Kapitel 20- Noch mehr Türen

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Coral schloss hinter uns die Tür, als wir alle im Raum standen. Aber nicht in irgendeinem Raum, sondern in dem Raum. Es gab keine Möbel, nur einen Kasten an der Wand. Dieser Raum sah nicht aus, wie der alte verstaubte Raum von gerade. Die Holzbretter waren geputzt, als hätte vor uns noch jemand anderes den Raum betreten. Alles sah makellos aus, kein einziges Staubkorn auf dem Boden. Weil wir es späten Nachmittag hatten, schien durch die Fensterscheiben der Fenster ein einladendes Sonnenlicht herein. Das Zimmer war sehr groß, großer als unser 5er Zimmer und das wollte schon was heißen. Sogar so groß, wie der Saal, in dem wir von den Elementen erfuhren. Ich schritt auf die Fenster zu und strich über den Rahmen. Sauber! Dann ging ich zu dem einzelnen Kasten und öffnete ihn. Die Tür quietschte nicht. Darin befanden sich mehrere Knöpfe. Für was die wohl gut waren? Ich drückte auf einen und sah mich um. In der Mitte des Raumes drehten sich eine Reihe von Holzbrettern um und eine Matte erschien. Ich berührte den blauen Knopf. An der Seite schoben sich Wasserbehälter aus dem Boden. Das Wasser darin musste glasklarr sein. Fast wie eine spiegelglatte Eisfläche. Ich drückte den nächsten, gelben Knopf. Vor der Matte erschien eine Holzpuppe. Auf ihrer Stirn bildeten sich die Wörter: Du hast den Übungsraum gefunden. Zeig was du kannst! Ich stellte mich vor die Holzpuppe und blickte verdutzt zu meinen Freundinnen.
"Was zum...?", stammelte ich, aber Cat schüttelte nur den Kopf ohne den Blick von der Holzpuppe abzuwenden.
"Ich glaube, dass dies hier ein Übungsraum ist, in dem wir unser Element trainieren können", vermutete Kiki. Sie bewegte ihre Hände nach links und griff dann rechts nach einem imaginärem Gegenstand. In ihren Händen bildete sich eine Wassersäule.
"Kiki, seit wann kannst du das denn?", wollte Coral überrascht wissen. Cat war genauso erstaunt und ich ebenso. Kiki hielt die Säule aus Wasser in die Luft und kicherte.
"Das habe ich in dem Buch über das Wasserbändigen gelesen", erklärte sie, öffnete ihre Handflächen und feuerte die Wassersäule auf die Holzpuppe ab. Auf ihrer Stirn bildeten sich ein neuer Satz: Exellent, aber nicht perfekt. Kiki stemmte die Hände in die Hüften.
"Pah, ich wusste noch nicht einmal, dass es beim ersten Mal gleich so gut klappt", behauptete sie und machte Cat Platz. "Du bist ja unser Wasserbändigergenie. Probier du es mal aus", verlangte sie. Cat schob sich an ihr vorbei und suchte sich einen guten Punkt aus. Das tat sie immer. Cat hob die Händen zur Decke und ein feiner Staub rieselte in ihre Hände. Sie ließ ihn in der Luft einige Muster machen, dann formte sie ihn zu einer festen Kugel und schleuderte sie auf die Holzpuppe. Sie knickte ein bischen ein, doch die vorherigen Worte blieben.
"Was? Das kann doch nicht sein. Mrs Bluelight hat mir diesen Trick mal nach einer Stunde gezigt, weil sie fand, dass ich schon bereit für sowas bin. Wie kann das bitte schön nur exellent sein", regte sich Cat auf und ich wunderte mich, dass hier jeder etwas konnte, wovon wir anderen keine Ahnung hatten. Coral legte Cat sanft einen Arm um die Schultern.
"Hey, vielleicht müssen wir etwas älter sein, damit uns dieses Holzding ein Suoer oder sowas ähnliches gibt. Wir müssen ja noch viel lernen." Sie wandte sich der Holzpuppe zu. "Aber probieren will ich es trotzdem", fügte sie mit einem Lächeln hinzu. So kannte ich Coral. Sie würde sich sowas nie entgehen lassen. Vielleicht besserte das ihre Laune, weil ihre Eltern heute nicht zum Elterntag gekommen waren. Ich hoffte es sehr. Sie ballte die Hände zu Fäusten. In ihren Händen stiegen Wassertropfen auf. Diesen Trick kannten wir alle. Wir behandelten es gerade beim Wassertraining. Die Wassertropfen wurden spitz und verwandelten sich in winzige Eissplitter. Sie fügte die Eissplitter zu einem großen Zapfen zusammen und ließ ihn aus ihren Händen gleiten. Dieses Wasserbändigen war schon mächtig und ziemlich abgefahren. Der Zafpen schlitterte an der Puppe vorbei und auf der Stirn stand nun: Versuch es noch einmal. Himmel, diese Sprüche konnten einen ja in den Wahnsinn treiben. Ich gesellte mich zu Coral, um es auch mal zu versuchen. Auf die Schnelle fiel mir kein geeigneter Bändigertrick ein, also wählte ich den einfachsten, der mir gerade durch den Kopf ging. Es musste ja nicht immer spektakulär funktionieren. Ich stellte mir eine Wasserblase vor. Eine ganz einfache Wasserblase. Die restlichen Sachen waren sehr schwierig. Gleich vornherein wusste ich, dass bei mir noch etwas viel niedriges als Versuch es noch einmal stehen würde. Dieses Bändigen gehörte zu den Grundlagen. Ich konzentrierte mich und stampfte mit dem Fuß auf, während ich die Hand in Richtung der Puppe austreckte, wie als würde ich an einem unsichtbarem Tang ziehen. Ich zog den imaginären Tang zu mir und schloss die Augen. Energie pulsierte um mich herum. Irgendetwas war anders, als beim normalem Bändigen. Oh nein, ich musste einen Fehler gemacht haben. Einen gewaltig großen. Es fühlte sich nämlich total anders an, als sonst. Ich öffnete die Augen. Von meinem Fuß breiteten sich riesige Wellen aus blauem Licht aus. Sie rissen die Holzpuppe mit sich und warfen sie um. Sie wurde durch den Raum geschleudert und zersplitterte an der gegenüber liegenden Wand. Entsetzt wagte ich einen Blick zu meinen Freundinnen. Sie starrten ebenso entsetzt zurück. Ich lief zur Puppe. Ihr Kopf war abgebrochen, doch die Worte auf der Stirn konnte man noch lesen: Fast perfekt und mehr als exellent. Meine Freundinnen rannten erschrocken zu mir und lugten über meine Schultern. Cat schob sich eine Hand vor ihren Mund und murmelte: "Wahnsinn, wie geht denn das?" Ich hätte jetzt vielleicht lachen können, doch ich tat es nicht. Es schien mir irgendwie unpassend. In meinen Augen war es gruselig und ich eine Art überdimensionale Elementbändigerin. Und ich dachte, ich hatte nicht noch seltsamer werden können. Tja, das beweist mal wieder, wie sehr ich mich irren konnte. Kiki schüttelte den Kopf und Coral war auf dem Weg zum Schalter. Sie drückte den gelben Kopf und die nächste Puppe erschien. Ihr Grinsen verriet, wie sehr sie Lust darauf hatte, diese Puppe zu vermöbeln. Sie hatte sich am schnellsten von ihrem Schock erholt. Ich stellte mich hinter ihr an und die anderen machten es mir nach. Coral klatschte in die Hände und schon begannen wir. Sie rief sich das Wasser aus den Behältern herbei und verformte es. Ich bekam das Gefühl, dass die Behälter nie alle wurden und wie von Zauberhand von selbst aufgefüllt wurden. Wir trainierten noch eine ganze Stunde weiter, bis Kiki irgendwann auffiel, dass wir die Sperrstunde verpassen würden. Schließlich rissen wir uns von dem Raum los und verließen ihn, nachdem wir die Knöpfe noch einmal bedient hatten. Wir krochen durch unsere Holztür im Boden. Doch es war etwas anders. Die Treppe führte in die falsche Richtung.
"Wartet mal, das ist gar nicht unsere Holztür. Wir haben schon wieder was entdeckt. Die Treppe müsste nämlich eigentlich nach links gehen", erzählte ich und deutete den Gang entlang. "Wir sind hier falsch." Cat hielt die Fackel und beleuchtete für uns den Gang und die Treppe. Sie nickte zustimmend.
"Du hast recht. Wir sind irgendwo anders", teilte sie uns mit. Coral stöhnte.
"Und wo führt und dann dieser Gang hin? Es ist doch noch Zeit es herauszufinden, jetzt meine ich. Oder nicht?", fragte sie. Ich beantwortete ihre Frage und übernahm die Führung. Bald schon kamen wir zur nächsten Treppe. Dieser Aufstieg erschien mir wesentlich leichter, da die Treppenstufen breiter gebaut wurden. Oben angekommen klopfte ich gegen eine weitere Backsteinmauer. Schon wieder ein Passwort. Ich drückte die Reihenfolge eines Tropfens. Es passiert nichts. Ich rollte mit den Augen. War es jetzt vielleicht Feuer kder Luft? Ich schaute mich um und sah in die hell beleuchteten Gesichter meiner Freundinnen. Sie nickten mir zu und ich probierte die Feuerkombination, weil sie mir sinnvoller erschien, als Luft. Ich bemühte mich, in der Dunkelheit besser sehen zu können, da ich mich nach dem vom Sonnenschein beleuchteten Übungsraum erst wieder daran gewöhnen musste. Die Steine fühlten sich auch leichter an, als die in unserem Gang. Die Steine, die ich so eben in der Form einer Flamme gedrückt hatte, glühten auf. Ich berührte den letzten Stein noch einmal und zog die Hand schnell wieder zurück.
"Autsch, die Steine sind heiß", bemerkte ich. Die Tür schwag denoch auf. Ich kroch hindurch. Cat drängelte hinter mir etwas. Und da hockte ich auf allen vieren und blickte mich neugierig um. Schon wieder ein neuer Raum. Es war wie in einem Labyrinth. Doch hier schaute ich in einen Spiegel.

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