Zerstören - Paul

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Meine Tochter hatte sich unter Tränen geoutet.
Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet, doch ich war froh.
Ich war froh, dass sie mir das Vertrauen schenkte und sich öffnete.
Dieses Glück hielt allerdings nur kurz an, als sie meinte, dass sie sich selbst dafür hasse, und dafür von ihrem Abi-Jahrgang gemobbt wurde, und dies aus Angst, es könne noch schlimmer werden, abstritt.
Mehrere Tage ließ ich nur Richard an meinen Gedanken teilhaben, ich konnte an nichts anderes mehr denken, den Urlaub kaum genießen, ehe ich mich einen Tag vor der Abreise den anderen Jungs anvertraute.

„Wie kann man heutzutage noch so hinterwäldlerisch sein, Homosexuelle auszugrenzen?" schimpfte Till wütend.
Wir saßen in der baugleich geschnittenen Suite von Flake und Till.
„Die Kinder haben es heute eh schon schwer genug, in der Schule zurechtzukommen, ohne ausgegrenzt zu werden" gab Schneider seinen Teil dazu und alle stimmten ihm zu.
Ich konnte ihre Wut verstehen.
Unsere Kinder waren auch die Kinder der anderen. Ganz egal, in welchem Alter.
Meine Tochter hatte eine zeitlang ein sehr gutes Verhältnis zu „Onkel Till" und ließ sich von ihm das Angeln beibringen. Mein Sohn ließ sich von „Onkel Richard" das Gitarre spielen beibringen, wenn der eigene Papa wieder doof war.
Ebenso waren mein Sohn und Richards älteste Tochter fast ein Jahrgang, was bedeutete, das beide wie Cousins aufwuchsen.
Nur verständlich, das jeder einzelne meiner Kollegen empört reagierte.

Als ich ihnen erzählte, dass wir als Band nun miteinbezogen wurden, weil meine Tochter anonym erpresst wurde, mussten besonders Till und Richard aufpassen, nicht die Fassung zu verlieren.
Meiner Tochter war es immer außerordentlich wichtig, ein eigenes Privatleben zu führen. Ohne auf ihre Herkunft des berühmten Rhytmusgitarristen von Rammstein als Vater schließen zu lassen.
Dies akzeptierte ich voll und ganz. Einige meiner treuen Fans wissen bis heute nicht, dass ich Vater einer Tochter bin.
Ihr wurde angedroht, als homosexuelle Tochter eines Bandmitgliedes von Rammstein in der Klatschpresse zu stehen, wenn sie sich nicht innerhalb von 6 Wochen von selbst outet.
Richard telefonierte daraufhin lange mit Lilli, um ihr gut zuzureden. Er betonte, dass egal, wie Sie sich entscheiden wird, sie den Mut nicht verlieren soll, und wir als Band hinter ihr stehen.
Till erzählte ihr dann, wie sie mit Provokationen und Anfeindungen am besten fertig werden würde, bzw. diese am besten ignoriere.
Darin waren wir gut. Provokativ Skandale in die Zeitungen bringen, und diese dann zu ignorieren, als wäre nie etwas gewesen.
Uns wäre diese Pressemeldung völlig egal.
Was dies allerdings in meiner Tochter auslösen würde, vermochte ich mir garnicht vorzustellen.
Es würde sie völlig zerstören.

#Paulchard - Mein Herz brennt! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt