Kapitel 25- Training

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"Nein, definitiv nicht!", sagte die Frau entrüstet und hielt ihren Sicherheitsabstand zu mir ein, wie es schien. Ich seufzte. Das durfte doch nicht wahr sein. Dann hatte ich aber auch das Recht den Grund zu erfahren. Es war schließlich eine ganz normale Bitte an sie.
"Aber warum denn nicht? Zuerst belehren Sie mich, was ich beim Bändigen falsch mache und dann, wenn ich ihre Hilfe brauche geben Sie sie mir nicht?" Verärgert starrte ich die Frau mit funkenden Augen an. Diese betrachtete ihre Fingernägel eingehend, anstatt jetzt auch nur die reinste Notiz von mir zu nehmen. Genervt rollte ich mit den Augen. Wo die wohl herkam
"Es ist nicht so, dass ich deine Bitte ablehne. Im Gegenteil, es ist sogar meine Bestimmung dir zu helfen. Nur bin ich mir nicht wirklich sicher, ob ich im Bändigen noch in Form bin", erwiderte die Frau. Unsicher blickte sie wieder zu mir und schwebte ein Stück näher in meine Richtung.
"Warum probieren Sie es dann nicht aus? Sie sagten, hier sei der beste Platz um zu üben. Und warum ist es ihre Bestimmung mir zu helfen?", wollte ich wissen. Daraufhin lächelte die Frau geheimnisvoll. "Alles zu seiner Zeit", beruhigte sie mich und legte ihre Hände auf meine Schultern. Bei ihrer Berührung wurde mir ganz warm ums Herz. Es fühlte sich so an, als wäre ich ihre Tochter und in diesem Moment wäre ich es auch gern gewesen. Ihr Blick wanderte im Raum umher.
"Ok, jetzt greif mich an", befahl sie. Das alles ging so schnell. Kampbereit schwebte sie mir gegenüber. Sie hatte noch nicht mal eingewilligt, doch dies sollte wohl ihre Einwilligung sein. Ich stellte mich aufrecht hin und holte tief Luft. Danach ließ ich sie langsam wieder entweichen und bewegte meine Hände nach Süden, um mir einen festen Punkt zu suchen, aus dem ich möglichst viel Wasser ziehen konnte. Im nächsten Moment stampfte ich einmal kräftig mit dem Fuß auf und es breiteten sich riesige Wellen von meinem Fuß aus. Die Frau ließ sich davon nicht beirren und hob im letzten Moment, bevor sie von einer Welle überrollt werden konnte, die Hände und bildete eine Art Kreis über ihrem Kopf. Das Wasser gefror blitzschnell zu Eis. Mit einer weiteren Handbewegung löste sie einen Eisbrocken und schleuderte ihn zu mir. Ich versuchte erst gar nicht den Eisbrocken aufzuhalten, denn mit Eis konnte ich nicht so gut umgehen, wie mit Wasser. Ich sprang zur Seite und der Eisblock krachte hinter mir gegen die Wand. Wie dick war sie denn, dass sie so einen Angriff aushielt? Die Wand natürlich. Ich richtete mich auf und schmolz das Eis, damit ich meine Angreiferin sah. Ich nahm das Wasser vom Boden auf und formte es zu einer Kugel. Diese teilte ich noch einmal in winzige Wasserblasen auf. Eine Drehung im Kreis genügte und die Blasen flogen auf sie zu. Zugegeben, ein ganz schön mickriger Angriff von mir. Aber was sollte ich auch anderes tun, wenn es nichts weiter gab, was ich konnte? Schnell rasten Die Kugeln auf die Frau zu. Sie lehnte sich nach hinten und die Kugeln flogen an ihr vorbei und klatschten gegen die Wand. Die letzte Kugel fing die auf. Ihre Hände umkreisten den Wasserball und er wurde mit jeder Sekunde größer. Ich errichtete ein Schutzschild aus Wasser vor mir und die Kugel prallte dagegen. Die Schutzwand zierte ein großes Loch. Die Kugel war so hart gewesen, dass sie mein Schutzschild zerstört hatte. Ich kauerte auf dem Boden, überwältigt, was für eine Kraft diese Frau hatte.
"Sie sind auf keinen Fall eingerostet", schnaufte ich und stöhnte am Boden. Schon nach fünf Minuten war ich komplett aus der Puste. Ich musste mal an meiner Ausdauer arbeiten. Die Frau schwebte zu mir und schaute herunter.
"Nun ja, so gut wie damals bin ich aber auch nicht mehr", gestand sie und reichte mir ihre Hand, welche ich auch dankbar annahm.
"Können Sie mir jetzt helfen oder nicht?", fragte ich vorsichtshalber nochmal nach. Die Frau schien zu überlegen.
"Nur, wenn du wirklich alles tust, was ich dir sage und stell bitte auch keine unnötigen Fragen", mahnte sie und lächelte schließlich. Das war wohl ein Ja. Ich lächelte auch. Wurde ja auch mal Zeit, dass ich mich an jemanden wenden konnte, der mehr Erfahrung im Bändigen als Mrs Bluelight hatte.
"Klar, mach ich. Meinen Sie solche Fragen wie: Wie heißen Sie? Ich dachte nur, ich kann sie ja nicht ewig Frau nennen", antwortete ich. Die Frau wandte sich ab.
"Meinen Namen wirst du noch früh genug erfahren", meinte sie. Ich nickte nur enttäuscht, aber fragte nicht weiter nach.
"Wann beginnen wir überhaupt?"
"Na, was denkst du denn? Jetzt natürlich. Steh auf!", kommandierte die Frau und ich stellte mich kerzengerade auf, als wären wir in der Armee.
"Und mach deinen Rücken nicht so gerade! Das tun Leute nicht", fügte sie hinzu, ohne dass sie gerade zu mir gesehen hätte. Erstaunt machte ich meinen Rücken ein klein wenig krummer. Und das sollte zum Training gehören?
"Ähm ok, gibt es eine Einführung?", sagte ich.
"Ja, aber ich sagte doch, du sollst keine unnötigen Fragen stellen", sagte die Frau streng und lief im Raum auf und ab.
"Bevor wir anfangen musst du erst einmal etwas ganz wichtiges wissen", murmelte die Frau vor sich hin und ich spitzte die Ohren, um auch nichts zu verpassen.
"Lass dich von der Dunkelheit nicht blind machen." Die Frau schaute zu mir. "Hast du das verstanden?" Gelangweilt schluckte ich. Das hatte ja wohl nicht mal ansatzweise mit dem Elementbändigen zu tun, oder? Das würde ein hartes Training werden. Wir verbrachten viel Zeit mit dem Trainieren, wobei ich mir danach noch sehnlicher eine Wasserflasche wünschte, als vorher. Am Ende jedes Kampfes lag ich, wie das schwächste Elementbändigerin der Welt, auf dem Boden und seufzte vor mich hin. Die Frau löste sich am Ende des Trainings so schnell in Luft auf, wie sie gekommen war und ich stand allein und durstig im Übungsraum. Bestimmt hatte ich nicht mehr die nötige Kraft, mich zurück ins Zimmer zu schleppen. Ich schaffte es trotzdem. Mein Kopf dröhnte noch, so dass ich fast das Passwort für die geheime Tür vergessen hätte. Zum Glück fiel es mir doch noch ein. Nachdem ich mich auf mein Bett geworfen hatte, sah ich auf, damit ich sah, was Coral gerade trieb. Und da bemerkte ich erst, dass sie gar nicht da war. Ich blickte mich im Raum um und ging ins Bad. Keine Spur von ihr, wo konnte sie nur sein. Coral war auch nicht so jemand, der sich aus Spaß vor jemandem versteckte. Nein, sie musste etwas vorhaben. Etwas wovon ich nichts wissen sollte. Hatte sie mich deswegen weggeschickt? Zum wiederholten Mal an diesem Tag stöhnte ich laut auf und griff in meinem Schrank nach einer großen, vollen Flasche Wasser. Egal, sie würde schon auf sich selbst aufpassen können. Gerade, als ich mich wieder auf mein Bett legen wollte, klopfte es an der Tür. Genervt öffnete ich sie und sah in Christians haselnussbraune Augen. Er sah ein wenig besorgt aus und ich fragte mich, ob seine Besorgnis mir galt.
"Ach, du bist es", sagte ich zögernd. "Was willst du?" Anstatt zu antworten quetschte sich der Typ unhöflich an mir vorbei und suchte mit den Blicken unser Zimmer ab.
"Ich musste nur schnell sicher gehen, ob du auch allein im Zimmer bist", erklärte er.
"Ja bin ich. Coral ist verschwunden. Ist sie vielleicht drüben bei Drew?", fragte ich nach. Könnte ja theoretisch sein, dass Coral sich lieber bei Drew ausgeheult hätte.
"Nein, Drew möchte jetzt zum Trainingsplatz aufbrechen und außer Jo sind ist der Rest zu ihren Eltern gefahren. Aber Jo hat vorhin gemeint, er hätte Coral gesehen, als sie aus dem Zimmer gegangen ist und das war schon vor einer Weile", erzählte Christian. Ich seufzte. Und wo war Coral nun?
"Christian, wir müssen sie finden! Wer weiß was sie gerade anstellt. Vorhin hat sie geweint, wegen ihren Eltern. Los, jetzt komm!", drängelte ich und nahm mir meine Jacke vom Haken. Doch Christian folgte mir nicht. Er blieb wie angewurzelt stehen.
"Willst du Wurzeln schlagen, oder was? Also ich geh schon mal los", entgegnete ich. Christian zögerte. "Nein, zuerst will ich das Buch wieder haben, was du dir von mir "ausgeborgt" hast", forderte Christian und ich schluckte heftig. Was sollte ich jetzt nur sagen? Sollte ich einfach los rennen und ihn stehen lassen? Allerdings wusste ich nur zu gut, dass Christian sich super im Bändigen auskannte und auch nicht zögerte, seine Elemente einzusetzen. Aber jede Sekunde, die ich hier überlegte, was ich nun am besten tat konnte für Coral zu spät sein. Schwebte sie überhaupt in Gefahr? Ich schaute zu meinen Füßen, als wüssten sie die richtige Antwort. Ich sah auf.


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