28. Versuchte Ablenkung

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Nachdem ich meinen Freundinnen von Blakes unerwarteter Rückkehr berichtet habe, sind diese sofort zu mir gekommen. Was mir auch ganz gut gefiel, denn viel länger hätte ich es nicht so einsam auf dem Sofa ausgehalten. Sie konnten nicht glauben, was er gesagt hatte und noch weniger wussten sie, was das zu bedeuten hatte.

„Ich begreife nicht", meint Clara, „wieso dieser Typ abhaut und dann aber plötzlich vor deiner Tür steht. Warum hat er denn nach eurem Kuss den Kontakt abgebrochen, haut dann ab und dann kommt er wieder und schwafelt irgendwas davon, dass er es selbst nicht versteht? Das ergibt doch keinen Sinn."

Tamara schüttelt verständnislos den Kopf. „Vor allem schläft er vorher mit anderen."

„Mit Clara", füge ich hinzu, während ich mich erschöpft auf meinem Bett breit mache.

„Und dann kommt das Miststück auch noch zu dir und macht ausgerechnet dir Vorwürfe. Dabei sollte mal jemand Blake in den Arsch treten. Was für ein Arschloch", flucht Tam aufgeregt und legt sich neben mich. Kopf und Kopf sehen wir gedankenverloren an die Decke, doch dann ruft Clara plötzlich: „Oh Gott, Nein. Hier wird nicht rum gegammelt und in Selbstmitleid versunken. Wir gehen jetzt feiern!"

Verständnislos rümpfe ich die Nase, richte mich auf, während ich seufze: „Aber-" 

Sie winkt sofort ab. „Kein Aber, los hopp."

Während sie wild in die Hände klatscht, stehen Tam, die fassungslos den Kopf schüttelt, und ich auf. „Du bist unglaublich", murmelt Tam, doch letztlich stehen wir doch alle im Bad und machen uns zurecht. Zum zweiten Mal gehen wir feiern und das nur wegen irgendwelcher Typen. Der Unterschied ist nur, dass es beim letzten Mal zwei tollen Menschen zu ihrem Glück verholfen hat und es dieses Mal einzig der Ablenkung dient. Ich kann nicht verstehen, wie Blake es in dieser kurzen Zeit geschafft hat, mich völlig durcheinander zu bringen. Das ist doch vollkommen irre.

Eine Stunde später stehen wir vor irgendeinem Club. Ich stehe in dunkler Jeans, einem schönen Top und eine Menge Schmuck hier. Egal, was Cara sagte, in ein Kleid hat sie mich nicht bekommen. Mir war eigentlich nicht einmal nach schönem Schmuck und Make-Up zumute, aber da bin ich dann nicht drum herum gekommen.

Und letztlich ist Cara auch die Einzige von uns, die sich für ein Kleid entschieden hat, denn Tam hat aus meinem Schrank nichts passendes gefunden und sich stattdessen eine weiße Hose und ein olivfarbenes, etwas längeres Oberteil geangelt. Obwohl Tam zuerst etwas missmutig gestimmt war, so versuchen jetzt doch beide mich schon die ganze Zeit aufzuheitern, aber selbst wenn ich lächeln will, mag es mir nicht so recht gelingen.

An den Türstehern kommen wir ohne Probleme vorbei, die laute Musik dröhnt uns dann auch schon in ihrer vollen Wucht entgegen.

„Wollen wir erst einmal was trinken?", ruft Cara über den Lärm hinweg, woraufhin ich entschieden mit dem Kopf schüttele.

„Für mich nicht", entgegne ich laut. Ich will einfach nur noch tanzen und alles um mich vergessen. Also machen wir uns direkt auf zur Tanzfläche. Die Musik geht in mein Blut, lässt mich frei drehen und den Kopf abschalten. Ich bemerke nur am Rande, wie sich plötzlich junge Männer zu uns gesellen, doch sie bekommen meine volle Aufmerksamkeit, als der blonde mit den blauen Augen ruft: „Na."

Es sind drei, wie ich bemerke. Ich mustere sie, sehe, dass noch ein zweiter blonde Haare besitzt, doch dieser anstelle der blauen braune Augen hat. Der dritte ist braunhaarig. Alle gut gebaut und keiner ist auf irgendeine Art und Weise hässlich. Tattoos zieren ihre Haut, aber lassen sie nicht wie Möchtegern-Prolls wirken. Dass sie uns freundlich entgegen lächeln, spricht auch nicht gegen sie. Cara ist die Erste, die das Wort ergreift: „Hi." 

Ein Anderer sagt dann: „Können wir euch einen Drink spendieren?" Tam und Caras Blicke liegen auf mir, doch ich zucke verhalten mit den Schultern. 

„Ich muss erst mal kurz mich frisch machen gehen", erkläre ich, wonach sie verständnisvoll nicken, aber mir entgehen trotzdem nicht die besorgten Blicke meiner Freundinnen. Ich drehe mich also um, schiebe mich durch die Menschenmassen und suche nach den Toiletten. Schilder führen mich letztlich in einen abgelegenen Abteil, wo auf einer Tür fett WC prangt.

Vor dem Spiegel krame ich in meiner Tasche nach einem Lippenstift und Wimperntusche. Verloren sehe ich durch das schummrige Licht mein Spiegelbild an. Das Make-Up hat ganze Arbeit geleistet, ich sehe aber trotzdem noch fürchterlich aus. Die Erschöpfung nagt an mir und der Tag hat mich an meine seelischen Grenzen katapultiert. In der Hoffnung, es wird noch besser, zücke ich meinen Lippenstift und schmiere ihn mir auf die Lippen, aber verharre letztlich in meiner Bewegung. Mir wird plötzlich klar, dass ich nicht zurück zu diesen Typen möchte und auch die Lust am Weiterfeiern ist nicht vorhanden. Der Grund, warum ich wirklich gerade geflohen bin, ist der, dass sie mich an Blake erinnern, auch wenn sie keinerlei Ähnlichkeit mit ihm haben. Das ist das Problem: Sie sind nicht er. Und ich weiß auf einmal, dass ich liebend gerne hätte, dass er an ihrer Stelle gewesen wäre. Dabei bin ich doch enttäuscht von ihm. Er hat mich verletzt, wie es noch keiner vor ihm geschafft hat und hat mich gelehrt, dass er sich niemals gut anderen Menschen dauerhaft verhalten kann. Selbst, wenn ich ihm irgendwann verzeihen sollte, so ist mir doch klar, dass er kein Bestandteil meines weiteren Lebens sein wird. Und diese Erkenntnis trifft mich tief. Vielleicht bedeutet er mir doch mehr, als dass ich mir eingestehen will.

Ich packe frustriert meine Tasche, wende den Blick meines armen Ichs ab und stürme aus dem Raum. Blitzschnell stehe ich wieder vor dem Gebäude und laufe davon. Schnurstracks nach Hause. Natürlich ist mir klar, dass, wenn ich mich nicht bei Tam und Cara melde, sie sich Sorgen machen, weshalb ich im Gehen tippe.

An: Tamara

Bin wieder nach Hause. Macht euch keine Gedanken und habt noch viel Spaß. Bis Montag.

Doch ich will unter keinen Umständen zurück, weiter tanzen und so tun, als gehe es mir nicht elend. Jetzt möchte ich einfach nur noch ins Bett, mich mit dämlichen Serien ablenken und vielleicht, später noch Blake in meinen Gedanken fertig machen. Weil er mir mein Herz gestohlen hat und anschließend darauf herum getrampelt ist.

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