Noch eine lange Nacht

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Die Nacht hatte gerade erst begonnen, und doch war die Wache bereits in Bewegung. Phil und Florentina betraten das Stationsgebäude, bereit für ihren Dienst, aber die Reaktionen ihrer Kolleginnen, Paula und Jacky, ließen Florentina sofort wissen, dass ihre Anwesenheit nicht unbemerkt blieb.„Was machst du hier?" fragte Paula, sichtlich überrascht. „Ich dachte, du würdest dich krank schreiben lassen. Vor allem nach dem, was heute schon passiert ist!" Jacky nickte zustimmend, während sie sich gerade auf die Übergabe vorbereitete. „Nach dem Vorfall im Park hätte es jeder verstanden, wenn du dir eine Pause gegönnt hättest."Florentina lächelte und zuckte mit den Schultern. „Es geht mir gut, ehrlich. Außerdem nehmen sich die Patienten ja auch keine Pause."Paula hob eine Augenbraue und schüttelte leicht den Kopf, bevor sie sich wieder ihrer Übergabe widmete. „Wo sie recht hat, hat sie recht", murmelte sie, während sie die wichtigsten Punkte durchging. Und tatsächlich – im Rettungsdienst gab es keine Pausen. Die Menschen brauchten Hilfe, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, egal, ob die Sanitäter selbst erschöpft oder angeschlagen waren. Phil sah Florentina mit einem leicht sorgenvollen Blick an, sagte aber nichts. Er wusste, dass sie stur war und sich nicht so einfach aus der Bahn werfen ließ. Doch tief in seinem Inneren war er besorgt um sie. Die letzten Wochen hatten sie beide an ihre Grenzen gebracht, und der Vorfall am Morgen hätte jeden anderen ins Krankenhausbett gezwungen. Aber Florentina war nicht wie jeder andere. Sie hatte diesen unbändigen Willen, trotz aller Widrigkeiten durchzuhalten.Nachdem die Übergabe abgeschlossen war, nahm jeder seine gewohnte Position ein. Phil war für den Dienst im NEF (Notarzteinsatzfahrzeug) eingeteilt, während Florentina diesmal mit Thomas im RTW (Rettungswagen) arbeitete. Thomas, ein erfahrener und gutmütiger Kollege, war bekannt für seine Gelassenheit, egal wie stressig die Lage war. Doch auch er war etwas überrascht, als er Florentina sah.„Na, noch immer im Dienst?", fragte er mit einem Schmunzeln, während sie den RTW bestiegen.Florentina nickte entschlossen. „Natürlich. Bin doch keine Memme."Kaum hatten sie sich eingerichtet, ließ der erste Einsatz nicht lange auf sich warten. „Patient spuckt Blut", kam die Meldung aus der Zentrale. Sofort schalteten Thomas und Florentina die Sirene ein und machten sich auf den Weg. „Blut spucken ist selten ein gutes Zeichen", meinte Thomas, während er routiniert durch den Verkehr navigierte. „Könnte alles Mögliche sein – Lungenblutung, Magengeschwür... Wir werden es gleich sehen."Florentina nickte, während sie sich mental auf den Einsatz vorbereitete. Die Anspannung in ihr wuchs. Solche Fälle konnten schnell lebensbedrohlich werden, und sie wusste, dass sie schnell handeln mussten, um den Patienten zu stabilisieren. „Ein NEF kommt von einer anderen Zentrale", informierte die Leitstelle über Funk. „Ihr seid die Ersten vor Ort."„Verstanden", antwortete Thomas, während sie um eine enge Kurve bogen und die Blaulichter den nächtlichen Himmel erhellten. Florentina überprüfte noch einmal das Equipment im Wagen – Sauerstoff, Notfallmedikamente, Beatmungsbeutel. Alles war bereit.Als sie am Einsatzort ankamen, stand ein älterer Mann auf dem Gehweg und winkte ihnen hastig zu. Sein Gesicht war blass, seine Augen weiteten sich vor Angst, als er ihnen entgegeneilte.„Schnell, sie spuckt Blut, meine Frau! Sie ist drinnen!" Der Mann war völlig außer sich.Florentina und Thomas nahmen ihre Taschen und liefen mit ihm ins Haus. Im Wohnzimmer lag eine ältere Dame auf der Couch, Blutspuren auf ihrem Oberteil und dem Teppich unter ihr. Sie war bei Bewusstsein, doch ihr Atem ging schwer und sie hustete immer wieder blutigen Schleim.„Beruhigen Sie sich", sagte Florentina ruhig zu dem Ehemann, der zitternd an der Tür stand. „Wir kümmern uns um sie."Thomas kniete sich sofort neben die Frau und begann mit der Untersuchung, während Florentina den Sauerstoff vorbereitete. Sie sah die Panik in den Augen der Patientin, aber auch den Schmerz, den sie verspürte. „Wir werden Ihnen helfen", versicherte Florentina, während sie die Sauerstoffmaske aufsetzte und die Werte auf dem Monitor überprüfte. Die Sättigung war niedrig – keine gute Nachricht.Das NEF traf bald darauf ein, und der Notarzt, ein jüngerer Mann mit ernster Miene, trat hinzu. „Lungenembolie?", mutmaßte er, nachdem er sich die Symptome angesehen hatte.„Das könnte es sein", bestätigte Thomas, „aber wir müssen sie schnell in die Klinik bringen, bevor sich ihr Zustand verschlechtert."Mit vereinten Kräften verluden sie die Patientin in den RTW, und Florentina hielt während der gesamten Fahrt die Vitalparameter im Auge. Die Situation war angespannt, aber unter Kontrolle – zumindest vorerst.Nach etwa 20 Minuten erreichten sie das Krankenhaus, wo das Team die Patientin an das Notfallpersonal übergab. Der Notarzt und Thomas besprachen kurz die Details des Falls mit den Kollegen in der Notaufnahme, während Florentina die Papiere ausfüllte und das Equipment überprüfte.„Du warst klasse", lobte Thomas sie, als sie zurück zum Wagen gingen.Florentina lächelte müde, doch in ihr brannte noch immer dieses Feuer – der Wille, zu helfen, der Grund, warum sie diesen Beruf gewählt hatte. „Danke", murmelte sie, bevor sie sich in den Beifahrersitz fallen ließ.Zurück auf der Wache fanden sie Phil, der sich gerade auf der Couch ausstreckte und versuchte, ein paar Minuten Ruhe zu finden. Als er Florentina sah, setzte er sich auf und warf ihr einen prüfenden Blick zu.„Und, wie war's?", fragte er.„Blutspucken. Mögliche Lungenembolie", antwortete sie knapp, während sie sich müde neben ihn setzte. „Aber wir haben sie stabil ins Krankenhaus gebracht."Phil nickte. „Klingt nach einen harten Einsatz." Florentina lachte leicht und gab ihm einen Kuss.Phil schmunzelte, lehnte sich zurück und legte einen Arm um sie. Phil drückte sie fest an sich und sagte nichts weiter. Die Nacht war noch lang, und keiner von ihnen wusste, welche Einsätze noch auf sie zukommen würden. Aber egal, was passierte, sie waren bereit – zusammen.

Herzschlag der Stille // ASDS Fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt