1. Erinnerungen

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Hallo Leute, es geht wieder weiter mit dem zweiten Band von School of Elements. Bevor ihr loslegt, möchte ich noch ein großes Dankeschön an die Covermakerin snickerx aussprechen. Das Cover ist entstanden, bevor ich mich dazu entschlossen hatte, den zweiten Band in das erste Buch zu übernehmen, sonst würde es wahrscheinlich nicht existieren. Sie hat dennoch großartige Arbeit geleistet, vor allem weil meine Skizze unter anderem auf Strichmännchen beruhte ;) Also vielen Dank!

Info: Derzeit schreibe ich an meinem neuen Buch "Todestränen" weshalb es hier ein paar Wartezeiten geben wird.

Ich hoffe, ihr fiebert weiterhin mit Madline mit und ohne groß um den heißen Brei herumzureden, wünsche ich euch viel Spaß mit der Lesenacht. LG Em

Stimmt es eigentlich, dass jede Person nur ein Leben hat? Ein Leben, in dem man alles tun kann, was einem so vorschwebt. Man hat nur eine Chance sein Leben zu nutzen, eine zweite gibt es nicht. So dachte ich jedenfalls. Und jetzt stellte sich heraus, dass alles, was ich bisher darüber zu wissen glaubte, falsch war. Jeder verdiente eine zweite Chance, aber ER hatte sie mehr als verdient. Er gab sein Leben, um meines zu retten, obwohl er mich anfangs mehr als einmal belog. Christian, der Junge mit dem Beschützerinstinkt, den geheimnisvollen Augen, der äußerlich so kalt und distanziert wirkte. Außerdem war er der letzte Halbgeist, was ihm letzendlich seine jetzige Lage einbrachte. Sein Leben hing am seidenen Faden. Seitdem er mir geholfen hatte, aus dem Schattenreich zu fliehen, hatte seine Seele seinen Körper verlassen, sodass dieser nur noch eine leblose Hülle war. Eigentlich hätte Christian in diesem Moment tot sein müssen. Seine Seele war zwar verschmettert, aber sie lebte, genau wie er. Personen, die kurz vor dem Tod standen, mussten in der Zwischenwelt leben, wo sie im untoten Zustand vor dem Tor zum Reich der Toten darauf warteten, dass sie aufhörten zu existieren oder mit dem Teil einer Seele gerettet wurden, wie mir Mrs. Chatfield, die Schulleiterin, nocheinmal verdeutlichte. Christian benötigte also eine Seele, doch ich war nicht in der Lage, sie ihm zu geben. Er brauchte den Teil einer Seele eines Geistes, sei es auch nur ein Halbgeist und ich merkte, dass mir die Zeit davonlief. Entweder würde sich das Tor für ihn öffnen, dann wäre er endgültig tot oder er würde aufhören zu existieren, denn im Moment kam keine Rettung für ihn in Frage. Ich als Elementbändigerin konnte keinem Geist einen Teil meiner Seele spenden. Ein Geist würde es tun müssen und da Christian nun mal der Letzte seiner Art war, würde er in der Zwischenwelt bleiben müssen. In meinen Träumen begann ich schon, mich jedes Mal auf's Neue in einen Geist zu verwandeln, obwohl dies in der Realität nicht möglich war.
Wäre ich in Christians Lage, hätte ich niemals so ruhig bleiben können, wie er. Und er hatte es ganze vier Monate geschafft, denn inziwischen begann schon mein nächstes Schuljahr an der Elemava-Akademy, einem Internat für Elementbändiger. Nach einiger Zeit wären mir sicher die Nerven durchgebrannt, bis sich dieses verdammte Tor endlich geöffnet hätte. Seltsamerweise schien es wohl auch keine anderen Personen zu geben, die sich im untoten Zustand befanden. Erst recht nicht Menschen. Obwohl... würde das denn gehen?
Ich wusste noch nicht, ob ich von Glück sprechen konnte, dass ich kein Mensch mehr war.
Vor etwa einem Jahr hatte ich meine alte Schule verlassen und war auf die Elemava-Academy gewechselt. An dieser Schule wurden ausschließlich Elementbändiger aufgenommen. In einem Test hatte sich ergeben, dass ich zu den Wasserbändigern gehörte. Nur irgendwie schien meine Lehrerin in Wassertraining, Mrs. Bluelight, gleich gemerkt zu haben, dass ich mit meinem Element etwas vorsichtiger umgehen musste. Anders als bei den anderen Schülern in meinem Jahrgang konnten meine Wasserkugeln schon mal mehr als einen halben Meter groß werden, was Mrs. Bluelight dann doch etwas ungewöhnlich vorkam. Deshalb versuchte ich, mein Element unter Kontrolle zu kriegen. In den ersten zwei Wochen lebte ich mich im Internat ein und fand mich mit all den seltsamen Dingen zurecht, die nun zu meinem Alltag gehören sollten. Selbst nach diesen zwei Wochen fühlte sich noch einiges fremd an. Allein als Elementbändiger hatte man es schon nicht leicht. Es gab schon Geschichten von Feuerbändigern, die einige Klassenzimmer in Brand gesteckt hatten, von Erdbändigern, wie sie einen Schuppen unter die Erde gezogen hatten und Wasserbändigern, wie sie ganze Stockwerke knöchelhoch mit Wasser überfluteten.
Mit einem einzigen Element klar zu kommen war schwer, noch schwerer war es jedoch mit allen vier Elementen, die nur der Avatar beherrschen konnte. Und wer könnte das wohl sein? Christian hatte sich damals als Avatar bezeichnet, aber es war eine Lüge gewesen. Leider hatte ich es ihm geglaubt, weil ich dachte, dass diese Abwehrreaktion der Luft damals von ihm gekommen war. An diesem Tag hatte sich auch herausgestellt, dass er der Diener eines Schattentypen war, der versuchen wollte, den Avatar zu töten, woran er übrigens, dank Christians Hilfe gescheitert war. Denn der Avatar war ich, ungelogen. Eine schusselige, naive Idiotin, die keine Lust hat, ihre ganze Niederlange nocheinmal Stück für Stück im Kopf durchzugehen bis sich das Versagergefühl bei ihr meldet. Das suchte mich dummerweise auch in meinen Träumen heim. Selbst in den Madline-verwandelt-sich-in-einen-Geist-Träumen.
Als Christian erfahren hatte, dass ich der Avatar war, hatte er versucht, mich zu vergiften, was zum Glück nicht funktionierte. Er wollte Rache an mir nehmen, weil mein Körper in der Person steckte, die damals seine Eltern umbrachte. Vor Szu, also die Vorgängerin von Szu, gab es nämlich einen weiteren Avatar. Ich wusste jedoch nicht so viel darüber, dass ich sofort hätte sagen können, warum er das getan hatte.
Szu lernte ich in unserem geheimen Trainingsraum kennen, in dem sie mir alle Elemente beibrachte, mal abgesehen von der Luft. Ihre Zeit in der Realität lief ab und so hatte ich noch nicht die leiseste Ahnung, wie ich die Luft kontrollieren sollte, obwohl sie zum Schluss sagte, sie würde immer bei mir sein.
Daraufhin brach dann ein Kampf vor unserer Schule aus. Weil die Schule bisher nicht von der Existenz der Avatarkräfte im Zusammenhang mit mir gewusst hatte, verweigerte die Schullleiterin den Deal, den der Schattenherr ihr stellte. Dieser besagte, dass der Avatar aus den Reihen hervortreten und ihm folgen solle, sodass ein Krieg verhindert werden würde. Zuerst gab ich mich nicht zu erkennen. Nach vielen Toden erkannte ich jedoch, dass ich mich meinem Schicksal stellen musste und willigte ein, ihnen zu folgen, wenn sie im Gegenzug die Schule in Frieden ließen. Eigentlich hätte ich gleich wissen müssen, dass der Schattenherr das Versprechen brechen würde. So viel zum Thema naiv.
Was danach passiert ist, daran erinnerte ich mich nur noch schleierhaft. Aber auf jeden Fall hätten die Schatten es fast geschafft, mich im Avatarzustand umzubringen, wenn Christian nicht gewesen wäre. Ich konnte seine Wut auf mich natürlich nachvollziehen, aber das Ungerechte daran war, dass ich mit dem Avatar vor Szu, dem Mörder seiner Eltern, nicht das geringste zu tun hatte. Denoch steckte ein Teil von ihm auch in meinem Körper. Er war nun mal da, ob ich ihn akzeptierte oder nicht.
Auf jeden Fall würde ich Christian bald wiedersehen, denn inzwischen waren die Sommerferien vorbei, in denen ich die ersten drei Wochen noch im Internat verbracht hatte, was sich wirklich einsam anfühlte. Die darauffolgenden drei Wochen verbrachte ich mit Oma und Opa (väterlicherseits) in Florida und die restlichen sechs bei meinen Eltern. Dort sah ich das erste Mal nach mehreren Monaten meine Mutter wieder, welche frisch wie eh und je wirkte, als wäre gar nichts passiert. Im letzten Schuljahr konnte mich nur Dad besuchen oder ich ihn. Was mit Mum gewesen war, blieb weiterhin ein Rätsel, aber irgendwie nagte an mir ein kleiner Verdacht. Wir hatten jedenfalls einen Trip nach Italien geplant, der zwei Wochen andauerte und flogen schließlich wieder zurück nach Hause. In der folgenden Woche fuhren wir nach Tennessee, um den Geburtstag eines Freundes meiner Eltern zu feiern. Ansonsten war nicht sehr viel los. Meine Eltern mussten nach den spaßigen drei Wochen wieder arbeiten und so lungerte ich weitere drei Wochen auf dem Sofa herum und schrieb Nachrichten mit Cat.
Nun saß ich auf der Rückbank des fahrenden Autos, die MP3-Playerstöpsel in den Ohren und hörte Musik. Wie schon bei der ersten Anfahrt zum Internat musste ich eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, fuhr Dad schon die Abfahrt herunter. Mein Vater hatte aus mir "unerklärlichen" Gründen darauf bestanden, Mums Auto zu fahren, denn er behauptete, dass Mum an diesem Tag ein wenig neben der Spur wäre, was mrinrn Verdacht noch ein wenig bekräftigte. Eltern halt! Die müssen sich um alles und jeden Sorgen machen.
Nach wenigen roten Ampeln bog Mums graues Auto um die Ecke zum Bahnhofsparkplatz. Für mich sah alles noch genauso fremd aus wie beim ersten Mal, obwohl mir der Ort bereits bekannt war. Ich öffnete die Wagentür und stieg aus. Nach der langen Autofahrt musste ich mich ersteinmal ausgiebig strecken und warf dabei einen Blick auf die vielen Bushaltestellen, deren Haltestellenschilder allesamt nummeriert waren. Darunter standen jeweils zwei Bänke. Aber meibe Haltestelle gehörte nicht zu den anderen. Sie lag etwas abseits dahinter, direkt neben dem kleinen weißen Toilettenhäuschen. Ich fand, dass man sich die 50 Cent auch sparen konnte und dafür die etwas weniger sauberen, normalen Bahnhofstoiletten die Treppe runter benutzen könnte.
Der Busfahrer saß ebenfalls wie im Vorjahr im Bus, welcher jedoch schon sehr gefüllt wirkte und las seine Sonntagszeitung. Cat hatte mir schon gestern geschrieben, dass sie einen Bus eher nehmen würde, aber Kiki fuhr mit dem selben wie ich. Ich wandte mich an meine Eltern und betrachtete sie für einen Moment lang. Sie sahen sehr zufrieden aus, was vielleicht daran liegen könnte, dass ich zum ersten Mal richtige Freunde gefunden hatte. Ich umarmte Mum und Dad lange, als würde das hier ein Abschied für immer sein, sobald ich nach Neuseeland ausgezogen wäre. Was ich natürlich nie tun würde, oder etwa doch?
Mum strich sich die Haare aus der Stirn und schenkte mir ein warmes Lächeln. "Dieses Schuljahr werden wir dich hoffentlich öfter besuchen kommen. Versprochen! Die Umstände im letzten Jahr waren... schwierig", gab sie zu und ihr Lächeln verrutschte kurz. Schnell fing sie sich wieder. "Ruf an, wenn du etwas brauchst", fügte sie hinzu und ich wusste, dass sie damit auf ein paar ernste Mutter-Tochtergespräche anspielte. Ich nickte brav. Mein Vater musste dazu nicht viel sagen. Auch ohne Worte verstand ich, dass ich auf mich aufpassen sollte und dass er mir Glück wünschte, was auch immer ich tat, denn was man anfing, sollte man auch beenden. Und ob er es glaubte oder nicht, dieses Glück benötigte ich dringender als je zuvor und wahrscheinlich bedeutete es mir auch aus diesem Grund so viel.
Dad hob noch meinen grünen Hartschalenkoffer aus dem Kofferraum, in dem sich dieses Jahr hauptsächlich blaue Anziehsachen befanden, da ich ja jetzt wusste, was ich im Internat zu tragen hatte. Schließlich lag ein langer Shoppingausflug mit Mum hinter mir, den ich in der vorletzten Woche durchziehen musste.
Dann winkte ich den beiden zum Abschied zu und rollte meinen Koffer quer über den Parkplatz, auf dem noch viele andere Autos standen, von denen ich nicht genau wusste, ob sie auch zum gleichen Bus mussten. Ohne mich nocheinmal umzusehen rollte ich den Koffer zwischen den schmalen Reihen hindurch über die Straße zum Bus. Dort angekommen kramte ich meinen Schülerausweis aus der Außenseite des Koffers, in dem sich der Zettel befand, den ich auch im letzten Jahr vorzeigen musste, um mitzufahren. Der Busfahrer warf einen flüchtigen Blick auf den Zettel und meinen Schülerausweis und drehte sich weg. Ich ging den Mittelgang entlang und hielt nach Kiki Ausschau, welche in der vorvorletzten Reihe links am Fenster in ihr Buch vertieft war.
"Hey, lange nicht gesehen", begrüßte ich meine Freundin und sie schreckte hoch. Ein Lächeln stahl sich über ihre Lippen.
"Ja, nicht wahr, hey, schön dich zu sehen", antwortete sie, stand auf und umarmte mich, wie Freundinnen es nun mal tun, wenn sie sich nach langer Zeit nicht gesehen haben. Ich schob meinen Koffer auf die Gepäckablage über den Sitzen zu Kikis und sank mit der winzigen Extratasche in das weiche Polster. Eigentlich hatte ich keine Lust, mich jetzt noch einmal hinzusetzen, nachdem ich diese lange Autofahrt endlich hinter mir gelassen hatte, aber im Vergleich zur Rückbank des "winzigen" Autos, fühlte es sich wunderbar an. Kiki packte das Buch in ihre Handtasche und stieß einen langen Wohlfühlseufzer aus.
"Zum Glück fahren wir nicht mit den ganzen neuen Schülern aus dem ersten Jahrgang. Die müssen ja alle zusammen anreisen, damit sie auf ihr Element getestet werden können", erzählte Kiki und lehnte sich in ihrem Sitz zurück.
"Cat ist einen Bus früher angereist. Im letzten Jahr war der Bus ziemlich überfüllt und der Geräuschpegel stieg mit jeder Minute an. Ein Wunder das überhaupt alle mitgenommen werden konnten. Hoffen wir also, dass Cat genug Musik auf ihrem Handy hat, um sich von dem ganzen Gerammel abzulenken", meinte ich und zwinkerte ihr zu. Sie erwiderte ein Lächeln uns sah dann aus dem Fenster, um den ab- und anfahrenden Zügen zuzusehen. Ich blickte ebenfalls aus dem Fenster, doch mein Blick richtete sich nicht auf die Züge, sondern auf mein Spiegelbild. Auf das Mädchen mit den langen dunkelblonden Haaren, die ihr in großen Wellen über die Schultern fielen und den vertrauten Augen, die sich seit einem Jahr völlig fremd anfühlten und mich jetzt überrascht anstarrten. Irrte ich mich oder fühlte ich mich aufeinmal erwachsen? Ich kannte dieses Mädchen besser als jeden anderen auf dem Planeten und dennoch kam sie mir verändert vor.
In diesem Moment verdeckte Kikis Kopf mein Spiegelbild und riss mich aus meinen Gedanken.
"Und was hast du so in den Ferien gemacht?", wollte sie wissen, als hätten die Züge sie ans Reisen erinnert. Ich fing an, in meinem Kopf nach ein paar schönen Erinnerungen aus den Ferien zu kramen.
"Also in den ersten drei Wochen bin ich im Internat geblieben, wie du ja weißt. Coral teilte das gleiche Schicksal wie ich und deshalb haben wir versucht, diese drei gemeinsamen Wochen so schön wie möglich zu gestalten." Ich biss mir auf die Unterlippe, denn eigentlich hatte ich die drei Wochen auch damit verbracht, so oft wie möglich nach Christian zu sehen. Christian...! Seine wunderschönen blitzenden grünen Augen zogen mich in seinen Bann, wann immer ich sie sah oder mir vorstellte und ich stellte sie mir ganz schön oft vor. Heute schon könnte ich ihn vielleicht wiedersehen. "Danach habe ich jedenfalls drei Wochen bei meinen Großeltern verbracht. Sie hatten schon eine ganze Planung vorgenommen", nahm ich den Faden wieder auf. "Abends haben wir zusammen Gesellschaftsspiele gespielt. Und die letzten sechs Wochen blieb ich bei meinen Eltern. Wir sind zum ersten Mal seit einem Jahr wieder verreist und ich kann dir sagen, dass es mich wirklich glücklich macht, wieder etwas mit ihnen unternommen zu haben", schloss ich meinen Bericht. Kiki hatte mir aufmerksam zugehört und erzählte mir nun auch von ihren Ferien, während der Bus die Türen schloss und sich endlich in Bewegung setzte. Die Busfahrt würde ungefähr eine halbe bis dreiviertel Stunde dauern.
Ich lauschte Kikis Erzählungen jedoch nur mit halbem Ohr, denn meine Gedanken waren wieder zu Christian weitergewandert und ich fragte mich, was er gerade tat.

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