30. Über die Stalkerin

269 11 2
                                    

Über die Stalkerin

Erschöpft lasse ich mich in mein Bett fallen. Die letzten Tage haben mich emotional echt instabil gemacht, sodass das heute eindeutig zu viel auf einmal war. Warum auch immer hat mich das mit Blake schon wieder runter gezogen. Dabei hatte ich mir doch vorgenommen, ihn ab jetzt aus meinem Kopf zu verbannen und ihm keinen Platz mehr zu geben, um mir auch nur noch einmal weh zu tun. Anscheinend war das leichter gesagt als getan.

Und von meiner Schwester möchte ich gar nicht erst anfangen. Während der Fahrt hierher bin ich mir nur umso sicherer geworden, dass ich mich nicht entschuldigen werde. Klar, meine Worte waren hart und vielleicht auch ungerecht, aber ausnahmsweise habe ich mich nun mal auf ihr Niveau begeben und werde es wohl vorerst beibehalten. Vielleicht kommen meine Schuldgefühle ja in einer Woche. Oder auch schon morgen. Aber heute möchte ich meine Ruhe vor ihr. Kann mir doch keiner erzählen, dass sie nicht bei jedem mal anstrengend und dass noch nie jemand ausgetickt ist.

Ich rolle auf meinen Bauch, während genau in diesem Moment mein Handy beginnt zu klingeln. Ein Seufzer entfährt mir, als ich das Bett verlasse und nach dem Teil krame.

Eingehender Anruf - Cara

Eigentlich ist mir nicht groß danach, mit jemandem zu reden, doch nachdem ein paar Sekunden verstrichen sind, in denen ich überlegte, anzunehmen oder eben nicht, entscheide ich mich für den grünen Hörer und brumme dann: „Ja?"

„Na?", erwidert sie und ich erkenne an ihrer Stimme, dass sie mir etwas sagen will.

„Was ist?", hake ich sofort nach. Setze mich dabei aufs Bett.

„Also", beginnt sie, „du hast doch heute in der Pause mal erwähnt, dass Blake plötzlich gegangen ist, nicht wahr?"

Ich seufze erneut. „Ja"

Kurze Zeit herrscht Stille in der Leitung. Doch dann übernimmt Cara das Wort erneut: „Da werden echt böse Dinge in der Schule erzählt."

Mit der flachen Hand streiche ich mir übers Gesicht. „Ich weiß", erzähle ich, „Clara hat da schon was erwähnt. Irgendwie soll ich ausgetickt sein und deswegen ist er dann aus dem Unterricht geflogen, oder irgendwie so. Dass die alle kein eigenes Leben haben, oder?"

„Mehr hat sie nicht erzählt?", will Cara sofort wissen, was mich stutzig werden lässt. Mehr?

„Was hast du gehört?", frage ich ungläubig nach. Diese Menschen an der Schule können der absolute Albtraum sein. Ich möchte mein ruhiges, altes Leben zurück – wann hätte ich anders handeln müssen? Wann bin ich so wichtig geworden, dass sie sich nun das Maul über mich zerreißen?

„Also, ich weiß nicht alles, aber es wird erzählt, dass du ihn schon seit Ewigkeiten stalkst. Deswegen hat man euch auch so oft in letzter Zeit zusammen gesehen. Na ja, und dann hast du ihn angeblich auch immer wieder angemacht und du wolltest unbedingt etwas von ihm, aber er hat dich dann – natürlich – immer wieder weggeschickt und darauf kamst du nicht klar, deswegen hast du ihn dann erpresst. Mit was und was er machen sollte, habe ich nicht herausgehört, aber nur deswegen hat er dir dann auch bei Clara damals geholfen. Und du bist wohl auch der Grund, weswegen er letzte Woche gefehlt hat. Er wollte einfach mal seine Ruhe, heißt es", berichtet sie und meine Kinnlade klappt nach unten. Was bilden die sich ein? Da zieht er wirklich ziemlichen Mist mit mir ab und letztlich bin ich es, die an allem Schuld ist? Das kann doch nicht wahr sein. Wie können Menschen so grausam sein? Wieso machen sie so etwas? Die kennen wahrscheinlich nicht einmal einen Bruchteil der Wahrheit – wie bilden sie sich ein, etwas über mich erzählen zu können?

„Bist du noch dran?", möchte Cara wissen und ich nicke – unnötigerweise.

„Klar", stammele ich also schließlich.

KnicklichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt