7. Christians Geheimnis

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Wir liefen nach 20 Minuten mit unseren Taschen zur Sporthalle und sollten uns erst einmal zehn Minuten einrennen. Die Lehrerin war mir von Anfang an sympathisch. In manchen Momenten etwas ruppig, aber auf jeden Fall fair. Sie hatte kurze Haare, die ihr bis zum Anfang des Halses reichten und dunkle Augen, wie ein Nachhimmel.

Nach dem Ausdauerlauf spielten wir ein Spiel, Brennball nannte sie es. Eingeteilt in zwei Gruppen, die Läufer, die durch Runden rennen Punkte erzielten und die Werfer, die einen geworfenen Ball in den Magiering legen mussten, damit die Läufer ihre Runden nicht beendeten oder außerhalb der umliegenden Kreise "verbrannten", begaben wir uns auf das Spielfeld. Ich hatte den Sinn noch nicht ganz verstanden, aber das würde schon noch werden.

In der zweiten Stunde Sport fingen wir mit der Belehrung an, wobei ich nur mit halbem Ohr zuhörte. Ich hasste Belehrungen, weil sie so langweilig sind und sowieso niemand zuhört. Gesagt zu bekommen, was man tun und lassen muss, kann wahrscheinlich niemand so richtig leiden.

Ich ließ meinen Blick über den Rest der Klasse schweifen. Cat wickelte eine Haarsträhne um ihren Finger und Kiki hatte sich auf den Boden gelegt und starrte auf das Deckenfenster. Gut zu wissen, dass nicht nur mir langweilig war.

Am Ende widmeten wir uns noch unserem neuen Thema. Basketball. In den meisten Ballsportarten bin ich eigentlich ganz gut, wenn der Gegner kein Profi oder Dauerfreizeitspieler ist. Abgesehen davon, dass meine Wurftechniken aussahen, als würde ich mich an einem Balletthopser versuchen.

Schließlich läutete es in der stickigen Sporthalle endlich zur Mittagspause. Ich seufzte und stand erleichtert auf.

Während Kiki, Coral und Cat nach dem Umziehen schon zum Essensraum gingen, entschied ich mich vorher noch für einen kleinen Spatziergang am Rande des Waldes. Normalerweise durfte man das nicht, so stand es im Regelbuch, weil man befürchtete, dass uns Schatten aufspüren könnten. Doch ich erlaubte mir diese kleine Auszeit und schlenderte mit meiner Tasche über die Wiese. Vielleicht konntr ich hier noch einmal das Wasserbändigen üben, denn übermorgen stand wieder Wassertraining auf dem Stundenplan.

Ich ließ meine Tasche neben einem Baum liegen und stellte mich so hin, wie heute morgen beim Training. Mein Atem ging langsam und ruhig. Ich bewegte meine Hände nach Norden. Zu spät bemerkte ich, dass ich wohl besser die entgegengesetzte Richtung ausprobieren sollte, wenn ich meine Kugeln in eine normale Größe bringen wollte. Doch die Energie schoss bereits durch meine kribbelnden Finger.

"Hi", sagte da plötzlich eine Stimme hinter mir. Aprupt drehte ich mich um und schleuderte den Wasserball genau auf den Jungen, der vor mir stand. Schon tat es mir leid. Es war der Junge von gestern Abend, der so plötzlich verschwunden war.

Die orangefarbene Kleidung des Jungen triefte vor Nässe und ich hielt mir nur erschrocken die Hände vors Gesicht. Das ich manchmal ungeschickt war, wusste ich ja schon, aber musste mir das ausgerechnet vor ihm passieren?

"Ich... es tut mir leid... ich weiß nicht wie...", fing ich an, verstummte jedoch schnell. Wieso entschuldigte ich mich bei ihm? Klar, das war eine Frage der Höflichkeit, aber eigentlich lag die Schuld genauso bei ihm, da er sich von hinten an mich herangeschlichen hatte.

Seufzend hob ich meine Tasche vom Boden auf. "Das nächste Mal, wenn du siehst, dass ich trainiere, würde ich dir raten, dich von mir fern zu halten, wenn du keine weitere Dusche über dich ergehen lassen möchtest." Der Jungen wirkte etwas angespannt, doch für einen Moment glaubte ich, seine Mundwinkel zucken gesehen zu haben.

"Ist schon gut. Kann ja jedem Wasserbändiger mal passieren", beruhigte er mich und zwinkerte mir zu. Mit den nassen Klamotten und dem Wasser, das ihm von den Haaren tropfte, konnte ich allerdings nicht wirklich ernst nehmen.

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