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Meine Füße hinterließen kein Geräusch, während ich von hinten auf die große Menschenansammlung zulief. Das grelle Licht der Krankenwagen erhellte die Straße neben den Straßenlaternen, zwischen denen die geretteten Menschen standen und von Sicherheitskräften bewacht wurden.

Die kalte Luft Washington DC's ließ jeden Atem zu einem fast unscheinbaren Nebel werden, der sich über die Straße legte. Die vielen Zivilisten, die auf der anderen Seite hinter einer Absperrung standen, unterhielten sich laut und aufgeregt untereinander. Niemand hier wusste bis zu diesem Zeitpunkt wirklich, was überhaupt in den Tunneln passiert war.

„Hey, Sie müssen ins Krankenhaus! Sie wurden angeschossen!", kam einer der Polizisten auf mich zu. Irritiert und gleichzeitig genervt drehte ich mich auf der Stelle zu der Stimme um. Stumm sah ich den Mann an, meine Augenbrauen waren leicht zusammengezogen, was ihn inne halten ließ. „Oder auch nicht...", hörte ich ihn murmeln, als ich schließlich an ihm vorbei trat.

Ich brauchte Bucky, kein dämliches Krankenhaus.

Je näher ich der großen Gruppe kam, desto lauter wurde es um mich herum. Jeder erzählte sich haargenau, was er in den letzten Stunden erlebt hatte, wo er war oder was mit Karli passiert war. Scheinbar hatte sich die Nachricht von ihrem Tod schnell herumgesprochen. Nicht aber, wie sie gestorben war, was gut war. Ich konnte es jetzt nicht wirklich gebrauchen, dass ich wegen Mord festgenommen wurde.

„Ich hab' gehört, dass der Falcon Morgenthau umgebracht hat!"

„Ich hab' dir doch schon gesagt, dass es Captain America ist!"

„Aber er hat das Mädchen umgebracht!"

„Wann benutzt du endlich dein Gehirn? Captain America würde niemals töten! Fang an zu denken, Daryl!"

Bei dem Gesprächsfetzen von zwei weiteren Polizisten nickte ich leicht, während ich innerlich Sam auf die Schulter klopfte. Er hatte es wirklich geschafft, die Menschen von sich zu überzeugen. Sie hielten ihn für Captain America und für einen Mann, der niemals töten würde. Mit gesenktem Blick lief ich an ihnen vorbei, als ich Bucky vor mir erkannte.

Er stand ein wenig abseits der Menschen und sah sich suchend in der Menge um, während Sam einige Meter weiter gerade auf die Politiker zuging. Ich konnte den Ernst in seinem Blick schon von weitem sehen, aber jetzt gerade existierte für mich nur der Braunhaarige einige Meter entfernt von mir.

„Hey Bucky.", sagte ich in einer normalen Lautstärke, als ich direkt hinter ihm zum stehen kam. Ruckartig drehte er sich zu mir um, die Anspannung auf seinem Körper fiel augenblicklich von ihm ab. Seine Augen fuhren an mir herunter und weiteten sich, sobald sie meine Wunde entdeckten.

„Wa-"

„Mir gehts gut.", schnitt ich ihn ab, aber er schüttelte nur den Kopf.

„Joye, dir ge-"

„Bucky.", unterbrach ich ihn erneut. Mir fehlte die Kraft, jetzt viel zu reden. Ich wollte einfach hier sein, aber ich konnte ihm nicht alles verschweigen, was sich in den Gängen abgespielt hatte. Kurz schlossen sich meine Augen, bevor ich leicht Luft holte.

„Ich habe Karli erschossen.", sagte ich ruhig. Unsere Blicke ruhten aufeinander, bevor ich mich überhaupt traute weiterzureden. „Sie wollte Sam erschießen. Sie hatte eine Waffe in der Hand und ich hab mich dazwischen gestellt. Als sie geschossen hat, habe ich einfach dasselbe getan.", murmelte ich.

Ich bereute, dass ich ein Kind getötet hatte. Karli hätte nicht sterben müssen, sie hätte weiter kämpfen können und das mit Worten. Ich bedauerte es, dass ich ihr Leben beenden musste. Aber ich konnte nicht abstreiten, dass mir Sams Leben wichtiger war.

The Story of Winter IIII / Bucky FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt