Im Angesicht der Flut

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Florentina kämpfte gegen die Strömung, als sie Phil aus den Trümmern zog. Das Wasser um sie herum stand mittlerweile so hoch, dass es ihr bis zur Hüfte reichte, und der Regen prasselte unermüdlich auf sie herab. Mit aller Kraft zog sie ihn Schritt für Schritt zum Rettungswagen. Sie spürte die Anstrengung in jedem Muskel, doch die Angst um Phil trieb sie weiter voran. Seine Haut war blass, sein Atem flach, und sie wusste, dass sie keine Zeit verlieren durfte.Endlich erreichten sie den RTW. Der Wagen war auf einer erhöhten Straße geparkt, die gerade noch über dem Wasser lag. Sie zog die Tür auf, stemmte sich mit letzter Kraft hinein und hob Phil auf die Trage. Ihre Hände zitterten vor Erschöpfung, aber sie wusste, dass sie jetzt schnell handeln musste.„Komm schon, Phil, bleib bei mir", flüsterte sie, während sie ihn mit zitternden Händen in die Decke wickelte. Der RTW war ein sicherer Ort, zumindest vorerst. Das Wasser hatte den Innenraum noch nicht erreicht, aber sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bevor auch hier die Fluten anstiegen.Florentina arbeitete mechanisch und präzise. Sie verband Phils Kopf und Oberarm, wo er sich bei dem Unfall verletzt hatte. Blut tropfte von der Wunde an seinem Kopf, aber sie schien nicht allzu tief zu sein. Während sie den Verband anlegte, war sie sich sicher, dass er nicht lebensbedrohlich verletzt war – zumindest nicht direkt. Die Kälte war die größere Gefahr. Sein Körper war von dem kalten Wasser durchnässt, und sie konnte die ersten Anzeichen einer beginnenden Unterkühlung erkennen.Sie verband ihn mit dem Monitor, um seine Vitalfunktionen im Auge zu behalten. Sein Puls war schwach, aber stabil. Sein Atem beruhigte sich allmählich. „Du bist ein Kämpfer", murmelte sie leise, während sie seine Hand hielt. Die Erleichterung, dass er lebte, war überwältigend, doch es gab keine Zeit, um nachzulassen.Plötzlich knackte das Funkgerät. „Florentina, was ist los? Wo seid ihr?", kam die aufgeregte Stimme von Paula. Florentina griff hastig nach dem Gerät und drückte den Knopf.„Paula, wir sind an der Industriestraße. Phil wurde von Trümmern eingequetscht, aber er ist stabil. Ich habe ihn versorgt, aber wir brauchen einen Abtransport. Ich kann ihn nicht selbst ins Krankenhaus bringen, es gibt noch Menschen, die wir evakuieren müssen."Die Antwort dauerte einen Moment. „Wir wissen Bescheid. Der Hubschrauber ist unterwegs, aber es wird dauern. Die Straßen sind überflutet, und wir haben keine Möglichkeit, euch zu holen."Florentina drückte ihre Augen für einen Moment zusammen. „Verstanden. Ich bleibe hier und kümmere mich um die Menschen. Ihr müsst mir Bescheid geben, sobald der Hubschrauber in der Nähe ist."Sie legte das Funkgerät beiseite und atmete tief durch. Es war keine perfekte Lösung, aber in dieser Situation gab es keine perfekten Lösungen. Phil würde warten müssen. Er war stabil, und das war das Wichtigste.„Ich lass dich nicht allein, okay?", sagte sie sanft, während sie seine Hand für einen Moment drückte. Er war immer noch bewusstlos, aber sie wusste, dass er ihre Worte auf irgendeine Weise spüren konnte. Dann richtete sie sich auf und ging zur Tür des RTWs.Das Wasser draußen stieg weiter. Menschen rannten durch die Straßen, suchten verzweifelt nach Schutz vor den Fluten, und sie wusste, dass es noch viele gab, die in Not waren. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie jetzt handeln musste – nicht nur für Phil, sondern für all jene, die auf Hilfe angewiesen waren.Florentina schnappte sich ihre Ausrüstung und sprang aus dem RTW in das eiskalte Wasser. Es reichte ihr mittlerweile bis zur Hüfte. Sie watete durch die überflutete Straße und suchte nach den Menschen, die sie retten musste. Ihre Augen scannten die Umgebung, und sie sah bald einige ältere Menschen, die verzweifelt versuchten, sich aus einem überfluteten Haus zu retten.„Alles wird gut!", rief sie ihnen zu, während sie auf sie zueilte. „Ich bringe euch in Sicherheit!"Die ersten beiden Menschen, die sie erreichte, waren ein älteres Ehepaar. Sie hatten sich an einer Straßenlaterne festgeklammert, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. Ihre Gesichter waren voller Angst, aber als sie Florentina sahen, schien ein Funken Hoffnung in ihren Augen aufzuleuchten.„Haltet euch an mir fest!", rief Florentina, während sie sich zu ihnen durchkämpfte. Sie half der Frau zuerst, zog sie in Richtung des Rettungswagens und kehrte dann für den Mann zurück. Es war anstrengend, und die Strömung des Wassers machte es schwer, aber Florentina ließ sich nicht aufhalten.Einer nach dem anderen brachte sie die Menschen zurück zum RTW, wo sie sie sicher unterbrachte. Ihr Körper schrie vor Erschöpfung, doch sie ignorierte den Schmerz. Phil lag im Inneren des Fahrzeugs, sicher und versorgt, aber sie wusste, dass sie ihn bald in ein Krankenhaus bringen mussten. Sie konnte nicht riskieren, dass sein Zustand sich verschlimmerte.Nachdem sie die Menschen im RTW sicher untergebracht hatte, versuchte Florentina über Funk erneut eine Rückmeldung zu bekommen. „Industriestraße, Rettungswagen 31. Der Kollege ist verletzt und stabil, aber wir benötigen dringend einen Hubschrauber für den Abtransport!"Das Funkgerät knisterte, und schließlich kam eine Antwort: „Der Hubschrauber ist auf dem Weg, aber es wird noch mindestens 20 Minuten dauern. Haltet durch!"20 Minuten. Florentina war nicht sicher, ob das eine Ewigkeit oder ein Augenblick war. Sie atmete tief durch und lehnte sich kurz gegen die Seitenwand des Rettungswagens. Ihre Gedanken rasten. Sie hatte alles getan, was sie konnte, um Phil zu stabilisieren, aber das Warten fühlte sich unerträglich an.„Florentina..."Die leise, schwache Stimme ließ sie aufschrecken. Phil war wach. Seine Augen waren halb geöffnet, und er sah sie an. Sein Gesicht war blass, aber er lächelte schwach.„Du bist... unglaublich", flüsterte er heiser.Florentina lächelte trotz der Tränen, die plötzlich in ihren Augen brannten. „Du hättest mich fast zu Tode erschreckt, weißt du das?" Sie ging zu ihm und strich ihm sanft über die Wange.„Du rettest immer den Tag", murmelte Phil und versuchte, seine Hand zu heben, um ihre zu greifen, doch er war zu schwach.Florentina nahm seine Hand und hielt sie fest. „Jetzt ist Ruhe angesagt, verstanden? Wir holen dich hier raus."Der Hubschrauber näherte sich schließlich, und die Erschöpfung, die Florentina die ganze Zeit unterdrückt hatte, brach über sie herein, als sie realisierte, dass Hilfe nahte. Rettungskräfte kamen, um Phil in Sicherheit zu bringen, während Florentina den anderen im RTW half, die evakuiert werden mussten. Als der Hubschrauber abhob und Phil fortgebracht wurde, wusste Florentina, dass es noch lange dauern würde, bis dieser Albtraum vorüber war. Doch sie fühlte auch eine tiefe Dankbarkeit – für die Sicherheit ihres Partners und die Kraft, die sie in den dunkelsten Momenten gefunden hatte.

Herzschlag der Stille // ASDS Fanfiction //Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt