Ich wusste selbst nicht, was mich gerade geritten hatte.
Mein Herz arbeitete gegen mich und machte sowieso schon lange, was es wollte.
Ich sehnte mich nach Paul und konnte ihn nicht weiter ignorieren.
Es tat mir im Herzen weh, da ich genau wusste, wie sehr er litt.
Ich bekam mit, wie ihm die letzten Tage zusetzten.
Seine geröteten Augen und die Stille, die er ausstrahlte waren besorgniserregend.
Ich hatte Angst. Das konnte ich nicht leugnen.
Angst, dass sich diverse Vorkommnisse wiederholten, wenn ich, als sein Fels in der Brandung, nicht für ihn da sein würde.Zuerst rechnete ich mit einer Zurückweisung, welche darin bestärkt wurde, dass Paul vor dem Kuss mahnend meinen Namen sagte.
Mein Egoismus siegte.
Ich brauchte diese Nähe, diese Liebe.
Der Kuss war der schönste, den ich in meinem Leben genießen durfte.
Ich war endlos verliebt und verlor mich in dem Zungenspiel, welches zuerst zögerlich von Paul erwidert wurde.
Ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper und ließ ihn einfach handeln.
Nachdem Till uns beinahe erwischt hatte,
entschuldigte ich mich kurz und ging ins Haus, hoch in mein altbackenes Doppelzimmer mit ockergelbem Betthimmel.
Der Grund dafür war so simpel: in meiner Hose pulsierte mein bestes Stück vor Verlangen.
Durch meine enge, schwarze Jeans würde man deutlich die Abzeichnung meiner Lust erkennen können.
Ich schloss die Tür hinter mir und sank mit dem Rücken an dieser hinab, bis ich auf dem Boden saß.
Ich stützte meine Ellbogen auf meine Knie und versank mit meinem Gesicht in meinen Handflächen.
Meine Hose spannte unangenehm.
Ich konnte, wie so oft in dieser Situation an nichts anderes mehr denken außer einer lustvollen Erlösung.
Und das brachte mich mit meinen Gedanken ins stocken.
Liebte Paul mich denn überhaupt?
Vermutlich nicht. Wahrscheinlich hatte ich nun unsere Freundschaft endgültig zerstört und Paul verwirrt.
War ich zu übergriffig?
Die Vermutung lag nahe, dass er sich nicht traute, mich abzuweisen. Wahrscheinlich war er so überrumpelt, dass er garnicht die Möglichkeit hatte, nein zu sagen.
Oder war das, was er fühlte, freundschaftliche Liebe oder gar romantische Gefühle?
Wie weit würden wir gehen können, wenn zweiteres zutraf?
Hatten wir überhaupt eine Chance?
Es würde definitiv nicht einfach werden, denn homosexuelle Erfahrungen hatte ich bisher nicht ausgetauscht.Ich versank in meinen Gedanken, bis es an der Tür klopfte.
„Richard? Ist alles in Ordnung bei dir?" wollte Schneider wissen.
Ich stand ächzend auf.
Mein Rücken schmerzte.
Ich schloss die Tür auf und blickte in sein besorgtes Gesicht.
Ein Lächeln zuckte in Schneiders Mundwinkeln.
„Alles in Ordnung bei dir und Paul? Habt ihr euch ausgesprochen?"
Ich schwieg und musterte das Gesicht unseres Schlagzeugers.
Nun grinste er über beide Ohren.
„Ihr könnt mich nicht für blöd verkaufen."
Das Adrenalin schoss durch meine Adern.
Ich zog Schneider ruckartig am Unterarm in mein Zimmer und schloss die Tür ruckartig, bevor ich ihn entgeistert anblickte.
Hatte er zugeschaut?
„Mach mal halblang" sagte Schneider schockiert.
„Die Chemie zwischen euch ist mir schon vor einigen Monaten aufgefallen. Überlegt doch mal, wer bei euren Showküssen direkt hinter euch sitzt und somit den besten Blick darauf werfen kann".
Ich war weiterhin nicht im Stande, etwas zu sagen. Mir blieb der Mund offen stehen.
Wenn es so offensichtlich war, mussten die anderen längst verstanden haben, dass ich unsterblich in Paul verliebt war.
Schneider erwähnte, als könne er meine Gedanken lesen, dass keiner der Bandmitglieder je ein Verdacht in die Richtung gehegt hatte.
Ich war erleichtert.
„Das soll auch so bleiben!" raunte ich Schneider an.
Er grinste wieder und stieß mir mit seinem Ellenbogen an den Oberarm.
„War das jetzt etwa ein Schuldeingeständnis?"
„Nein" stotterte ich.
Darauf war ich definitiv nicht vorbereitet.
„Ich unterstütze euch. Das solltest du wissen."
Erleichterung stieg in meinem tiefsten inneren auf. Dennoch war ich unsicher.
„Zwischen uns läuft nichts.." setzte ich an.
Schneider zog eine Augenbraue misstrauisch in die Höhe.
„...Ich hab ihn bloß gerade geküsst. Und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll."
Ich war selbst erschrocken über meine Offenheit. Normalerweise führte ich Gespräche auf so einer Ebene mit Paul. Aber nun ging es um Paul. Mit wem sollte ich also sonst reden?
Meine unerträglichen Gefühle für den Gitarristen waren ohnehin schwer zu kontrollieren.
Nun tat es gut, mit jemandem über die verdrängten Gefühle der letzten Zeit zu sprechen.
„Und warum hast du ihn geküsst?" wollte Schneider wissen.
Ich verstand die Frage nicht.
Ich runzelte die Stirn.
Schneider sah mich auffordernd an.
„Weil du Paul liebst". Er sprach das aus, was ich nie laut sagte. Ausgelöst durch seine Feststellung bekam ich eine Gänsehaut am ganzen Körper.
Ich war aufgeflogen und fühlte mich wirklich mies.
„Allein die Tatsache, dass du dich nun nicht wehrst, so wie du es sonst machst, spricht dafür".
Ich stieß ein seufzen aus und schaute betreten zu Boden.
Ich schloss die Augen, holte tief Luft und stieß ein verzweifeltes „Ja..." aus.
Nun hatte ich komplett blankgezogen.
Nun gab es kein zurück mehr.
„Komm mal her..." sagte Schneider liebevoll und nahm mich in den Arm.
Ich rührte mich nicht.
Weder rührte ich mich, noch konnte ich etwas sagen.
„Es ist okay!" sagte Schneider.
„Nein, garnichts ist okay." gab ich verzweifelt zu.
Er lehnte sich aus der Umarmung zurück und schaute mich fragend an.
Ich blickte dem Schlagzeuger in die Augen und sagte: „Er ist mein Kollege. Mein Bester Freund. Und... ...ein Mann."
„Wer hat dir denn verboten, auch auf Kerle zu stehen?" wollte er wissen.
„Ich stehe nicht auf Kerle." wiederholte ich leicht gereizt.
„Na, zumindest nicht nur." versuchte Schneider die Stimmung zu lockern.
Ich sagte nichts.
Ich musste nichts sagen. Ich wusste es schließlich selber. Mein Verlangen ist bemannt.
Ob meine Probleme der letzten Bettgeschichten mit meinen veränderten Interessen zutun hatten?
„Willst du es ihm sagen?"
Ich schüttelte hastig den Kopf.
„Auf garkeinen Fall!" sagte ich selbstsicher.
Eine ganze Weile schwiegen wir, ehe der Schlagzeuger sich danach erkundigte, ob ich wieder mit heraus zum Lagerfeuer kommen mochte.
Da ich Paul nicht verletzen wollte, stimmte ich zu.
Und so verließen wir gemeinsam mein Zimmer auf den Weg nach unten.
Mit jedem Schritt klopfte mein Herz schneller.
Gleich würde ich Paul wieder sehen. Meinen Paul.
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Paulchard - Mein Herz brennt!
Fanfiction„Eine kurze Rückversicherung. Es war okay. Unsere Gesichter kamen aufeinander zu. Ich spürte einen kurzen Windstoß seines Atems, bevor seine Lippen meine berührten. Ein Blitzschlag durchfuhr mich. Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Meine Magengeg...