33. Vollmondnacht

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Ich wich aus dem Schatten, in den ich so eben getreten war.

Meine Gedanken rasten, sodass ich einen Moment brauchte, um sie wieder richtig ordnen zu können. Doch das Bild, das sich vor meinen Augen abspielte, zerstörte meine Bemühungen vollkommen. Zwei Austauschschüler in einer Lache aus Blut, wovon die eindeutige Mehrheit aus Cyans Körper entflossen sein musste. Sein weißes Hemd war mit Blut getränkt und an der Seite klaffte ein großes Loch darin, aus dem beständig Blut auf den grauen Linoleumboden sickerte. Unter den Haarsträhnen, die ihm auf dem seitlich gelegten Kopf ins Gesicht fielen, konnte ich im spärlichen Licht der vier Meter entfernten Deckenlampe außerdem eine Platzwunde ausmachen, die sein schwarzes Haar blutrot färbte.

Lizzy lag direkt neben ihm in der Pfütze aus Blut, die Cyan hinterlassen hatte, was meine Vermutung bestätigte, dass der Angreifer es zuerst mit Cyan aufgenommen haben musste. Es konnte sich dabei um nur einen Angreifer gehandelt haben, wenn Cyan und Lizzy nacheinander zu Boden gegangen waren. Im fahlen Licht konnte ich nicht einmal erkennen, ob die beiden überhaupt noch am Leben waren.

"Lizzys Herschlag ist relativ gleichmäßig. Ich glaube, sie ist nur bewusstlos", murmelte Christian langsam, als hätte er meine Gedanken gelesen. Seine Hand glitt zu ihrem Handgelenk, um den Puls zu messen. "Cyans dagegen geht ziemlich langsam, deswegen kann ich nur vermuten, ob er es überleben wird oder nicht. Aber noch sind sie beide am Leben und das wird auch so bleiben, wenn er schnell behandelt wird."

Ich nickte monoton, obwohl er mit dem Rücken zu mir hockte und es nicht sehen konnte. Denn obwohl dies wohl die Anweisung sein sollte, schnellstens einen Lehrer zu informieren, konnte ich mich nicht vom Fleck rühren. Nicht nur aus dem Grund, dass dieser Anblick so erschreckend brutal war. Wenn die zwei Austauschschüler von den Heilerinnen behandelt wurden, hatte ich keine Chance mehr, anhand ihrer Verletzungen irgendetwas über den Angriff herauszufinden und ich bezweifelte stark, dass sie dazu in der Lage wären, mir meine Fragen zu beantworten, selbst wenn ich die Gelegenheit bekäme, mindestens einen der beiden nach ihrem Erwachen zu befragen. Höchstwahrscheinlich hatte der Spion sich sogar die Mühe gemacht, die Erinnerungen an den Kampf vollends aus Cyans und Lizzys Gedächtnis zu löschen, wenn er dazu im Stande wäre. Daher musste ich die Chance ergreifen, um mir ein Bild über den Angriff verschaffen zu können.

Da ich die Wunden etwas genauer inspizieren wollte, um noch mehr über den Ablauf des Attentats herauszufinden, näherte ich mich den zwei Körpern erneut. Dieses Mal schreckte ich nicht vor dem grausamen Anblick zurück. Doch als ich Christian schon fast über die Schultern blicken konnte, hielt er mich zurück.

"Tu das nicht!", warnte er mich ohne sich umzusehen. Aprupt blieb ich stehen. Warum hielt er mich auf? Die Beweise lagen direkt vor meiner Nase und es wäre unklug, sie zu ignorieren, wenn sie dabei helfen könnten, einen weiteren Angriff des Spions zu verhindern. Doch noch bevor er fortfahren konnte, wusste ich, dass es ein Fehler war, meinen Wissensdrang über die Gesundheit der verletzten Schüler zu stellen. Ich konnte nicht ihre Leben riskieren, nur um an ungenaue Informationen heranzukommen.

"Wenn du Cyans Leben irgendwie retten kannst, dann tust du das am ehesten, wenn du einen Lehrer holst. Und es muss sofort passieren, denn die Lage ist sehr ernst", erinnerte er mich und seine Worte ließen keinerlei Wiederspruch dulden. Seufzend trat ich einen Schritt zurück. Er hatte Recht. Ich durfte keine Zeit verschwenden. Hier stand Cyans Leben auf dem Spiel.

"Ich hole Mrs Crumber", versprach ich ihm fest entschlossen und warf einen letzten Blick auf die am Boden liegenden Schüler. Sicherlich hatte Christian die beiden Körper ausgiebig analysiert. Bei Fragen würde ich mich an ihn wenden müssen.

"Beeil dich und erzähl erst einmal niemandem davon, bevor die Gründer hier auftauchen! Gerüchte verbreiten sich auf dieser Schule schneller als Feuer", erinnerte er mich, während er einen Stoffstreifen am Ärmel seines Hemds abtrennte und damit die Platzwunde an Cyans Kopf bandagierte.

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