen soll.
Warum hat er das getan? Meines erachtens nach schien er endlich angekommen. Für Juliet kam er zurück nach Deutschland. Er blühte auf. Es schien, als hätte er seine immer wieder aufkommenden depressiven Phasen überwunden.
Jedoch bekam keiner der Bandmitglieder seit Tagen ein Lebenszeichen von Richard.
Ich frage mich, wieso er sich uns nicht öffnen konnte. Aus Scham?
„...Und dann auch noch mit dieser Andrea! Ich habe ihm immer gesagt, dass er sich lieber distanzieren soll!"
Nun brach sie in einen erneuten Wasserfall aus.
Reflexartig nahm ich Juliet in die Arme. Wir kannten uns schon lange. Sie war oft bei Bandproben dabei und im Grunde ein nettes Mädel an der Seite von Richard. 3 Jahre waren sie bereits zusammen durchs Leben geschritten.
Für Richard eine lange Zeit.
„Äh, ich geh dann mal aufs Klo" sagte Flake und räusperte sich. Er musste nicht. Er versuchte gerade, sich der Situation zu entfliehen.
Aber so war Flake nunmal. Zwischenmenschliches war nicht seins. Er war eher der Eigenbrödler.
„Paul?" Juliet lehnte sich zurück und schaute mir in die Augen.
„Ja?"
„Geht das schon lang mit Andrea und Richard?" fragte sie unsicher.
„Juliet, ich habe weder etwas derartiges mitbekommen, noch hat er uns irgendetwas erzählt." Andrea war unsere Social Media Managerin.
Blond, schlank, große Oberweite, der Inbegriff einer Barbiepuppe.
„Kann ich dir etwas anvertrauen?" Fragte sie unsicher.
„Na Klar, was ist los?"
Sie strich sich zwei Strähnen aus dem Porzellangesicht und wischte sich eine Träne von der Wange.
„Ich... Ich... Ich bin Schwanger. ...von Richard" stotterte sie.
Ich erstarrte.
Oh nein. Oh nein, Oh nein, Oh nein.
Richard, was hast du nur getan? Wann hast du aufgehört, mit uns zu sprechen?
„W-w-was?" fragte ich ungläubig.
Nun lächelte sie. Und legte sich ihre Hand auf ihren Bauch, an dem man nicht einmal die geringste Wölbung erkennen konnte.
Es musste also noch ganz frisch sein.
Deswegen schien Richard sich nicht mit uns treffen zu wollen. Er hatte Angst vor unserer Reaktion.
Vermutlich auch Angst vor der Presse.
Das vierte Kind von der vierten Frau.
Das Kind konnte nicht geplant sein.
Bevor ich weiter nachhaken konnte, hörte ich plötzlich laute Schläge und Gebrüll vor der Haustür des gemeinsamen Hauses Richards und Juliet.
„MACH VERDAMMT NOCHMAL DIE TÜR AUF!" brüllte unser Lead-Gitarrist.
Was zum Teufel?
Juliet erschrak heftig und schaute mich angsterfüllt an.
„Bitte nicht aufmachen Paul, bitte nicht" flüsterte sie verzweifelt, als ich mich Richtung Tür bewegte.
Lautes Gefluche und ein herabfallender Schlüsselbund ließen die Situation noch kurioser erscheinen. Ein Stöhnen aufgrund seiner schon lang anhaltender Rückenschmerzen und anschließend das Geräusch eines sich drehenden Schlüssels im Schlüsselloch.
Juliet weinte verzweifelt auf „Nein, nein, bitte nicht!" und versteckte sich hinter ihren Unterarmen. Die Oberschenkel zu ihrem Bauch herangezogen.
Plötzlich flog die Tür auf.
Ein vor Wut schäumender Richard kam schnellen Schrittes herein.
Hinter ihm Olli, Schneider und Till, der im Türrahmen stehen blieb und sich anlehnte.
Es sah aus, als würde ihn das Schauspiel köstlich amüsieren. Olli versuchte Richard an der Schulter zurückzuhalten „Bitte Richard, beruhig dich!". Doch Richard schüttelte seine Hand einfach ab.
Neben Till war Richard der muskulöseste aus unserer Band. Es war ein leichtes, den spargeligen aber großen Olli abzuschütteln.
Nun war ich zwischen den beiden.
Ich stand auf und stellte mich schützend vor Juliet. Richard wurde immer zorniger.
Man merkte, dass er, wenn auch nicht viel, Alkohol im Blut hatte.
Normalerweise würde ich in Richard vertrauen. Er hat seine Frauen immer gut behandelt, wenn er auch mehr als die Hälfte mit der jeweiligen Nachfolgerin betrogen wurde. Beziehungen hielten bei Richard nicht lange, weswegen es nur eine Frage der Zeit war.
„WAS FÄLLT DIR EIGENTLICH EIN, SO EINEN GRENZENLOSEN BULLSHIT ZU BEHAUPTEN?" schrie Richard über meine Schulter hinweg in Richtung der immer noch vor sich hin kauernden Juliet. Mittlerweile halfen Olli und Schneider mir dabei, den vor Wut tobenden Richard von Juliet zu entfernen.
„Was isn hier los?" Flake stand auf dem Treppenabsatz und schaute verängstigt auf das Schauspiel im Wohnzimmer.
„Kleiner Zickenkrieg, mehr nicht." gab Till belustigt bei.
Wir drei hatten Mühe, Richard auf Distanz zu seiner verflossenen zu halten.
„Am besten beruhigst du dich jetzt mal!" giftete ich meinen Kollegen an.
Er hat seine schwangere Freundin betrogen und meint nun, hier einen Aufstand machen zu müssen. Aus welchem Grund auch immer.
Plötzlich ein Ruck und ich verlor das Gleichgewicht.
Richard schubste mich Richtung Fensterbank und ich landete mit dem Rücken voraus in der Heizung und landete mit dem Hinterteil auf dem Boden.
Was war mit meinem Bandkollegen los?
Erschrocken über seine eigene Aktion drehte sich Richard zu mir und starrte mich an.
Juliet nutzte die Ablenkung und lief knapp bekleidet in die Nacht hinein.Wie konnte die ganze Situation so eskalieren?
„Alter, was ist bloß in dich gefahren?" Olli war ebenfalls wütend. Till war fortgelaufen, in der Hoffnung, Juliet beruhigen zu können, um die Situation zu deeskalieren. Ihm folgten Schneider und Flake.
Richards Mine wurde sanfter. Er versuchte garnicht erst, hinterherzulaufen.
Er zitterte und bekam glasige Augen.
Seine schwarzen Haare waren zerzaust, seine Kleidung zerknittert. Er hatte geschwollene Augen und rasierte sich seit Tagen nicht. Es ging ihm nicht gut.
„Paul, es tut mir leid!" entschuldigte Richard sich aufrichtig.
„Du hast kein Recht, hier so einen Aufstand zu machen. Du hast sie betrogen. Du hast sie verletzt! Du hast es ja noch nicht einmal für nötig gehalten, uns etwas zu erzählen!"
Richard starrte mich fassungslos an.
„Alter du hast ja keine Ahnung!"
Und plötzlich passierte etwas, was ich bisher erst 2x in den vielen Jahren, die wir nun schon Zusammen als Band agierten, erlebt habe. Richard weinte.
Der sonst so maskuline Gitarrist zeigte seine verletzliche Seite.
Ja, diese existierte. Jedoch kam sie wohl immer erst zum Vorschein, wenn Richard allein war.
Ich nahm meinen Kollegen in den Arm.
Olli legte auch einen Arm um uns und flüsterte: „Richard hat sie nicht betrogen. Es war umgekehrt! Chicken hat es mir gerade erzählt"
Chicken war der Wirt von Richards Stammkneipe.
Richard fing noch mehr an zu schluchzen, als Olli die Wahrheit aussprach.
„ist das wahr?" fragte ich unsicher und recht misstrauisch.
„Ja verdammt, Ich hab Juliet so sehr geliebt"
Es ist eigenartig, Richard so zu sehen. Normalerweise gibt er sich absolut gefühllos. Gerade vor unseren zahlreichen Fans ist er der unerreichbare.
Ich löste meine Umarmung zu Richard und fragte verwirrt: „Und das Kind ist dann trotzdem von dir?"
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Paulchard - Mein Herz brennt!
Fanfiction„Eine kurze Rückversicherung. Es war okay. Unsere Gesichter kamen aufeinander zu. Ich spürte einen kurzen Windstoß seines Atems, bevor seine Lippen meine berührten. Ein Blitzschlag durchfuhr mich. Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Meine Magengeg...