Kampf gegen die Fluten

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Phil lag im Krankenbett, während das monotone Piepen der medizinischen Geräte den Raum erfüllte. Er war wach, aber noch schwach. Seine Wunden waren versorgt worden – die Platzwunde am Kopf genäht, der Oberarm verbunden. Der Arzt erklärte ihm, dass er Glück gehabt habe. Die Trümmer hätten ihn ernsthaft verletzen können, aber es war nichts gebrochen. Dennoch würde er einige Tage auf der Station bleiben müssen, um sich zu erholen.„Florentina?", fragte Phil mit rauer Stimme, die vor Erschöpfung kaum zu hören war.„Wir haben noch keine Neuigkeiten", antwortete die Krankenschwester sanft. „Aber sie ist sicher da draußen und tut, was sie am besten kann. Sie hilft Menschen."Phil nickte, auch wenn seine Sorge um Florentina in seinem Herzen drückte. Er wusste, wie hartnäckig sie sein konnte, aber er wusste auch, wie gnadenlos die Fluten waren. Der Gedanke, dass sie dort draußen kämpfte, während er hier im sicheren Krankenhausbett lag, machte ihn unruhig.


Unterdessen kämpfte Florentina sich durch die reißenden Wassermassen. Das Wasser umspülte ihre Beine, reichte ihr mittlerweile bis zum Bauch. Die Strömung war stark, und die Kälte ging ihr bis in die Knochen. Sie zitterte unkontrolliert, während sie durch die überfluteten Straßen watete, immer auf der Suche nach weiteren Menschen, die in Not sein könnten. Ihr Körper war erschöpft, aber ihr Geist blieb fokussiert.Sie hatte den ganzen Tag damit verbracht, Menschen zu evakuieren, Trümmer zu durchqueren und Leben zu retten, aber jetzt spürte sie die Grenzen ihrer eigenen Kräfte. Der Regen hatte nachgelassen, aber die Flutwellen rollten weiterhin unbarmherzig durch die Straßen. Die Dunkelheit begann sich über die Stadt zu legen, und Florentina wusste, dass jede weitere Minute, die sie im Wasser verbrachte, ihre Lage gefährlicher machte.Plötzlich knackte ihr Funkgerät. „Das war's! Alle sind evakuiert. Rettungswagen 31, schauen Sie, dass Sie aus dem Gebiet wegkommen!", meldete die Leitstelle.Florentina hörte aufmerksam zu und versuchte, sich aus ihrer Erschöpfung zu reißen. „Verstanden", antwortete sie mechanisch, während sie sich durch das Wasser zum Rettungswagen kämpfte. Ihre Finger zitterten, als sie die Fahrertür öffnete und sich hinter das Steuer setzte. Die Kälte machte es ihr schwer, klar zu denken, doch sie wusste, dass sie jetzt nur noch eine Aufgabe hatte: hier rauskommen.Mit zitternden Händen versuchte sie, den Motor zu starten. Sie drehte den Schlüssel im Zündschloss, doch das einzige, was sie hörte, war ein leises Klicken.„Nein, nein, nein!", flehte sie, während sie es erneut versuchte. Doch der Wagen weigerte sich anzuspringen. Florentina fluchte leise vor sich hin. „Nicht jetzt... bitte nicht jetzt."Die Panik begann in ihr aufzusteigen. Das Wasser stand bereits bis zu ihrem Bauch, und sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es weiter steigen würde. Sie griff nach dem Funkgerät und rief erneut die Leitstelle.„Hier Rettungswagen 31. Das Verlassen des Gebietes ist nicht möglich. Der Wagen springt nicht an. Wann könnte mich jemand holen?", fragte sie mit drängender Stimme.Es dauerte einen Moment, bis die Antwort kam. „Rettungswagen 31, es dauert mindestens eine halbe Stunde. Wenn ein verfügbarer Helikopter gemeldet ist, wird dieser umgehend zu Ihnen geschickt. Ende!"Florentina schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Eine halbe Stunde? Das Wasser stieg weiter an, und sie wusste, dass sie so lange nicht einfach stillsitzen und warten konnte. Die Kälte begann ihre Gliedmaßen taub zu machen, und die Aussicht, in diesem Fahrzeug eingeschlossen zu sein, während das Wasser stieg, war beängstigend.Sie sah sich im Wagen um. Es gab keine Möglichkeit, den Rettungswagen aus eigener Kraft wieder zum Laufen zu bringen. Der Motor war wahrscheinlich durch das Wasser beschädigt. Ihre einzige Hoffnung war, dass der Helikopter sie rechtzeitig finden würde. Doch die Flut machte selbst das zu einer Herausforderung. Die Straßen waren nicht mehr als überflutete Kanäle, und die Sicht war durch die Dunkelheit und den Dunst des Wassers stark eingeschränkt.Florentina griff nach ihrem Handy und wählte Phils Nummer, doch das Signal war schwach. Sie wusste, dass es im Moment nicht sicher war, Kontakt aufzunehmen, doch allein der Gedanke, mit ihm zu sprechen, gab ihr etwas Halt. Sie wollte ihm sagen, dass sie noch lebte, dass sie ihn bald wiedersehen würde. Doch das Handy verlor den Empfang, und der Bildschirm wurde schwarz.Die Kälte drang tiefer in ihre Knochen. Ihr Körper zitterte unkontrolliert, und sie wusste, dass sie nicht ewig so sitzen bleiben konnte. Sie stand auf und öffnete die Tür des Rettungswagens, um nach draußen zu sehen. Das Wasser hatte die Reifen fast vollständig bedeckt und schwappte gegen die Seitentüren. Florentina wusste, dass sie hier draußen besser aufgehoben war als im Fahrzeug. Solange sie in Bewegung blieb, bestand eine Chance, dass sie nicht den schlimmsten Auswirkungen der Kälte erlag.Sie watete durch das Wasser und suchte nach einem erhöhten Punkt, an dem sie sich in Sicherheit bringen konnte, bis Hilfe kam. Doch überall um sie herum sah sie nur Zerstörung. Trümmer, die von den Fluten durch die Straßen getragen wurden, Autos, die unter Wasser standen, und Bäume, die von den Strömungen entwurzelt worden waren. Es war ein trostloser Anblick.Plötzlich hörte sie ein leises Geräusch in der Ferne – das Surren eines Helikopters. Hoffnung flammte in ihr auf, und sie begann, mit den Armen zu winken, in der Hoffnung, dass die Besatzung sie sehen würde. Der Helikopter flog tiefer, und Florentina erkannte das Markenzeichen der Bundeswehr auf der Seite. Sie hatten es geschafft! Sie versuchte auf sich aufmerksam zu machen, doch sie war zu schwach. Florentina konnte nur noch verschwommen erkennen, dass sich etwas näherte.Der Helikopter kam näher, und schließlich wurde ein Rettungskorb herabgelassen. Florentina wusste, dass dies ihre Rettung war. Mit letzter Kraft watete sie durch das Wasser und kletterte in den Korb. Ihre Beine fühlten sich schwer an, und die Kälte hatte ihren Körper fast taub gemacht, aber sie war fest entschlossen, durchzuhalten.Der Korb wurde langsam nach oben gezogen, und sie spürte, wie sie dem Wasser entkam. Endlich konnte sie durchatmen, als sie den sicheren Boden des Helikopters erreichte. Die Rettungskräfte halfen ihr hinein, und sie sank erschöpft auf den Boden des Helikopters.„Du hast es geschafft", sagte einer der Rettungskräfte mit einem ermutigenden Lächeln.Florentina nickte schwach. Sie war gerettet. Doch in ihrem Herzen blieb die Sorge um Phil. Sie wusste, dass er im Krankenhaus in Sicherheit war, aber sie wollte nichts sehnlicher, als bei ihm zu sein.Als der Helikopter in Richtung des Krankenhauses flog, schloss Florentina ihre Augen.

Herzschlag der Stille // ASDS Fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt