Kapitel 29- Ende vom Anfang

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Liz zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
"Den Avatar? Du weißt, dass es ihn schon vor langer Zeit nicht mehr gegeben hat. Wenn er jetzt plötzlich auftauchen würde wäre es ein Wunder. Woher weißt du, dass sie ihn suchen? Und woher weißt du, dass er schon einmal aufgetaucht ist?" Beschämt senkte ich den Kopf. Ich hatte mich sozusagen selbst verraten. Während ich fieberhaft nach einer Antwort suchte, schien Liz immer wieder einen Blick auf ihre Armbanduhr zu werfen.
"Ich... ich glaube du musst langsam los. Hast du nicht gesagt du wärst in Eile?" Ich versuchte ein Grinsen zu verbergen. Liz sah erneut auf ihre Armbanduhr.
"Du hast recht. Aber wir sprechen uns noch", fügte sie hinzu und verließ schnellen Schrittes den Raum. Das war knapp. Wie komnte ich nur so dumm sein und mich vor Liz so verplappern? Beinahe hätte ich Christians Geheimnis verraten. Und jetzt musste ich mir eine gute Notlüge ausdenken, denn nochmal würde ich Liz sicher nicht abwimmeln können. Ich seufzte und lief zur Tür.

Die Wochen wurden immer kürzer, so kam es mir zumindest vor. Vielleicht lag es auch nur an der Zeitumstellung. Bei dem Wetter, dass draußen herrschte, wagte sich sowieso keiner nach draußen. Cats miese Laune ließ nicht nach und Drew durfte noch immer nicht aus dem Krankensaal. Corals Ärger ließ sie ausgerechnet an uns aus, wobei Kiki mich immer wieder anstupste, weil wir versucht hatten, ihr die Begegnung mit dem Schattenbaum zu verheimlichen. Schweigen war wohl doch keine so gute Idee gewesen, jetzt machte sie sich bloß noch mehr Sorgen. Halloween war nicht wie früher ein Lichtblick für mich. Wir hatten an dem Tag keinen Unterricht, sondern konnten uns in Ruhe ein Theaterstück von den Oberstufenschülern ansehen. Es handelte von den verschiedenen Bändigerarten. Die Feuerbändiger standen auf der Bühne ganz in Flammen, schienen aber nicht zu verbrennen. Die Wasserbändiger bestanden nur aus Wasser, die Erbändiger wurden zu Steinmonster, die natürlich kein Unheil anrichteten und die Luftbändiger machten sich unsichtbar und ließen sich erst dann wieder erscheinen, wenn sie irgendwo gebraucht wurden. Eigentlich war das Theaterstück ganz interessant. Die Kostüme behielten die Rollen im Theaterstück bei, sodass man sich nicht über seltsame Gestalten im Essensaal wundern musste. Der November brahcte nur noch mehr Stürme mit sich. Der Nebel der morgens in der Luft lag, nahm einen die Sicht auf den Hof und der Regen, der pausenlos gegen die Fenster klopfte, ließ unsere Scheibe beschlagen und lenkte beim Hausaufgaben machen ganz schön ab. Meine Gedanken schweiften jedes Mal zu Christian, der überhauptkeine Lust hatte, sich nochmal bei mir blicken zu lassen. Der Dezember brachte viel Schnee mit sich und einige freuten sich schon riesig auf die Ferien. Ich mochte meinen Vater oder meine Mutter gar nicht erst fragen, ob ich bei ihnen Weihnachten feiern könnte, doch ich tat es trotzdem. Ich wählte die Nummer und lauschte in den Hörer. Am anderen Ende der Leitung meldete sich mein Vater.
"Hallo Schatz, wie gehts dir?", hörte ich die vertraute Stimme meines Vaters sprechen.
"Ganz ok", sagte ich und setzte mich auf die Fensterbank in unserem Zimmer. Zur Abwechslung war ich wieder mal allein. Kiki wollte in der Bibliothek lernen, Coral besuchte Drew, Alice war bei den anderen Mädels (mit denen sie sich mittlerweile wieder versöhnt hatte) und Cat wollte sich irgendwo mit Chris treffen. Ich öffnete gerade den Mund, um meinem Vater die Frage zu stellen, die mir auf der Zunge lag, doch er unterbrach mich.
"Ich weiß genau was du wissen willst. Du möchtest fragen, ob du zu Weihnachten kommen kannst. Nicht wahr?" Ich hielt den Atem an und nickte langsam, obwohl er mich nicht sehen konnte.
"Ja, wir haben uns so lange nicht gesehen", erinnerte ich ihn und nestelte am Rand meiner dunklen Jeans herum. Nervös fuhr ich mit dem Finger über die Oberfläche und warf einen Blick aus dem Fenster.
"Das ist wahr, nur muss ich dir was sagen...", gestand er. Ich zuckte zusammen. Ich würde nicht kommen können. Enttäuscht ließ ich die Hand mit dem Telefon sinken. Ich hörte wie er genau diese Worte sagte, diese Worte, von denen er genau wusste, wie sehr sie mich verletzten. Ich hob das Telefon an und murmelte ein leises Ok, doch mein Vater legte immer noch nicht auf.
"Du Schatz. Du kannst doch kommen. Wir haben es uns anders überlegt. Es ist nur so, dass deine Mutter nicht da sein wird. Sie verbingt Weihnachten bei deinem Opa damit er nicht so allein ist. Du weißt, dass er noch nicht aus dem Altenheim rausdarf. Aber bald wird es schon gehen. Ich hole dich vom Bahnhof ab. Ich freue mich. Auch ohne deine Mutter wird dein Weihnachten perfekt sein", versprach er und ich wäre fast aufgesprungen und hätte einen Freudenschrei rausgelassen. Ich konnte mich jedoch beherrschen.
"Super Papa danke. Aber, können wir nicht zu Opa ins Altenheim fahren? Dann feiern wir alle zusammen." Ich wusste, dass mein Vater schluckte und sich die Haare raufte. Diese seltsamen Geräuschen waren mir bekannt.
"Äh, nein das geht nicht. Dein Opa braucht vor allem Ruhe. Wir sehen uns!" Und damit hatte er aufgelegt. Misstrauisch legte ich das Telefon bei Seite. Mein Vater verheimlichte mir etwas. Garantiert. Und ich würde an Heilig Abend herausfinden, was es war.

Eine Woche später schloss mein Vater zu Hause die Haustür auf und mich durchströmte das angenehme Gefühl von Geborgenheit. Ich atmete diese Luft ein, die ich nur für zwei kurze Tage würde erleben können. Das nächste Mal konnte ich nicht so schnell wieder hier sein. Mein Vater machte mir einen heißen Kakao und sich einen Tee. Wir redeten und lachten. Dann schlug er mir vor Plätzchen zu backen und ich willigte ein. Seit langem hatte ich mich nicht mehr so wohl gefühlt. Mein Vater hatte recht gehabt. Auch ohne Mama kamen wir super zurecht. Wir stellten uns den Teller mit den Plätzchen auf den Tisch und machten es und auf dem Sofa vor dem Gecschenketisch bequem. Ich bekam dieses Jahr eine Menge Geschenke, größtenteils Bücher. Am Tag darauf erledigten wir zuerst die Einkäufe, bevor wir in die Eislaufhalle fuhren. Das war mein Wunsch gewesen. Und am späten Abend starteten wir mit einer langen Filmnacht. Am nächsten Morgen wachte ich erst sehr spät auf. Die zwei Tage waren zu kurz gewesen. Und nun fiel mir ein, dass ich mit meinem Vater noch etwas bereden musste. Während er mich zum Bahnhof fuhr, fragte ich ihn ein wenig aus.
"Es hat einen bestimmten Grund, warum Mama nicht mit uns Weihnachten gefeiert hat, stimmts?" Mein Vater antwortete lange nicht. Als ich schon dachte, er würde gar nicht antworten, meinte er nur: "Vielleicht. Aber sei unbesorgt, deiner Mutter geht es gut und sie ist wirklich bei ihrem Vater", bestätigte mein Vater.
"Daran, dass sie nicht bei Opa ist, habe ich ja auch keinen Zweifel, doch... ich denke... also es könnte ja sein, dass ich euch womöglich gestritten habt." Ich sprach die Worte mit viel Vorsicht aus, weil ich nicht wollte, dass mein Vater so schlecht gelaunt war, wie Cat momentan. Ob es bei ihr an Chris lag?
"Madline, wie kannst du nus sowas denken?"
"Ich dachte ja nur. Es hörte sich irgendwie nicht so an, also nicht nach dem Grund, weil Opa so alleine ist", murmelte ich. Mein Vater presste die Lippen aufeinander. Es stimmte also.
"Warum habt ihr mich angelogen?", fragte ich barsch.
"Wegen nichts wichtigem", brummte mein Vater als Antwort zurück.
"Wenn ich es wissen will, ist es wichtig", sagte ich und betonte das Wort wichtig. Ein schlechtes Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Ich war diejenige, die den Streit angefangen hatte und nun bereute ich es.
"Es ist nichts, was du vorzeitig erfahren musst und jetzt sei leise. Ich muss mich auf der Autobahn konzentrieren", meinte er eingeschnappt.
Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und sagte kein Wort. Am Bahnhof schlug ich die Autotür heftig zu und ging ohne mich zu verabschieden zum Bus. Ich saß alleine in ihm, auf der Hinfahrt zum Internat. Der Busfahrer machte im Grunde eine Sonderfahrt für mich. Niemand hatte soclhe Eltern, die einem Sachen verheimlichten und einen schon nach zwei Tagen zurück zum Internat schickten. Und das am zweiten Weihnachtstag. Am Internat angekommen rollte ich meinen Koffer mit der frischgewaschenen Wäsche durch den leeren Saal. Zu hause hatte ich nicht einmal bändigen können und irgendwie vermisste ich das auch. Ich bog um die Ecke und stieß mit der völlig aufgebrachten Liz zusammen, die mal wieder Stress hatte. Oh nein! Bestimmt kam sie, wegen einer Antwort von mir. Mir fiel nicht ein, was ich ihr nun sagen könnte. Aber Liz wirkte so gestresst, sie wollte sogar einfach schon an mir vorbeilaufen.
"Liz", rief ich erschrocken aus. Meine Stimme hallten von den Wänden wieder. "Was ist jetzt passiert?" Liz holte tief Luft und atmete schnell noch einmal durch, bevor sie mir eine Antwort gab.
"Die Schatten haben wieder angegriffen, diesmal ein Mädchen, Feuerbändigerklasse der Untersekunda."
"Was?", fragte ich entsetzt. "Wen? Kenne ich sie? Ist es eine meiner Freundinnen?" Auf einmal hatte ich einen dicken Kloß im Hals und bemühte mich Luft zu bekommen.
"Ja du kennst sie, aber es ist keine deiner Freundinnen. Du hast sie mal kurz gesehen."
"Wer?"
"Reeney", antwortete Liz und sah sich im Gang um. "Sie wurde angegriffen und hatte ihre Bändigerkraft nicht unter Kontrolle. Sie hat den Schatten zwar vernichtet, ist dabei aber selbst verbrannt. Du solltest schnell auf dein Zimmer gehen. Wir sind alle nicht mehr sicher. Die Oberstufenschüler werden bereits trainiert. Uns steht wirklich ein Krieg bevor", erklärte Liz hastig und lief davon. Ich schlug mir die Hand vor den Mund. Reeney also. Und ein Krieg würde auf uns zu kommen. Ich musste Christian sprechen. Schwer atmend flüsterte ich: "Nicht, wenn ich es verhindern kann."

Ok, das war wieder ein langes Kapitel und es tut mir leid, dass ich so lange nicht geschrieben habe. Jedenfalls habe ich den Titel für dieses Kapitel nicht umsonst ausgewählt, denn ich nähere mich langsam dem Ende dieses Buches. Natürlich werden die restlichen Geheimnisse noch aufgedeckt. Ich freue mich immer über Votes und Kommentare und dann wünsche ich euch natürlich auch wunderschöne Ferien ;)
LG EmFantasybook

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