Bisschen Glück

25 4 0
                                    

Als Phil und Paul die Wohnung der Patientin betraten, fühlten sie die angespannte Atmosphäre sofort. Der Raum war erfüllt von hektischen Bewegungen, beunruhigten Stimmen und den gleichmäßigen Signalen des Defibrillators. Ein Mann, vermutlich der Ehemann der Patientin, winkte ihnen hektisch entgegen, während das Team des bereits anwesenden RTW  die Reanimation vorbereitet hatte. Ohne zu zögern, griffen Phil und Paul zu ihrem Equipment, ein routinierter Griff nach den Notfallkoffern und Defibrillator. Ihr Fokus lag vollkommen auf der Patientin.

Die Frau lag leblos auf dem Boden, umgeben von medizinischen Geräten und den konzentrierten Gesichtern der Rettungssanitäter. Das Team hatte bereits mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen, und der Raum schien vor Spannung zu vibrieren. Phil spürte den vertrauten Adrenalinschub, der ihn bei jeder Reanimation ergriff. Es war ein Moment, in dem jeder Handgriff zählen konnte, jede Entscheidung einen Unterschied zwischen Leben und Tod bedeutete.

„Wie lange schon?" fragte Phil, als er die Intubation vorbereitete.

„Etwa acht Minuten", antwortete einer der Sanitäter kurz, während er weiterhin rhythmisch auf den Brustkorb der Patientin drückte.

Phil nickte, während er den Tubus zur Intubation ansetzte. Mit geübten Handgriffen führte er den Schlauch in die Luftröhre der Frau ein, um ihre Atemwege zu sichern. Währenddessen wechselten Paul und der andere Sanitäter sich bei den Kompressionen ab. Minuten verstrichen, doch es fühlte sich an wie Stunden. Jeder Druck auf den Brustkorb war präzise, kraftvoll und doch behutsam. Es war ein Tanz auf Messers Schneide – die Hoffnung, das Herz der Frau wieder zum Schlagen zu bringen, hing von ihrer Genauigkeit und ihrem Durchhaltevermögen ab.

Nach fast 15 Minuten unermüdlicher Reanimation erschien es fast aussichtslos, doch dann – ein schwacher Puls. Es war kaum zu glauben, aber sie hatten es geschafft. Der Defibrillator zeigte einen regelmäßigen Herzschlag an, und das gesamte Team atmete erleichtert auf. Für einen kurzen Moment schien die Zeit stillzustehen, als wäre der Raum von einem gemeinsamen Gefühl der Erleichterung und des Triumphs erfüllt.

„Wir haben einen Puls", sagte Paul, seine Stimme leicht heiser vor Anstrengung. „Aber sie ist noch lange nicht außer Gefahr."

Phil nickte ernst. „Wir müssen sie stabilisieren und so schnell wie möglich ins Krankenhaus bringen."

Gemeinsam hoben sie die Patientin auf die Trage und sicherten sie sorgfältig. Das monotone Piepen des Herzmonitors war jetzt ihr Anker, der sie daran erinnerte, dass ihre harte Arbeit Erfolg gehabt hatte. Mit Blaulicht und Sirene fuhr der RTW los, während Paul im Fahrzeug blieb, um die Vitalwerte der Frau zu überwachen. Phil folgte im NEF und hielt über Funk den Kontakt zum Team im Rettungswagen.

Die Fahrt ins Krankenhaus verlief ohne weitere Komplikationen, und als sie die Notaufnahme erreichten, übergaben sie die Frau an das dortige Ärzteteam. Ihre Arbeit war getan, doch Phil wusste, dass sie die Patientin auch nach dieser erfolgreichen Reanimation noch lange nicht als gerettet betrachten konnten. Dennoch verspürte er ein starkes Gefühl der Zufriedenheit – solche Erfolge, auch wenn sie selten waren, gaben ihm die Kraft, seinen anspruchsvollen Job weiterhin mit voller Hingabe auszuüben.

Nachdem die Patientin versorgt war, setzten Phil und Paul sich kurz auf eine Bank vor dem Krankenhaus, um durchzuatmen. Der Tag war noch lange nicht vorbei, doch sie gönnten sich einen Moment des Innehaltens.

„Das war knapp", sagte Paul schließlich und ließ seinen Kopf kurz nach hinten sinken. „Aber wir haben es geschafft."

Phil grinste, aber es war ein müdes Grinsen. „Ja, das haben wir. Ich glaube, wir hatten heute auch ein bisschen Glück."

„Manchmal braucht man das", erwiderte Paul mit einem leichten Schulterzucken.

Nach einigen weiteren Einsätzen, die alle glücklicherweise weniger dramatisch verliefen, kehrten Phil und Paul am späten Nachmittag zur Wache zurück. Es waren hauptsächlich kleinere Notfälle gewesen, Transportdienste und ein paar Stürze. Phil war erleichtert, dass der Rest des Tages ruhiger verlief, doch seine Gedanken kehrten immer wieder zu Florentina zurück. Sie hatte ihm heute Morgen ein Lächeln geschenkt, das ihm nicht aus dem Kopf ging. Es war, als hätte dieses Lächeln etwas in ihm berührt, etwas, das lange Zeit still in ihm geschlummert hatte.

Währenddessen fuhren Florentina und Daniel ihre letzten Einsätze für den Tag. Die Stunden vergingen schnell, und ehe sie es sich versahen, parkten sie den KTW wieder auf dem Hof der Rettungswache. Es war ein langer Tag gewesen, aber für Florentina war es ein guter Tag. Die Ablenkung durch die Arbeit tat ihr gut, sie konnte für einige Stunden all ihre Sorgen und Gedanken an die Vergangenheit vergessen. Sie stieg aus dem Wagen und streckte sich kurz, bevor sie gemeinsam mit Daniel zur Kaffeemaschine ging. Die Tasse Kaffee am Ende eines langen Dienstes war für sie beide fast schon ein Ritual.

„Morgen hast du Nachtdienst, oder?" fragte Daniel, während er den dampfenden Becher in den Händen hielt.

„Ja", antwortete Florentina und konnte ein kleines Lächeln nicht verbergen. „Und weißt du, was das Beste daran ist?"

„Erzähl."

„Ich habe zusammen mit Phil Dienst."

Daniel hob eine Augenbraue. „Aha, na das klingt doch nach einer spannenden Schicht."

Florentina lachte leise, aber sie spürte, wie ihr Herz ein wenig schneller schlug, als sie an den morgigen Nachtdienst dachte. Sie mochte Nachtdienste. Die Straßen waren ruhiger, die Hektik des Tages ließ nach, und es schien, als ob die Welt ein wenig langsamer und friedlicher wurde. Aber das Beste an diesem speziellen Dienst war, dass sie ihn mit Phil verbringen würde. Sie wusste nicht genau, was sie an ihm so faszinierte, aber es war, als ob eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen bestand.

Nachdem sie sich die Dienstpläne für die nächsten Tage angesehen hatten, verabschiedeten sich Daniel und Florentina. Sie fuhr nach Hause, während der Abend bereits einbrach. Die Blätter auf den Straßen schienen in der Dämmerung zu leuchten, ein Hauch von Herbst lag in der Luft. Es war ein kühler, aber friedlicher Abend.

Als Florentina zu Hause ankam, war es bereits dunkel. Sie schloss die Tür hinter sich und seufzte. Der Tag war lang, und obwohl sie erschöpft war, konnte sie die Gedanken an den morgigen Nachtdienst nicht loswerden. Was würde der Abend bringen? Würden sie viel zu tun haben, oder würde es eine ruhige Nacht werden, in der sie und Phil vielleicht sogar Zeit finden würden, sich ein wenig zu unterhalten?

Sie setzte sich auf die Couch, ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen und spürte eine leichte Vorfreude auf den kommenden Tag. Der Gedanke daran, Phil morgen Nacht an ihrer Seite zu haben, gab ihr ein warmes, beruhigendes Gefühl. Vielleicht, dachte sie, war das Leben doch nicht immer nur voller Dunkelheit. Vielleicht gab es auch Lichtblicke – wie diese kleinen Momente der Verbindung, die sie mit Phil spürte.

Herzschlag der Stille // ASDS Fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt