Die schwere Last des Stillstands

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Florentina starrte auf die Bettdecke, ihre Augen schwer vor Sorge und Frustration. Eine Woche hatte sie verloren. Eine ganze Woche, in der sie nicht gearbeitet hatte, während ihre Kollegen draußen ihren Job machten. Das nagende Gefühl der Nutzlosigkeit, das sie in den letzten Jahren so gut unterdrückt hatte, kehrte schlagartig zurück. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, versuchte sie sich aufzurichten, ihre Muskeln protestierten sofort. Doch Phil, der ihre Absicht erahnte, griff schnell ein und drückte sie sanft zurück aufs Bett.

„Oh nein, du stehst mir nicht auf!", mahnte er ernst, aber sanft. Seine Augen waren von Sorge durchzogen, doch auch von Entschlossenheit. Er würde sie nicht so weit kommen lassen.

„Aber ich muss...", begann sie, doch ihre Stimme brach ab, als die Realität ihrer Lage sie einholte. Sie fühlte sich schwach, hilflos. Ein Gefühl, das sie schon einmal erlebt hatte und das sie nicht mehr loswerden wollte. Der Gedanke, dass sie nicht in der Lage war, anderen zu helfen, machte sie verzweifelt. Für Florentina bedeutete Arbeit nicht nur, ihren Lebensunterhalt zu sichern – sie war ein Teil ihres Selbstwertes, ihrer Identität.

„Wie lange?", fragte sie schließlich, ihr Blick wanderte unruhig zu den Monitoren, die ihre Vitalwerte anzeigten. Sie versuchte, ihre Frustration zu verbergen, aber es gelang ihr kaum. „Wie lange dauert es, bis ich wieder fit bin?"

Phil seufzte. Er wusste, dass diese Frage früher oder später kommen würde, doch die Antwort würde ihr sicher nicht gefallen. „Drei Monate", sagte er mit Bedauern in der Stimme. „Mindestens. Es kommt noch Physiotherapie dazu, und die wird dir einiges abverlangen. Du musst dich langsam erholen, Florentina. Es wird nicht einfach sein."

Drei Monate. Das Wort hallte in ihrem Kopf wider, als hätte er es zehnmal gesagt. Drei Monate, in denen sie nicht arbeiten konnte, in denen sie zusehen musste, wie die Welt ohne sie weiterlief. Die bloße Vorstellung quälte sie. Sie schloss die Augen und atmete tief durch, doch der Kloß in ihrem Hals blieb. Florentina war es gewohnt, die Kontrolle über ihr Leben zu haben. Sie war es gewohnt, stark zu sein – für andere, für sich selbst. Doch jetzt war sie dazu gezwungen, sich helfen zu lassen. Ein Gedanke, der ihr widerstrebte.

„Ich kann das nicht, Phil. Ich... ich muss zurück. Die Arbeit...", ihre Stimme zitterte vor Verzweiflung, doch Phil unterbrach sie sanft.

„Florentina", sagte er und nahm ihre Hand fest in seine. „Du kannst nicht immer stark sein. Manchmal muss man sich erlauben, schwach zu sein. Und du bist alles andere als nutzlos. Du hast so vielen Menschen geholfen. Jetzt ist es an der Zeit, dir selbst zu helfen. Lass uns das zusammen durchstehen, okay? Du bist nicht allein."

Florentina sah ihm in die Augen, und für einen Moment war sie sprachlos. Es fiel ihr schwer, die Kontrolle abzugeben, zu akzeptieren, dass sie nicht alles alleine bewältigen konnte. Doch Phil stand hier, an ihrer Seite, und bot ihr seine Unterstützung an.

„Aber was, wenn ich nie wieder so stark werde wie vorher?", fragte sie leise, ihre Stimme voller Angst. „Was, wenn ich nie wieder dieselbe sein kann?"

Phil zog seine Stirn in Falten und setzte sich neben sie. „Dann bist du vielleicht nicht dieselbe wie vorher, aber das bedeutet nicht, dass du weniger stark bist. Du hast mehr durchgemacht, als die meisten Menschen es jemals könnten. Du wirst das hier auch überstehen. Und egal wie lange es dauert, ich werde bei dir sein."

Florentina kämpfte gegen die Tränen an, die in ihren Augen brannten. Sie war nicht die Art Mensch, die sich leicht öffnen konnte. Doch Phils Worte drangen tief in ihr Herz. Zum ersten Mal seit dem Unfall ließ sie die Möglichkeit zu, dass sie vielleicht nicht alles alleine durchstehen musste.

„Ich bin es einfach nicht gewohnt, Hilfe anzunehmen", gab sie zu, ihre Stimme war ein Flüstern.

„Das weiß ich", antwortete Phil sanft und streichelte ihre Hand. „Aber das ist in Ordnung. Manchmal muss man lernen, dass es auch okay ist, sich auf andere zu verlassen."

Florentina nickte langsam, obwohl die Gedanken in ihrem Kopf noch immer chaotisch waren. Der Weg vor ihr war lang und steinig, das wusste sie. Doch vielleicht musste sie nicht jeden Schritt allein gehen. Sie sah Phil an, der ihr ein warmes, aufmunterndes Lächeln schenkte.

„Okay", flüsterte sie schließlich. „Ich werde versuchen, Geduld zu haben. Aber wenn du denkst, dass ich drei Monate einfach nur rumsitzen werde, dann kennst du mich nicht gut genug."

Phil lachte, ein herzhaftes, ehrliches Lachen, das den Raum für einen Moment mit Leichtigkeit erfüllte. „Keine Sorge, ich erwarte nicht, dass du einfach still hältst. Aber wir werden das in deinem Tempo machen. Schritt für Schritt."

Florentina atmete tief ein und aus. Zum ersten Mal fühlte sie sich ein wenig ruhiger, auch wenn die Herausforderungen, die vor ihr lagen, noch überwältigend wirkten. Doch mit Phil an ihrer Seite schien alles ein klein wenig erträglicher.

„Also gut", sagte sie mit einem schwachen, aber entschlossenen Lächeln. „Dann werde ich mich wohl auf diese drei Monate einstellen müssen."

Phil nickte. „Und wenn du bereit bist, werde ich da sein, um mit dir durch den Schnee zu laufen – vielleicht ohne Ausrutschen dieses Mal", fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu, was Florentina ein kleines Lachen entlockte.

Für den Moment reichte das aus.

Herzschlag der Stille // ASDS Fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt