30. Der erste Walzer

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Ich konnte wirklich nicht sagen, wer das Paket mit dem Hexenbrett aus unserem Zimmer entwendet hatte. Dass es eine von meinen Freundinnen war, bezweifelte ich doch sehr stark. Vielleicht hatte Grace es sich zum Hobby gemacht, mich jederzeit mit irgendetwas zu nerven oder wer auch immer es gebracht hatte, wollte es nun um jeden Preis für sich haben. Ich wüsste auch nicht, wer sonst noch von diesem Hexenbrett gewusst haben könnte, denn es gab sicherlich auch Schüler, die in einem solchen Werk einen Vorteil für sich sahen. Allerdings war ich mir ziemlich sicher, zu wissen, wer am ehesten ein Motiv hatte, das Hexenbrett schlichtweg zu stehlen: der Spion. Wenn dies tatsächlich der Fall war, könnte das bedeuten, dass wir unserem kleinen verräterischen Freund vielleicht ein Stück zu nahe gekommen waren. Außerdem fand ein Spion doch sicher auch Wege, umbemerkt in das Zimmer eines Elementbändiger-Internats zu gelangen.

Mir blieb jedoch nicht viel Zeit, über das seltsame Verschwinden des Hexenbrettes nachzudenken, denn inzwischen stand bereits der Winterball vor der Tür. Auch wenn der Winter sich dieses Jahr nicht wirklich von seiner besten Seite präsentierte. Denn draußen lag noch kein Schnee, aber es war dennoch bitterkalt.

Der Samstag war schneller herangerückt, als ich gedacht hatte. Erst vor zwei Tagen hatte ich mein Referat gehalten und nun stand ich schon vor dem Spiegel in unserem Zimmer und betrachtete das Ballkleid, das mir meine Eltern überlassen hatten. Ich konnte den Mund vor Staunen noch immer nicht schließen. Das Kleid war dunkelblau und der obere Teil war mit Pailletten und Strass-Steinen besetzt, sodass sie im Licht der Deckenlampe funkelten wie die Sterne am Nachthimmel. Die Schultern lagen frei und die Ärmel, die am Rande des Oberteil ansetzten, bestanden aus dünnem Stoff, der bis zum Ellenbogen eng anlag und von dort aus offen herabfiel. Der untere Teil des Kleides bestand aus Chiffon und verlief fast bis zum Boden, sodass ich mir keine Sorgen darum machen musste, auf den wunderschönen Stoff zu treten. Es war einfach perfekt. Und als Highlight hatten mir meine Eltern noch ein kleines Schmuckstück beigelegt. Eine Kette mit einem winzigkleinen Anhänger, der aus echtem Saphir bestand. Auch wenn er nicht größer war, als ein Tropfen, hatte ich mich sofort in das Schmuckstück verliebt. Und es passte perfekt zu dem Kleid und den Schuhen, deren Absätze mich zum Glück ein Stück größer erscheinen ließen.

"Du siehst wirklich atemberaubend schön aus", meldete sich Kiki, die gerade aus dem Badezimmer getreten war, in einem Traum aus hellblauem Stoff. Das Kleid schmiegte sich an ihren Körper an und fiel von der Hüfte abwärts locker herab. Oben wurde es von zwei dünnen Trägern gehalten und war über und über mit Pailetten bestickt.

"Du aber auch", gab ich das Kompliment zurück, woraufhin Kiki errötete. Sie war schon fertig und setzte sich auf ihr Bett. Ich kümmerte mich derweil um meine Frisur, die eher einfach ausfallen sollte. Ich legte meine vorderen Haarpartien nach hinten und steckte sie mir mit einem Dutzend Haarnadeln fest, um die Strähnen auch gut genug zu fixieren. Vorne fielen mir noch einige Strähnen ins Gesicht, aber das konnte gerne so bleiben. Ich hatte mir meine Haare vorhin schon gelockt, sodass ich nun sehr zufrieden mit meinem Ergebnis war. Auch mit dem Make-up, um das sich Alice gekümmert hatte.

Alice und Coral waren noch im Bad und brauchten noch ein bisschen Zeit für ihre Frisuren. Cat hatte vor einer halben Stunde das Zimmer verlassen, mit der Begründung, sie wolle gerne allein sein und uns nicht beim Umziehen stören. Sie selbst hatte keinen Tanzpartner und erklärt, sie würde später noch nachkommen und sich umziehen. Ich konnte verstehen, dass sie traurig war. Sicherlich würde es mir an ihrer Stelle genauso ergehen. Oder an Kikis, die ja auch keinen Tanzpartner hatte. Allerdings fühlte es sich schon seltsam an, nicht mit Christian auf den Ball zu gehen. Es war auch nicht einfach gewesen, meinen Freundinnen mitzuteilen, dass ich nicht mit ihm, sondern mit Eric auf den Ball gehen würde.

Als Alice und Coral fast fertig waren, klopfte es an der Tür. Einen kurzen Augenblick lang, fragte ich mich, ob das Christian sein konnte, der es sich doch anders überlegt hatte, aber als ich die Tür öffnete, stand Sebastian vor mir, selbstverständlich in einem festlichen Anzug. Er räusperte sich.

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