Im Schutz der Zweisamkeit

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Die Nacht war ungewöhnlich ruhig. Paula und Thomas, die für den RTW eingeteilt waren, mussten zwar zwei Mal ausrücken, doch es blieb bei kleineren Fällen. Nichts Dringendes oder Lebensbedrohliches. Florentina und Phil hingegen blieben die ganze Nacht über ohne Einsatz. Ein seltener Umstand, denn normalerweise waren die Nächte im Rettungsdienst von unvorhersehbaren Alarmen durchbrochen, die das Team immer wieder in Bewegung setzten. Doch diese Nacht war anders, fast friedlich.

Florentina saß auf der Couch im Pausenraum, während Phil neben ihr stand und sie verstohlen beobachtete. Die Müdigkeit, die sie so lange von sich ferngehalten hatte, schoss plötzlich auf sie ein, und sie konnte die Schwere in ihren Augen kaum noch ignorieren. Phil merkte das sofort. Er wusste, dass Florentina mit dem Schlafen kämpfte, dass sie oft zu müde war, aber die Angst vor den Albträumen sie wach hielt. Albträume, die sie jede Nacht heimsuchten, Erinnerungen, die nicht verblassen wollten.

Vorsichtig und ohne ein Wort zu sagen, setzte sich Phil neben sie und legte behutsam seinen Arm um ihre Schultern. Florentina zuckte leicht zusammen, sah ihn überrascht an, doch Phil drückte sie sanft an sich. "Du kannst ruhig die Augen zumachen", sagte er leise und mitfühlend, während er ihren Kopf leicht zu sich zog. "Es ist alles gut. Du bist in Sicherheit."

Florentina wollte zuerst protestieren. Ihr Herz pochte schneller bei der Vorstellung, sich fallen zu lassen, auch nur für einen Moment. Doch die Wärme und Sicherheit, die von Phil ausging, brachen langsam durch die Barrieren, die sie um sich herum aufgebaut hatte. Sie hatte Phil in den letzten Wochen besser kennengelernt, und obwohl sie ihre Gefühle für ihn noch nicht ganz verstand, wusste sie, dass sie ihm vertrauen konnte.

Nach einem kurzen inneren Kampf ließ sie es schließlich zu. Sie lehnte ihren Kopf auf seine Schulter, schloss zögerlich die Augen und gab der Müdigkeit nach, die schon seit Stunden an ihr nagte. Es dauerte nicht lange, bis der Schlaf sie endgültig übermannte. Florentina sank tiefer in den Schlaf, während Phil weiter ruhig neben ihr saß, seine Hand leicht auf ihrer Schulter.

Phil blieb wach, bis er sicher war, dass Florentina ruhig und friedlich schlief. Ihre regelmäßigen Atemzüge und das entspannte Gesicht signalisierten ihm, dass sie tatsächlich zur Ruhe gekommen war. Ein seltenes Bild. Er wusste, wie sehr sie mit ihren Dämonen zu kämpfen hatte, und es beruhigte ihn, dass sie wenigstens in diesem Moment Frieden gefunden hatte.

Langsam ließ auch ihn die Müdigkeit einholen. Er lehnte seinen Kopf zurück und schloss die Augen, den Arm noch immer schützend um Florentina gelegt. Es dauerte nicht lange, bis auch er in einen tiefen, erholsamen Schlaf fiel. Die Nacht blieb still, kein Alarm störte die friedliche Atmosphäre.

Es war eine jener Nächte, die nur selten im Rettungsdienst vorkommen – eine Nacht, in der keine hektischen Einsätze das Team aus dem Schlaf rissen, keine Sirenen, die den ruhigen Takt der Dunkelheit durchbrachen. Phil und Florentina blieben die ganze Nacht ungestört.

Die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages fielen durch die Fenster des Aufenthaltsraums, als die beiden endlich erwachten. Es war schon fast 6 Uhr morgens, und die Kollegen des Tagdienstes waren bereits auf der Wache angekommen, um ihren Dienst zu beginnen. Franco, ihr Kollege und Freund, stand an der Tür und beobachtete die Szene mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Es war ein seltenes, aber schönes Bild: Phil und Florentina, noch immer auf der Couch, Florentina tief in Phils Armen liegend. Für einen Moment überlegte er, ob er sie wecken sollte, doch er entschied sich dagegen. Die beiden sahen so friedlich aus, dass er ihnen den Moment gönnen wollte.

Als Florentina langsam erwachte, blinzelte sie gegen das Licht an. Es dauerte einen Moment, bis sie sich orientieren konnte. Der vertraute Geruch von Kaffee lag in der Luft, und sie spürte die Wärme eines anderen Menschen neben sich. Verwundert hob sie den Kopf und stellte fest, dass sie noch immer in Phils Armen lag. Ihre Wangen wurden leicht rot, als sie sich hastig aufsetzte. Auch Phil erwachte nun und brauchte einen Moment, um zu realisieren, wo er war. Als er merkte, dass Florentina aufgewacht war, lächelte er sie verschlafen an.

„Guten Morgen", murmelte er, während er sich leicht streckte und dann aufstand.

„Guten Morgen", erwiderte Florentina und rieb sich die Augen. Sie fühlte sich... gut. Besser, als sie sich seit langer Zeit gefühlt hatte. „Haben wir echt die ganze Nacht durchgeschlafen?"

Phil nickte und sah auf die Uhr. „Scheint so. Und wir wurden nicht einmal geweckt."

Franco trat nun näher und grinste verschmitzt. „Es sah so aus, als hättet ihr die beste Nacht von uns allen gehabt." Florentina und Phil warfen sich einen schnellen Blick zu, bevor sie beide verlegen auflachten. Franco winkte ab und reichte ihnen die Übergabepapiere. „Keine Sorge, das bleibt unter uns. Ihr habt es euch verdient."

Nachdem sie ihre Augen endgültig geöffnet hatten, machten sich Florentina und Phil erst einmal auf den Weg zur Kaffeemaschine. Ein starker Kaffee würde ihnen helfen, den morgendlichen Schock zu verarbeiten und in den neuen Tag zu starten. Während der Kaffee langsam durch die Maschine lief, dachte Florentina an die Nacht zurück. Sie hatte tief und traumlos geschlafen – ein Zustand, den sie schon fast vergessen hatte. Kein Albtraum, kein nächtliches Erwachen mit dem Herzrasen, das sie so oft quälte. Sie fühlte sich erfrischt, fast schwerelos. „Ich habe gut geschlafen", flüsterte sie mehr zu sich selbst, als sie den Kaffee einschenkte.

„Ich auch", sagte Phil leise und sah sie an. Er hatte dieselbe Erkenntnis wie sie. Auch er war in dieser Nacht von seinen üblichen Träumen, den Erinnerungen an seinen Bruder Markus, verschont geblieben. Für einen Moment blieb er still, dann lächelte er sanft. „Vielleicht sollten wir öfter so schlafen", fügte er scherzhaft hinzu, doch der Unterton in seiner Stimme verriet, dass er es nicht ganz so leicht meinte, wie es klang.

Florentina lachte leise. „Vielleicht", antwortete sie und trank einen Schluck Kaffee.

Nach dem schnellen Morgenkaffee setzten sich die beiden an den Tisch und gingen die Dienstübergabe durch. Paula und Thomas erzählten von ihren zwei Einsätzen in der Nacht, doch alles war routiniert verlaufen. Keine großen Komplikationen. Es war selten, dass eine Nacht so ruhig verlief, aber an solchen Tagen war es immer ein willkommener Segen.

Phil und Florentina machten die Übergabe mit einem Lächeln. Während sie die Papiere unterschrieben, fiel Florentina erneut auf, wie ruhig sie sich fühlte. Es war, als wäre für einen kurzen Moment die Last von ihren Schultern genommen worden. Vielleicht war es der Schlaf, vielleicht war es Phil – oder vielleicht beides.

„Danke, Phil", sagte sie schließlich, als sie die Schlüssel übergab.

„Wofür?", fragte er verwundert.

„Für alles was du für mich getan hast.", antwortete sie mit einem sanften Lächeln. Und in diesem Moment wusste sie, dass es nicht nur der Schlaf gewesen war. Es war die Gewissheit, dass sie in dieser Nacht nicht allein gewesen war.

Herzschlag der Stille // ASDS Fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt