Nach einem üppigen Abendessen war es für uns an der Zeit, sich für die kommende Party zurecht zu machen, was gar nicht so lange dauerte, wenn man bedachte, wieviel Zeit wir noch bis zu ihrem Beginn hatten. Da sich mit Make-Up niemand von uns so richtig auskannte, bis auf Alice, die mal wieder im Nachbarzimmer herumlungerte, banden wir einfach unsere Haare mit verschiedenen Flechttechnicken aus dem Gesicht, wobei wir eigentlich nicht das richtige Wort war, da nur Cat besonders gut flechten konnte.
Nach einer Stunde verließen wir das Zimmer, schlossen hinter uns ab und schlichen auf leisen Sohlen auf den Gang. Wir passierten die Glastür, die zu dieser späten Stunde bereits geshlossen war und den Wasserbändiger- und Feuerbändigergang voneinander trennte. Das Zimmer der Jungs lag gleich hinter der Glastür links, sodass das Risiko auch so schon ziemlich gering war, dass uns ein Lehrer auf dem Flur erwischte. Cat hielt vor der Tür und sah uns eindringlich an.
"Ich will zwar kein Aschenputtel spielen, aber um Mitternacht sollten wir dennoch zurück in unser Zimmer, sonst schöpft Alice noch Verdacht und bekommt Wind von der Sache. Wenn sie uns verpetzt, wird die nächste Gelegenheit für eine Party nicht so schnell wieder kommen, also..." Sie ließ das Ende ihres Satzes bewusst offen stehen uns nickte uns nur leicht zu.
"Jaja, mach endlich die Tür auf, sonst platze ich noch vor Neugier", drängte sie Coral. Cat rollte mit den Augen, drückte jedoch die Klinke herunter.
Als mein Blick auf das Zimmer fiel, musste ich zugeben, dass die Jungs ganze Arbeit geleistet hatten. Sowohl mit der Dekoration, als auch mit Essen uns Getränken. Trotzdem blieb uns nicht viel Zeit, die "Party-Location" zu bewundern, da sich die Jungs, die zuvor wahrscheinlich alle auf ihren Betten gelümmelt hatten, endlich erhoben, um uns ordentlich in Enfang zu nehmen. Drew ging danach sofort zum Radio und drückte den On-Knopf. Um nicht die anderen Schüler zu wecken, stellte er eine halbwegs vernünftige Lautstärke ein, die trotzdem noch ganz schön laut war. Ich hatte keine Ahnung, was sich die Jungs bei dieser Rock CD hatten einfallen lassen, doch es klang einfach nur scheußlich. Dieser Musikgeschmack, jeder Kuschelsong wäre mir in diesem Moment lieber gewesen. Also ging ich zur Musikbox, drückte den Offlineknopf und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
"Was habt ihr euch denn dabei gedacht? Diese Musik, falls man sie als eine bezeichnen kann, ist ja grottig. Klingt, als hätten sie das Album im Keller eines Geisterhauses aufgenommen", beschwerte ich mich und betägtigte einen Knopf, um auf Radio umzustellen.
"Viel besser", stimmte Cat mir zu und fing an zu tanzen. Die Jungs sahen ein wenig bedröpelt aus, wie sie da so standen. Aber es blieb ihnen wohl keine andere Wahl, als unseren Musikwünschen Folge zu leisten. Wenige Minuten später tanzten alle im Zimmer herum, wobei ich mich echt fragte, wer denen das Tanzen beigebracht hatte, denn ich selbst saß nur daneben und schaute meinen Freunden zu. Irgendwie hatten sie alle Spaß. Auch Christian wagte sich nicht zu Tanzen und gesellte sich zu mir. Ich saß auf der Fensterbank und starrte in die Dunkelheit. Bis er kam dachte ich darüber nach, was all diese Geheimnisse zu bedeuten hatten und ob ich eine wichtige Rolle in all dem Chaos spielte, wegen den neuen Kräften, die ich plötzlich im Wald entfachte. Es konnte da womöglich einen gewissen Zusammenhang geben. Da räusperte er sich hinter mir. Ich drehte mich nicht um, weil ich nicht noch mehr dieses Gefühl spüren wollte, ihn nicht verstehen zu können. Er setzte sich trotzdem neben mich. Ich seufzte und drehte den Kopf.
"Was willst du?", fauchte ich ihn an, ohne zu wissen, ob er zu mir kam um sich zu entschuldigen, wegen den kalten Blicken.
"Nichts, ich... eigentlich... ach ja, eigentlich gehört ja nicht zu deinem Wortschatz", sagte er grinsend. Ich zog eine Augenbraue hoch.
"Doch, nur du darfst es in meiner Nähe nicht benutzen", korrigierte ich ihn. Er lachte leise und es hörte sich auch echt an. Wann hatte ich ihn das letzte Mal richtig Lachen hören? Lachte er überhaupt mal echt? Oh nein, jetzt sah ich in ihn wieder, den süßen Jungen, mit dem Lächeln, dass niemand ignorieren konnte. Er stand wieder auf und lief zu seinem Schreibtisch. Darauf stand seit neustem eine Vase mit Blumen darin. Alle Rosen waren abgeknickt oder verwelkt, nur eine einzige nicht. Dieses Bild brannte sich tief in mein Gehirn. Er nahm die nicht vertrocknete Rose und kam zurück. Beinahe wäre ich neugierig geworden, woher er die Rose hatte. Ob gekauft oder selbstgepflückt oder... geschenkt? Eifersucht stieg in mir auf, doch sie verflog, als er mir die Rose in die Hand drückte.
"Weißt du? Rosen sind das, was man äußere Schönheit nennt. Es gibt so viele Rosen, dass man sie nicht zählen kann. Normale Rosen welken irgendwann. Aber... eine gibt es, die es nicht tut. Und das bist du."
Dies sagte er in einem romantischen Ton, den ich von ihm zum ersten Mal hörte und ich musste unwillkürlich lächeln. Ein Kompliment dieser Art hatte ich bisher von niemanden bekommen und deshalb rührte es mich auch so, es ausgerechnet aus seinem Mund zu hören. Ich konnte ihm jetzt auch sagen, was ich für ihn empfand, aber was, wenn dies auch nur ein Spruch war, den er nicht aus Liebe zu mir gesprochen hatte. Vielleicht war es nur ein einfaches Kompliment, das besagte, dass ich ihm eine normale Freundin war, soetwas wie ein Kumpel. Dann würde ich total ins Fettnäpfchen treten. Ich ging lieber auf Nummer sicher.
"Ich... und du lügst... lügst mich auch nicht an?", stammelte ich und lief so rot an, wie Coral vorhin. Ich senkte den Kopf, damit meine Haare mein Gesicht bedeckten. Das könnte mir das Peinlichste noch ersparen. Christian nickte sanft und warf ebenfalls einen Blick aus dem Fenster. In diesem Moment rief Cat hinter uns: "Habt ihr vielleicht Kiki und Sebastian gesehen? Die beiden sind irgendwie... weg." Ich sah mich um. Cat kratzte sich am Kopf, als hätte sie etwas verbotenes getan und machte einen großen Schritt zurück, um sich zu entfernen, weil sie uns störte, wie sie wohl dachte.
"Wie weg?", fragte ich, bevor sie wieder zu den anderen ging. Okay, eine dumme Frage, vor allem wenn man weiß was weg heißt. Und wie heißt es doch so schön: Auf dumme Fragen, kriegt man dumme Antworten. Der Spruch passte jetzt echt super.
"Na weg", antwortete Cat verzweifelt. "Eben hat sie noch mit Sebastian getanzt und jetzt sind beide weg. Oder denkt ihr etwa, dass sie absichtlich allein sein wollen." Es war keine Frage, doch ich nickte heftig und Cat grinste nur und wandte sich ab. Ich schaute zu Christian.
"Willst du mir also sagen, dass ich etwas Besonderes bin?", wollte ich nun wissen. Wenn er das meinte, was ich dachte, dann empfand er vielleicht doch etwas für mich. Wenn Mädchen von einem Jungen als besonders bezeichnet werden, heißt das meistens, dass die Jungen in dieses Mädchen verliebt sind. Aber bestimmt reimte ich mir da wieder einmal etwas zusammen. Hoffen war ja nicht verboten. Er schaute nicht zu mir, sondern betrachtete weiter das Nichts, die Dunkelheit, was auch immer es da interessantes zu sehen gab. Vorsichtshalber riskierte ich auch einen Blick. Doch unten war nichts zu sehen. Ich runzelte die Stirn.
"Nun ja... ich... ja", antwortete er erneut zögernd. Ich spürte wie ich zum zweiten Mal errötete. Damit Christian dies nicht sah, entfernte ich mich von ihm und lief schnellen Schrittes zu den Schrebtischen, auf dem einige Knabbereien auf Servietten lagen. Schlaue Idee. Falls er mir hinterherkam, dann hatte ich den Mund voll und würde nicht mit ihm sprechen können. Ich wollte ihm jedoch nicht das Gefühl geben, dass ich nach seiner Antwort nicht mehr mit ihm zu tun haben wollte. Das ergab sowieso keinen Sinn. Doch Christian folgte mir nicht. Wer wünschte sich auch schon einen Freund, der einem immer hinterherdackelte. Christian war genau die Art von Jungen, die ich am meisten mochte. Geheimnisvoll, süß, gutaussehend, nicht zu aufdringlich und talentiert im Bändigen. Und ich mochte ihn nicht nur, weil er der Avatar war. Coral schlich sich an mich heran und schnappte sich eine Hand Salzstangen.
"Sieht nicht übel aus, dieser... wie heißt der nochmal?", fragte sie und starrte zur Fensterbank. Ich verschluckte mich fast an den Chips und schenkte mir ein Glas Apfelsaft ein. Coral stand doch nicht etwa auf Christian.
"Er heißt Christian", sagte ich hustend. Ich bewarf sie mit kühlen Blicken und schaute entsetzt zu Christian, ob er sich nach Coral umsah. In diesem Moment begann Coral zu lachen.
"Warum sind hier alle in einen Typen verliebt?", kicherte sie und blickte zu Cat, die sich mit Chris unterhielt. Ich atmete erleichtert aus. Sie hatte mir nur einen Streich spielen wollen, um herauszufinden ob ich Christian mochte.
"Miese Ratte", schimpfte ich und knuffte sie in die in die Seite. "Außerdem, wer hat denn bitte schön gesagt, dass ich auf ihn stehe", warf ich ein. Coral lächelte.
"Das sieht man an deinen Augen. Sie werden groß und rot und wenn du rot wirst, schaust du ganz schnell weg, damit er es nicht bemerkt. Das nenne ich mal voll verknallt", meinte sie grinsend und wollte auf Drew zusteuern.
"Und was ist mit Drew? Der hat dir aber auch den Kopf verdreht", konterte ich und Coral blieb stehen. Sie drehte sich um und bedachte mich mit einem Blick, der besagte: Komm mir nicht mit dem! Und Wie kommst du denn auf gerade den? Ich würde nun am liebsten das gleiche antworten wie sie, aber auf einmal klopfte es an der Tür. Wir alle sahen auf und hörten auf zu tanzen. Chris und Cat verstummten und irgendjemand machte die Musik aus.
"Mist", murmelte Coral verzweifelt. "Die Lehrer."
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School of Elements
Fantasy~ Zwei Bände in einem Buch ~ ◆ School of Elements I - Ruf der Elemente ◆ School of Elements II - Nacht der Elemente ◆ School of Elements III - ? Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, jemand anderes zu sein. Ein komplett anderes Leben zu leben, a...