Ein schicksalhafter Abschied von der Straße

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Zu Hause angekommen, lässt Florentina den stressigen Vormittag hinter sich. Bevor sie sich ihrem Plan widmet, duscht sie schnell und macht sich bereit. Der Tag, obwohl kühl, birgt eine Art frische Energie, die sie auf ihrer Haut spürt, sobald sie sich in warme Kleidung hüllt. Mit den Schlüsseln ihres Motorrads fest in der Hand steigt sie die Treppen hinunter zur Haustür. Ein letztes Mal in diesem Jahr wird sie ihre geliebte Maschine fahren, bevor sie sie in die Garage bringt, um sie für den Winter einzumotten.

Draußen steht ihre Maschine, leicht bedeckt mit herabgefallenen Blättern. Florentina schüttelt die Blätter ab und betrachtet die glänzende Oberfläche des Tanks, in der sich die Umgebung spiegelt. Ein melancholisches Lächeln umspielt ihre Lippen. Sie weiß, dass es gefährlich sein kann, bei solchen Bedingungen zu fahren – die Straßen sind rutschig, und die nassen Blätter machen es nicht einfacher. Doch die Leidenschaft für das Fahren, die Freiheit und das Adrenalin, das sie dabei verspürt, sind zu verlockend.

Sie setzt ihren Integralhelm auf, dessen getöntes Visier ihr die Möglichkeit gibt, die Welt um sie herum zu sehen, ohne dass jemand ihr Gesicht erkennen kann. Das Visier ist wie ein Schutzschild, das sie vor der Außenwelt bewahrt und ihr dennoch erlaubt, den Moment in vollem Umfang zu genießen. Sie schwingt sich auf das Motorrad, fühlt das vertraute Gewicht unter sich und dreht den Zündschlüssel. Sofort erwacht die Maschine zum Leben. Ein tiefer, vertrauter Klang, das rhythmische Schnurren des Motors, durchströmt sie und erfüllt sie mit einer wohligen Wärme. Das Geräusch ist Musik in ihren Ohren – eine Melodie, die sie jedes Mal aufs Neue beruhigt und erdet.Mit einem tiefen Atemzug gibt sie Gas und fährt los. Der Wind peitscht ihr ins Gesicht, doch der Helm schützt sie vor der kalten Luft. Die Blätter wirbeln um sie herum, und der Herbst zeigt sich in seinen schönsten Farben – die Bäume, rot und golden leuchtend, stehen in Kontrast zu dem grauen Himmel über ihr. Florentina spürt, wie das Adrenalin in ihre Adern schießt, als sie die Geschwindigkeit erhöht und sich auf die Landstraße begibt. Sie liebt diese Momente. Die Maschine unter ihr, der Wind, der an ihr zerrt, die Konzentration, die von ihr verlangt wird – es gibt keinen Platz für Sorgen oder Ängste. In diesen Augenblicken zählt nur der Augenblick, nur die Straße und die Maschine. Die Landstraße windet sich vor ihr, und sie gibt der Maschine alles, was sie hat. Der Motor brüllt auf, als sie durch die Kurven zieht und sich tief in die Schräglage legt. Es ist ein Tanz zwischen ihr und dem Asphalt, ein Moment völliger Harmonie, in dem sie das Gefühl hat, eins mit ihrer Maschine zu sein. All der Schmerz und die Sorgen, die sie sonst plagen, verblassen. Nur dieser Moment zählt.

Nach etwa zwanzig Minuten, in denen sie die Landstraße ausgereizt hat, kehrt sie langsam zurück in die Stadt. Die kühle Luft brennt auf ihrer Haut, doch das Adrenalin hält sie warm. Sie weiß, dass dies die letzte Fahrt in diesem Jahr sein wird, und sie saugt jede Sekunde davon in sich auf.Zurück in der Stadt, lässt Florentina den Motor etwas ruhiger laufen. Die Straßen sind belebter, Autos schlängeln sich durch die Straßen und Menschen eilen vorbei. Langsam fährt sie durch den Verkehr, bis sie schließlich an einer roten Ampel steht. Sie ist die erste in der Reihe, direkt an der Haltelinie. Vor ihr bewegen sich die Autos auf der quer verlaufenden Straße, während sie wartet, dass die Ampel auf Grün schaltet. Es ist ein normaler Moment, einer von vielen auf ihren Touren.Doch in der nächsten Sekunde ändert sich alles. Ohne Vorwarnung spürt Florentina einen gewaltigen Schlag. Es ist, als würde die Welt um sie herum explodieren. Ein heftiger Aufprall von hinten reißt sie von ihrer Maschine, die Kontrolle entgleitet ihr vollkommen. Ihr Körper wird durch die Wucht des Zusammenpralls nach vorne geschleudert, als ob er schwerelos wäre. Sie hat keine Zeit zu reagieren, keine Zeit zu verstehen, was passiert. Das Motorrad wird mit ihr zusammen in das Auto vor ihr gedrückt. Ein metallisches Krachen und der Aufprall ihres Helms auf dem Asphalt sind das Letzte, was sie wahrnimmt, bevor die Welt um sie herum still wird.Florentina liegt regungslos auf dem kalten Asphalt. Die Maschinen, die sie so sehr liebt, und der Helm, der sie stets geschützt hat, liegen nun neben ihr, still und leblos wie sie. Der Verkehr kommt zum Stillstand, Menschen schreien, und das Chaos breitet sich aus. Doch Florentina nimmt nichts mehr davon wahr. Ihr Körper liegt gebrochen und starr da, als das Leben um sie herum in einen hektischen Strudel gerät.

In der Ferne ertönt das Heulen von Sirenen, die sich schnell nähern. Sanitäter und Ersthelfer strömen herbei, versuchen, die Situation zu verstehen und Hilfe zu leisten. Doch für Florentina ist die Welt still geworden, und der Schmerz, der sie seit Jahren begleitet, hat endlich nachgelassen.


Herzschlag der Stille // ASDS Fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt